Die Lady mit der Feder - Roman
sich geöffnet hatte und der Inhalt nun verstreut in ihrem Sack lag. Nun leerte sie den Sack und gab sich Mühe, dass sie von ihren chemischen Grundstoffen nichts verschüttete. Die Steine fielen polternd auf den Boden.
Sie probierte in rascher Folge alle durch. Einige hatten die falsche Größe, andere die falsche Form, die meisten beides. Mit enttäuschtem Seufzen tat sie die Steine zurück in den Beutel. Sie wollte die Beutel wieder im Sack verstauen und erstarrte, als ihr Blick auf das Messer aus Ryce de Dolans Grab fiel.
Ihre eigene Kühnheit raubte ihr den Atem, als sie das Wappen auf dem Griff betrachtete. Es war jenes der Bruderschaft, und der Besitzer des Hauses war angeblich ein Mitglied. War es denn möglich …?
Sie legte das Messer auf die Vertiefung. Das Wappen auf dem Griff passte genau in das Loch. Mit einer leichten Rechtsdrehung drückte sie auf den Stein. Es tat sich nichts, daher versuchte sie es linksherum.
Erstaunt sah sie mit an, als der Stein unter dem leisen Quietschen von Lederscharnieren nach unten ins Dunkel versank. Zwei Steine zu beiden Seiten klappten zurück.
Sie erhob sich, nahm die Lampe von der Wand und hielt sie über das Loch. Ganz langsam ließ sie das Licht in die Dunkelheit hinunter.
Der Lichtschein ergoss sich eine Leiter entlang auf einen Boden, der mehr als mannshoch unter ihr lag. Warum gab es eine Öffnung von diesem Gemach aus zum Keller? Sie bewegte die Lampe und sah, dass die Steinmauern unter ihr sich nach beiden Richtungen verloren. Ein in die Erde gehauener Gang, ein Tunnel, verlief unter dem Haus und setzte sich dann fort.
Sie hob das Messer aus der Vertiefung und starrte es an. Das Wappen war der Schlüssel, um den Stein zu bewegen. Es gehörte der Bruderschaft. Daher musste auch der Geheimgang
ihr gehören. Hatte der Mann, der sie auf La Tour überfallen hatte, das Messer gebraucht, um sich Zutritt zum Tunnel zu verschaffen?
Sie zog die Füße unter sich und öffnete wieder ihren Sack, dem sie den Beutel mit den heilenden Steinen entnahm. Sie tat sie in einen anderen Beutel an ihrem Gürtel und steckte das Messer in seine Scheide, ehe sie es neben ihrer Peitsche befestigte. Man konnte nicht wissen, wem man in dem geheimen unterirdischen Reich begegnen würde. Auch wenn sie niemanden traf, konnte sich das Messer beim Öffnen einer Tür sehr nützlich erweisen.
Sie stellte die Lampe auf den Boden neben die Öffnung und schwang die Beine auf eine Leitersprosse. Langsam kletterte sie hinunter und hielt nur inne, um nach der Lampe zu fassen. Erstaunt sah sie, dass an der Unterseite des Steines ein Griff angebracht war, um die Tür von unten öffnen und schließen zu können. Ihr Magen krampfte sich zusammen. Wenn sie nun in eine Falle geraten war …?
Sie wünschte, Jordan wäre ihr zur Seite gestanden. Sie wollte sich ein wenig umsehen - nicht mehr als hundert Schritte in den Tunnel hinein - und dann zurückkehren und auf ihn warten, ehe sie ihre Erkundung fortsetzte.
Sie hängte die Lampe an einer Runge auf und zog vorsichtig balancierend die Steine aus ihrem Beutel, einen nach dem anderen. Sie fasste nach dem Griff am Stein und schob ihn hinauf in die Öffnung, wobei sie die Heilsteine in die Ecke klemmte, damit sich die Öffnung nicht ganz schließen konnte. Mit etwas Glück würde außer den verschobenen Schilfmatten niemandem etwas Ungewöhnliches auffallen.
Nach einem tiefen Atemzug stieg sie durch den kleinen
Lichtkreis ab. Sie versuchte nicht daran zu denken, was die Dunkelheit verbergen mochte.
Die unteren Sprossen waren glitschig. Als sie nach der Leiter fasste, flackerte das Licht heftig. Ihr angestrengtes Atmen war so laut, dass es sie nicht gewundert hätte, es als Echo im Tunnel zu hören.
Als ihr Fuß auf feste Erde traf, stieß sie ein Dankgebet aus. Sie lehnte den Kopf an die Leiter und versuchte zu Atem zu kommen, da ihr zumute war, als wäre sie zweimal die Ermine Street hinaufgelaufen.
Isabella hob die Lampe und hielt Umschau. Die obere Begrenzung des Raumes war feucht, das Wasser sammelte sich in Pfützen auf dem holprigen Boden. Erstaunt sah sie, dass der Raum nicht breiter als ihre ausgestreckten Arme war. Falls es einen Keller unter Lord d’sAlpins Haus gab, war er nicht mit dem Tunnel verbunden.
Sie trat an eine Wand nahe heran und hob die Lampe dicht an den Stein, in dem verschiedene Mineralablagerungen schimmerten. Sie fragte sich, ob die Wände aus Kalk waren. Wie auch immer - das Gestein trug Burg und Kathedrale. Sie
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