Die Lady mit dem Schwert: Roman (German Edition)
verpflichtet. Ich dürfte an nichts anderes denken.«
Er drückte seine Lippen auf ihre rechte Wange. Ihre Haut war kühl, aber verlockend. Er widerstand der Verlockung nicht. Er war nicht sicher, ob er es konnte, als er ihr Ohr mit seiner Zungenspitze koste. Langsam und gezielt folgte er jeder Muschelkrümmung. Sie fasste nach seinen Armen, als sie gegen ihn sank.
»Woran denkst du jetzt?«, flüsterte er.
Sie zog sich zurück, schwer atmend wie nach einem langen Lauf. »Das ist unfair.«
»Warum?«
»Es ist kalt. Könnten wir das im Haus besprechen?«
Er nahm ihre Hände und faltete sie an seiner Brust. »Wir können alles besprechen … wo du möchtest, Avisa.«
»Versucht nicht, mich mit schönen Worten zu verwirren.«
»Ich versuche, mit schönen Worten um dich zu werben.«
»Das tut auch Guy.«
Er ließ ihre Hände los. Ihre Antwort war für ihn wie ein Schlag ins Gesicht. Vielleicht war er seinem Bruder ähnlicher, als er sich eingestehen wollte. Sein Bruder bediente sich süßer Worte, um Frauen in sein Bett zu locken. Und jetzt machte Christian dasselbe bei Avisa. Glaubte sie, er ginge ebenso wahllos vor wie sein Bruder?
»Verzeiht, Avisa«, sagte er. »Ihr habt Euch unter meinen Schutz gestellt. Ich hätte nicht so sprechen sollen.«
»Ihr sollt aufrichtig zu mir sein.«
»Zuweilen kann zu viel Ehrlichkeit so gefährlich sein wie zu wenig.«
Sein ernster Ton brachte Avisa zum Lachen. Sie konnte nicht an sich halten. Christian war ein stolzer Mann, dem die Demut nicht zu Gesicht stand.
Kühn legte sie einen Arm um ihn. »Besprechen wir lieber, wo wir ein warmes Plätzchen finden.«
Er zog sie wieder in seinen Umhang, als sie zum Haus gingen. »Ihr seid sehr zielstrebig.«
»In diesem Punkt bin ich Eurem Bruder sehr ähnlich.«
Sein lautes Lachen machte dem Heulen des Windes Konkurrenz. Sie lehnte den Kopf an seine Schulter und genoss es, dieses Brausen zu hören, von innen und von außen. Er hatte ein wundervolles echtes Lachen, unbelastet von der Bürde der Schande, dem vermeintlichen Erbe seines Vaters.
Sie gelangten in einen kleineren Hof vor der Haustür. Der Wind blies so heftig, dass die Schneeflocken in einem irren Tanz durch die Luft wirbelten. Sie wollte ins Haus stürzen, hielt jedoch inne, da sie wusste, dass sie ihre Frage stellen musste, wo niemand es hören konnte.
»Wie habt Ihr den König genannt?«, fragte sie.
»Kurzmantel. Habt Ihr den Namen noch nie gehört?«
»Nein.«
»Er ist unter diesem Namen bekannt, da er kurze Mäntel bevorzugt. Sonderbar, dass Ihr ihn nie gehört habt.«
Ein heftiger Windstoß bewahrte sie vor einer Antwort. Sie zog ihren Umhang vors Gesicht, als der Sturm wie ein Tier in Todespein aufheulte.
Es war nicht allein der Wind. Sie hörte, wie ein Wolf dem Sturm Paroli bot. Christian griff nach seinem Schwert, nahm dann ihre Hand und bat sie, ihm zu folgen. Sie kam seiner Aufforderung allzu gern nach. Die raue Nacht blieb den Wölfen überlassen.
Das Innere des Hauses war karg. Menschen kauerten um die runde Feuerstelle in der Mitte. Dahinter musste noch ein Raum liegen, da sie eine verhängte Türöffnung im Hintergrund sah. Niedrige Deckenbalken streiften Christians Kopf, als er um einen Tisch herumging. Ein Fellstapel lag auf dem Boden neben zwei mit Stroh und weiteren Fellen bedeckten Bettgestellen. Eine einzige gewebte, zusammengelegte Decke nahm den Ehrenplatz auf einer Truhe ein, dem einzigen anderen Möbel des Raumes.
Vier Männer saßen auf einer Seite der Feuerstelle, Frauen und Kinder drängten sich auf der anderen Seite. Alter und Statur der Männer verrieten Avisa, dass es Brüder sein mussten. Die Luft war schwer vom Qualm, und sie fragte sich, warum er nicht durch das Strohdach abzog.
»Wird aber auch Zeit, dass ihr hereinkommt«, rief Guy und bedeutete ihnen, näher ans Feuer zu treten.
Avisa schob ihre Kapuze zurück und ließ den Mantel von den Schultern gleiten. Im Haus war es nicht viel wärmer als draußen, doch man war hier vor dem Wind so gut wie ganz geschützt.
Alle Blicke ruhten auf ihr, die Frauen kniffen die Augen frostig abschätzend zusammen, die Männer musterten sie ebenso ungeniert, doch in ihren Mienen lag nichts Kühles. Einer leckte sich die Lippen und lächelte. Als Christian zwischen die lüsternen Blicke der Männer und sie trat, war sie dankbar.
Er legte seine Hand auf Avisas Arm. »Avisa, das ist unser Gastgeber, Ralph Farmer.«
»Habt Dank für den Willkomm in Eurem Haus.« Sie schenkte dem
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