Die Lady mit dem Schwert: Roman (German Edition)
waren. Seine hölzernen Sohlen klangen wie Hammerschläge auf dem Boden, doch keines der Kinder rührte sich.
Er zog den Vorhang beiseite und ließ sie mit einer Verbeugung eintreten. Avisa nickte zum Dank, als sie einen winzigen, modrig riechenden Raum betrat. Der Sturm musste sich verzogen haben, da Mondlicht auf den Lehmboden fiel. Eine Öllampe spendete kaum zusätzliches Licht. Für ein Feuer war kein Platz, doch waren Feuchtigkeit und Kälte erstickendem Qualm vorzuziehen.
Als ihr Gastgeber den Vorhang wieder fallen ließ, rüttelte Christian an dem mit Heu belegten Bettgestell. Es wackelte, brach aber nicht zusammen.
»Avisa, es wird Euch aushalten. Wir anderen werden auf dem Boden bequemer liegen.«
Baldwin breitete seinen Mantel über das Heu und verbeugte sich vor Avisa. Der Page wollte offenbar den Kavalier spielen.
Guy sah es anders. »Bequemer? Auf dem Lehmboden? Ich glaube, ich suche mir einen anderen Schlafplatz.«
»Du schläfst hier«, sagte Christian.
Guy reckte sein Kinn. »Ich bin erwachsen und schlafe, wo ich will.«
»Nein. Du schläfst hier. Das Mädchen hat nicht das richtige Alter.«
»Ein sehr erfreuliches Alter.«
Christian schnaubte verächtlich. »Diese Bauernmädchen werfen ihre Jungfräulichkeit sehr früh weg. Habe ich Recht, Avisa?«
Als sie sein verschwörerisches Blinzeln sah, beeilte sie sich zu sagen: »Vermutlich hat sie bis jetzt schon manches Schäferstündchen mit einem kräftigen Bauernburschen im Gebüsch verbracht.«
»Umso mehr Grund, sie nicht zu verfolgen«, sagte Christian und schlug seinem Bruder auf die Schulter. »Warte doch ab. De Sommeville könnte hübsche Töchter haben.«
»Er würde aber auf einer Heirat bestehen.« Guy schmollte wie ein Kind.
»Woher wollt Ihr wissen, dass das Mädchen nicht auch diese Absicht verfolgt?« Avisa flehte insgeheim um Vergebung für das, was sie jetzt sagen wollte. Es war ihr zuwider, schlecht von dem Mädchen zu sprechen, das zwischen dem Ehrgeiz seines Vaters und Guys Verlangen gefangen war. »Sie kann sich glücklich schätzen, dass der Bruder eines Ritters sie wohlgefällig ins Auge fasste. Wer weiß? Vielleicht will sie Euch den Sprössling eines anderen unterschieben.«
»Sie benahm sich jungfräulich«, wandte Guy ein.
»Benahm«, wiederholte sein Bruder.
Guy fauchte einen Fluch, ehe er zum Bett stapfte und sich setzte.
Avisa kehrte ihm den Rücken, da sie ihr Lächeln nicht verbergen konnte. Sie wollte Christian ihr Mitgefühl ausdrücken. Sein Bruder bedurfte mehr Aufsicht als sein Page.
Als hätte sie seinen Namen laut genannt, sagte Baldwin vom Eingang her: »Ich schlafe auf der anderen Seite des Vorhangs. Hier drinnen ist nicht genug Platz für uns alle.«
»Der Platz ist ausreichend«, erwiderte Christian. »Lass dich nicht von diesen Banditengeschichten aus der Ruhe bringen, Junge.«
Baldwins Erröten war trotz der trüben Beleuchtung sichtbar. »Ich würde lieber Wache halten, Sir. Wer weiß, wer hier noch Obdach sucht?«
Christian schlug ihm auf die Schulter – nicht so kräftig wie seinem Bruder. »Vergiss nicht, dass morgen eine lange Strecke vor uns liegt.«
»Ich weiß.«
Als Guy aufstand und zur Tür ging, sah Christian ihn finster an.
»Aus dem Weg, Bruder«, befahl Guy, »falls du nicht möchtest, dass ich mich vor der holden Avisa erleichtere.« Er ließ ein Lächeln aufblitzen, das ihr galt.
Christian nickte. »Beeile dich.«
»Ich sagte, dass ich das Mädchen in Ruhe lassen werde.«
»Und die anderen Frauen ebenso.« Er packte den Arm seines Bruders. »Ich möchte mich nicht gegen die Mistgabel eines Bauern verteidigen müssen, weil du versucht hast, seine Frau zu verführen.«
Guy schüttelte seine Hand ab. »Ich doch auch nicht. Ich möchte nur ein Plätzchen finden, wo ich nicht allein auf dem Boden schlafen muss.« Nach einem letzten unwilligen Blick, der Christian galt, schob er ohne ein weiteres Wort den Vorhang beiseite.
10
»Ich nehme an, Ihr habt schon vornehmer genächtigt, Avisa«, sagte Christian. Als er gegen die Wand schlug und ein hohles Geräusch ertönte, zog er eine Braue hoch. »Auf der anderen Seite ist wohl das Vieh untergebracht.«
»Der Raum genügt mir.« Sie wünschte, sie könnte ihm von den Winternächten erzählen, die sie im Verlauf ihrer Ausbildung im Freien verbracht hatte. »Baldwin vergaß seinen Mantel.« Sie nahm ihn vom Bett und schob mit der Schulter den Vorhang beiseite.
Der Junge lag zusammengerollt wie ein Hündchen da. Sein
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