Die Lady in Weiß
Nationalität, seinen Rang und seine Papiere angezweifelt, und sie hatten über ihren Auftritt als frisch vermählte Braut gelacht, aber es gab noch eine letzte Karte, auf die sie verzweifelt setzen konnte.
„Sie sprechen von Pflicht und davon, was Seine Majestät erwartet“, sagte sie atemlos, „aber nicht einmal der König selbst würde von meinem Mann erwarten, als Matrose auf einem Kriegsschiff zu dienen. Nicht nach dem, was er bereits
bei den Türken erleiden musste! “
Jeremiahs Mantel war offen und gab den Blick frei auf sein Hemd. Caro zog es aus seiner Hose - ihre eigene Kühnheit ließ ihre Hände dabei zittern - und schob es hoch über seine nackte Brust. Schreie des Entsetzens erfüllten den Raum, als das Licht des Kaminfeuers flackernd auf die lange bläuliche Narbe auf Jeremiahs Oberkörper fiel. Es sah schlimmer aus als in Caros Erinnerung, viel schlimmer, aber zugleich war es ein Beweis, den niemand jemals anzweifeln würde.
„Gott soll euch strafen, wenn ihr den armen Kerl mitnehmt!“, rief eine Frau aus dem Hintergrund, und ihre Meinung wurde von den anderen vielfach und unüberhörbar geteilt. Caro ließ das Hemd los, ihre Hand aber ruhte weiterhin auf Jeremiahs Brust. Sie konnte nur erahnen, was ihre dramatische Geste für ihn bedeutete. Und sie hoffte, dass er sie verstehen würde.
Der Lieutenant gab sich geschlagen und richtete sich steif auf. Voller Missfallen winkte er den anderen kurz zu, die daraufhin Jeremiah die Fesseln abnahmen und seine Pistolen und Messer auf einem Tisch neben ihm ablegten. Sie halfen den beiden Marinesoldaten auf die Füße und verließen ohne ein weiteres Wort die Schenke. Spöttische Bemerkungen und Pfiffe und ein Stück hartes Brot folgten ihnen auf die Straße.
Der Schankwirt eilte auf Jeremiah zu. „Gott segne Sie, Captain! Seien Sie heute Abend mein Gast.“ Er breitete die Arme aus und deutete mit dem Daumen auf Caro. „Nicht jeden Abend überlistet ein Mann die Anwerber und kriegt so eine kluge Braut ab wie die hier! Was immer Sie wünschen, Captain, sagen Sie es, und Sie bekommen es von mir.“
„Nein, danke.“ Mit finsterem Gesichtsausdruck löste sich Jeremiah von Caro und trat zur Seite. Sie schluckte schwer und zog ihre Hand zurück. Er zeigte kein Verständnis für das, was sie getan hatte, und er trug seine Verstimmung deutlich zur Schau.
Er steckte sein Hemd wieder in die Hose und schob seine Pistolen in den Gürtel. „Ich weiß Ihre Gastfreundschaft durchaus zu schätzen, Sir, aber ich habe leider mit meiner Frau etwas unter vier Augen zu besprechen.“
Er griff Caro am Ellenbogen und zog sie unsanft zur Tür hinaus. Sie versuchte, sich zu befreien, doch er hielt sie fest und schleifte sie geradezu über den Hof und an einem neugierig aufblickenden Jungen an einer Wasserpumpe vorbei. Überrascht stellte sie fest, dass es bereits dämmerte. War es tatsächlich erst gestern Abend gewesen, als er sie aus Georges Haus gerettet hatte?
„Sie sollten mir nicht böse sein“, sagte sie atemlos. Ihr Hut rutschte vom Kopf, und sie wollte sich nach ihm bücken, doch Jeremiah zog sie erbarmungslos weiter. Der Hut blieb mit seiner zerdrückten Stoffblume auf dem schmutzigen Boden zurück. „Wenn Sie nur einmal stehen bleiben würden und überlegen ..."
„Nein, Madam, das werde ich nicht! Nicht hier und nicht jetzt. Sie haben der Welt heute Abend schon genug Unterhaltung geboten. “
Er fand eine offene Tür und schob Caro hinein. Es war ein kleiner, enger Stall, der zur Schenke gehörte. Eine einzige Laterne erleuchtete den Raum. Er war erhitzt von den Körpern der dicht aneinandergedrängten Pferde, deren Geruch in der Luft hing.
„Wenigstens werden die Tiere nicht weitererzählen, was sie hören oder sehen. Von Ihrem letzten Publikum kann man das leider nicht behaupten.“ Jeremiah ließ Caros Arm endlich los, und sie trat einen Schritt zurück, starrte ihn an und rieb sich dabei die Stelle, wo er sie gepackt hatte. „Was, zum Teufel, sollte das überhaupt bedeuten? Haben Sie Ihr letztes bisschen Verstand verloren?“
„Ich tat, was ich unter diesen Umständen für das beste hielt.“ Um sie herum bewegten sich unruhig die Pferde. Die fremden Menschenstimmen machten sie sichtlich nervös. „Und wagen Sie es nicht, so eine Unverschämtheit noch einmal zu sagen!“
„Ich sage, was mir passt, ist das klar? Wie kamen Sie darauf, dass ich eine Ehefrau brauche?“
Er trat auf sie zu und drängte sie mit seinem Körper in eine Ecke. Zu
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