Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Lady in Weiß

Titel: Die Lady in Weiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miranda Jarrett
Vom Netzwerk:
Schwester hatte ihm erzählt, dass sie selbst in gewissen aristokratischen Kreisen übersehen und übergangen wurde, nur weil sie eine Amerikanerin ohne Adelstitel war, die es gewagt hatte, den Sohn eines englischen Lords zu heiraten. Er konnte sich gut vorstellen, wie diese eingebildeten Aasgeier die arme Caro behandelten.
    „Vor zwei Jahren erklärte sich Fredericks Mutter endlich dazu bereit, ihn wiederzusehen“, fuhr sie traurig fort. „Und überglücklich buchte er sofort eine Passage nach Neapel. Mich hatte sie zwar nicht eingeladen, aber Frederick hoffte auf eine Versöhnung. Nachdem er abgereist war, weinte ich noch tagelang. Wir waren nämlich noch niemals getrennt gewesen, nicht seit meinem vierzehnten Geburtstag.“
    Jeremiah verschluckte sich fast an seinem Bier. Er hat-
    te gewusst, dass sie bei ihrer Heirat sehr jung gewesen war, aber vierzehn, liebe Güte!
    „Ich erhielt lediglich einen einzigen Brief von ihm“, sagte sie, ohne auf seine Reaktion zu achten. „Er hatte ihn unterwegs auf ein anderes Schiff gegeben, das nach England segelte. Danach hörte ich nichts mehr von ihm, weil - warum laufen denn alle nach draußen?“
    Um sie herum riefen die Männer aufgeregt durcheinander und verließen Hals über Kopf ihre Zeche und ihre Frauen, um sich durch die Hintertür hinauszudrängen. Einige, die es besonders eilig zu haben schienen, kletterten durch die Fenster.
    Die Wirtin griff nach Caros leerem Teller und wischte mit einem Tuch über die Tischplatte. „Es ist wieder mal ein Anwerbetrupp, Kleine“, erklärte sie gelassen. „Die sind bereits die ganze Woche so eifrig bei der Sache, dass die wenigen Männer, die noch übriggeblieben sind, davonrennen wie aufgescheuchte Kaninchen, sobald ein Offizier und seine Schläger auch nur in der Ferne auftauchen. “
    Die Frau richtete sich langsam auf, stemmte die Hände in die Hüften und musterte Jeremiah träge, während sich ihre üppigen Brüste aus dem Mieder zwängten. „Sag deinem hübschen Seemann hier, dass er am besten den anderen nachläuft, wenn er nicht die nächsten sieben Jahre auf einem Kriegsschiff verbringen und gegen die Franzosen kämpfen will.“ Caro sprang auf und schob dabei die Sitzbank vom Tisch weg. „Oh, Captain Sparhawk, sie hat recht! Es liegen mindestens drei Dutzend Kriegsschiffe im Hafen - ich habe sie vom Fenster in Georges Dachzimmer aus gesehen -, und für die sucht man bestimmt noch Seeleute! Kommen Sie schon, schnell! Sie wollen doch nicht, dass man Sie einfängt?“ „Immer mit der Ruhe! Die kriegen mich nicht.“ Er griff nach ihrem Handgelenk und zwang sie sanft auf die Bank zurück. „Ich bin Amerikaner, haben Sie das vergessen?“
    Die Wirtin schnaubte verächtlich. „Sei da mal nicht so sicher, Yankee. Letzte Nacht waren zwei Jungs aus New York hier. Der Lieutenant hat ihre Papiere vor ihren Augen zerrissen, sie verfluchte Lügner genannt und einfach mitgenommen.“
    Caro zog ängstlich an Jeremiahs Hand. „Schnell, es ist zu
    gefährlich hier.“
    „Es ist nicht gefährlich, Caro“, erwiderte Jeremiah. Ihre Besorgnis rührte ihn. „Ich bin Amerikaner, ich bin Kapitän, und ich bin Schiffseigner. Die können mir nichts anhaben.“ Die Wirtin warf einen Blick auf seine Kleidung und glaubte ihm kein Wort. „Na dann viel Vergnügen, Captain“, sagte sie mit einem Schulterzucken, „da kommen sie nämlich schon.“ Der Fiedler brach seine Melodie abrupt ab, und alle diejenigen, die noch in der Schenke zurückgeblieben waren - Frauen, zahnlose alte Männer, Krüppel und Seeleute, die bereits auf Schiffen angeheuert hatten -, drehten sich schweigend zur Tür um und starrten die sechs Männer, die dort standen, feindselig an. Angeführt wurden sie von einem jungen Lieutenant in einem blauen Mantel, an seiner Seite standen zwei Marinesoldaten in Rot und hinter ihnen drei weitere Seeleute, die augenscheinlich wegen ihrer Körpergröße und ihres bedrohlichen Aussehens für diese Aufgabe ausgewählt worden waren.
    Mit finsteren Blicken sah sich der Lieutenant im Raum um. Leere Plätze mit halbvollen Krügen und Bechern zeigten ihm, dass sie zu spät gekommen waren, um hier noch brauchbare Männer zu finden.
    „Schlechter Fang heute Abend, was, Lieutenant?“, spottete ein alter Mann, und sein Kichern fand ein vielfaches Echo bei den anderen. „Die Fische sind wohl wieder alle durchs Netz geschlüpft?“
    Der Offizier hielt zornig nach dem Mann Ausschau, der ihn verspottet hatte. Da entdeckte er Caro und

Weitere Kostenlose Bücher