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Die Lady auf den Klippen

Die Lady auf den Klippen

Titel: Die Lady auf den Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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ahnte es, nein, er wusste es.
      Er ging um seinen Schreibtisch herum und versuchte, ruhig zu bleiben. Etwas stimmte nicht. Er konnte es sehen, aber vielleicht war sie nur müde. Wenn dem so war, dann konnte geklärt werden, was immer nicht stimmte. Blanche und er waren jetzt ein Liebespaar. Sie waren nicht nur verlobt, sie hatten in der vergangenen Nacht auch Leidenschaft und Liebe geteilt. Er hatte sich doch nicht geirrt, oder?
      „Guten Morgen“, sagte er. Sein Herz schlug unangenehm heftig.
      Sie lächelte. „Guten Morgen, Sir Rex. Haben Sie einen Moment Zeit?“
      „Für dich habe ich immer einen Moment.“ Er starrte sie an, aber in ihren Augen konnte er keine Gefühle ablesen. Sie wirkten verschleiert und leer. Sie sah nicht aus wie eine Frau, die in der vergangenen Nacht Befriedigung gefunden hatte – die mehrmals vor Lust geschrien hatte, zum ersten Mal in ihrem Leben. Sie strahlte nicht wie eine Frau, die liebte.
      Sie bedauert es.
      Hatte er nicht gewusst, dass es Bedauern geben würde, wenn er sie liebte? „Sie sind unglücklich“, sagte er geradeheraus.
      Sie lächelte kurz. „Ich habe erkannt, dass ich in die Stadt zurückkehren muss.“
      Er fühlte, dass er sie erstaunt ansah. Dann warf er einen Blick aus dem Turmfenster und bemerkte, wie ihre Kutsche in den Hof fuhr. Er schreckte herum. „Sie verlassen mich.“
      Sie lächelte wieder. Ein künstliches Lächeln, wie auf dem perfekten Gesicht einer schönen Porzellanpuppe aufgemalt. „Sir Rex, Sie waren ein großzügiger Gastgeber. So viel Großzügigkeit habe ich nicht erwartet, aber ich habe mich Ihnen lange genug aufgedrängt.“
      Sie würde ihn verlassen. Ihm wurde schwindelig. Hilflos umklammerte er seine Krücke, fühlte sich jedoch, als würde ihm der Boden unter den Füßen weggezogen. „Sie verlassen mich.“
      Blanche lächelte nicht mehr, und dafür war er dankbar. „Ich möchte keine Szene machen. Doch ich habe darüber nachgedacht. Unsere Verlobung war ein Fehler. Es tut mir so leid. Aber Sie können es besser treffen – Sie werden eine bessere Partie machen …“
      „Hinaus.“ Er bekam keine Luft mehr. Sah nur noch die schöne Frau vor sich stehen, die so leidenschaftslos sprach, ihm bewies, dass es ihr egal war, bewies, dass er es einmal mehr mit einer verräterischen Gesellschaftsdirne zu tun hatte.
      Sie erschrak. „Ich muss doch bitten!“
      Er rang um Fassung und verlor. Da war nur noch Schmerz, Wut und Hass. „Raus hier, verdammt!“, rief er.
      Sie erstarrte. In ihren großen Augen schimmerte es verdächtig.
      Er hob seine Krücke und schlug damit gegen den nächstbesten Gegenstand – die Schreibtischlampe. „Hinaus!“, brüllte er.
      Blanche ergriff die Flucht.
      Er warf sich auf seinen Schreibtisch und wischte alles herunter, was darauf lag. Dann begann er, mit der Krücke darauf einzuschlagen. Als die Krücke zerbrach, gab er auf und ließ sich mit einem einzigen lauten Schrei zu Boden fallen.
      Und dort saß er immer noch, das Gesicht an ein Knie gelehnt, erfüllt von Wut und Schmerz, als er hörte, wie ihre Kutsche vom Hof fuhr.
     

Kapitel 16
     
    Als sie durch die weitläufigen, luxuriös eingerichteten Gänge und Räume von Harrington Hall schritt, wusste Blanche, dass es richtig gewesen war, hierher zurückzukehren. Obwohl sie beinahe in jedem Raum einen Dienstboten traf, war es ruhig und still im Haus. Noch nie hatte sie diesen Frieden dringender gebraucht als jetzt. Aber es war nicht das, was sie erwartet hatte. Sie hatte geglaubt, nach Hause und zu dem alten Leben zurückzukehren, das sie geführt hatte, ehe sie nach Land’s End kam. Doch ihr altes Leben gab es nicht mehr.
      Auch wenn sie nicht mehr länger am Rand eines gefährlichen Abgrunds stand, so war sie sich doch bewusst, dass ein einziger falscher Schritt sie zurückbringen konnte an den Rand des Wahnsinns. Sie musste in diesem grauen Zwischenraum bleiben – schweben, nicht fühlen –, gefangen in ihrer Haltung. Sie hatte Angst, selbst den leichtesten Anflug von Freude zu fühlen – oder von Bedauern. Doch tief in ihrem Herzen schrien diese Gefühle zu ihr, verlangten, freigelassen zu werden. Es war unendlich anstrengend, aber irgendwie war es ihr gelungen, nichts zu empfinden, und seit sie Cornwall vor drei Tagen verlassen hatte, hatte es keinen neuen Anfall gegeben. Sie war nicht erleichtert – sie war entschlossen. Sie würde nicht verrückt werden.
      Doch in

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