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Die Lady mit dem Schwert: Roman (German Edition)

Die Lady mit dem Schwert: Roman (German Edition)

Titel: Die Lady mit dem Schwert: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyn Kelley
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die Königin.
    Die Äbtissin erfasste ein so heftiges Schaudern, dass Avisa schon befürchtete, sie hätte sich plötzlich erkältet. An ihre Seite eilend legte Avisa ihr einen Umhang um die Schultern, den sie von einem Haken genommen hatte.
    »Was soll das?«, fragte die Äbtissin.
    »Ihr seht aus, als sei Euch die Kälte ins Gebein gefahren.«
    Die Äbtissin tätschelte Avisas Hand und versuchte vergeblich ein Lächeln. Ihre Augen waren ohne das gewohnte Aufblitzen glanzlos, als sie die Königin wieder anschaute und sagte: »Euer Besuch ist eine große Überraschung, Euer Majestät.«
    »Warum?«, fragte Königin Eleanor sichtlich verblüfft. »Ihr habt gewusst, dass ich komme, wenn ich der Dienste der Damen von St. Jude’s Abbey bedarf.«
    Avisa hätte zu gern gefragt, was die Königin meinte, doch sie verkniff sich die Frage, als eine Novizin mit einem Tablett eintrat und die Königin und deren Sohn mit aufgerissenen Augen anstarrte. Auf dem Tablett stand neben einfachen Bechern und einer Flasche Wein ein Pokal, der mit so kostbaren Edelsteinen besetzt war, wie sie an den Fingern der Königin zu sehen waren. Ein zweites Mädchen folgte mit Brot und Fleisch. Beide Tabletts wurden auf den Tisch gestellt.
    Ohne dass es einer Aufforderung der Äbtissin bedurft hätte, trat Avisa an den Tisch und schenkte Wein ein. Mit einer Verbeugung reichte sie den mit Edelsteinen geschmückten Pokal der Königin und ein einfacheres Trinkgefäß dem Königssohn. Dann bediente sie die Äbtissin. Sie zog die zweite Bank zwischen Königin und Äbtissin und stellte das Tablett mit dem Imbiss darauf. Dann trat sie zurück und erwartete, die beiden würden nun genießen, was aufgetischt war. Als ihr Magen zu knurren drohte und sie daran erinnerte, dass sie keine Mittagspause gemacht hatte, schob sie ihren linken Arm vor, legte die Hand in den losen Ärmel und drückte sie verstohlen gegen ihren Bauch.
    Es nützte nichts. Das Geräusch kam und entlockte dem Prinzen ein Kichern.
    »Kommt und stärkt Euch, Lady Avisa«, forderte die Königin sie auf. »Bei meiner Ankunft sagte man mir, dass Ihr Euch heute lange abgemüht habt, die hier erworbene Waffenkunst anderen beizubringen.«
    »Danke.« Sie nahm ein Stück warmes Brot und biss dankbar ab.
    »Stellt die Frage, die ich in Euren Augen sehe, Lady Avisa.«
    Ratlos, ob sie sich zieren oder offen sprechen sollte, straffte sie die Schultern. »Nun, mich verwundert, wie Ihr mich anredet.«
    »Es ist doch der Titel, den Ihr vor dem Eintritt in St. Jude’s hattet?«
    »Ja, Euer Majestät, doch ich begnüge mich hier mit der Anrede Schwester.«
    Königin Eleanor führte den Pokal an die Lippen. »Selbst hier müsst Ihr von den Konflikten meines Gemahls mit Becket, dem Erzbischof von Canterbury, gehört haben.«
    Avisa wollte antworten, als sie gewahr wurde, dass die Königin wieder die Äbtissin anblickte. Glaubte Königin Eleanor, Avisas Frage beantwortet zu haben? Avisas Verblüffung wuchs.
    »Ich hörte von den Zwistigkeiten«, gab die Äbtissin zurück.
    »Mein Gemahl weilt jetzt in Bayeux auf der anderen Seite des Kanals, doch Becket kehrte nach England zurück. Es wird Unruhen geben.«
    Avisa wusste, dass sie den Mund halten sollte, doch sie setzte an: »In der Vergangenheit …«
    »Es ist nicht wie früher. Als die beiden sich trennten, sagte der Erzbischof zu meinem Gemahl, sie würden einander auf dieser Welt nicht wiedersehen. Einem der beiden ist ein baldiger Tod bestimmt. Ich möchte nicht, dass er den König trifft.« Die Königin seufzte. »Zöge der Erzbischof den Bann zurück, den er über jene sprach, die der Kirche und dem König dienen, ließe sich die Angelegenheit friedlich beilegen.« Ihr Lächeln zeigte sich wieder – kalt wie die Luft außerhalb der Steinmauern. »Aber niemand hört auf den Rat einer Frau, sei sie Königin, Äbtissin oder Bäuerin.«
    Die Äbtissin stellte ihren Becher hin und reichte dem jungen Richard noch eine Scheibe Brot mit Fleisch. »Ich nehme an, aus diesem Grund sucht Ihr Hilfe in St. Jude’s Abbey.«
    »So ist es.«
    Avisa musste sich auf die Lippen beißen, um mit ihren Fragen nicht herauszuplatzen. Was konnte eine Abtei tun, um König und Erzbischof zu versöhnen? Welche Hilfe konnte diese Abtei dazu leisten?
    Als hätte Avisa gesprochen, sah die Königin sie an und sagte: »Lady Avisa, ich habe Euch eine Aufgabe zugedacht, die Euch sehr liegen müsste.«
    »Ihr braucht Eure Bitte nur zu äußern«, antwortete sie pflichtgemäß.
    Die

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