Die Lady mit der Feder - Roman
sehe mich um.«
»Das ist kein Ort, wo du deine neugierige Nase hineinstecken solltest. Diese Gänge könnten plötzlich einstürzen.«
Sie trat zur Seite und rieb mit den Knöcheln sanft an der Wand. »Ich bezweifle, ob es in ganz England einen Tunnel gibt, der solider gebaut ist als dieser.«
»Nicht nur die Bauweise macht mir Sorgen.«
»Ich weiß. Es geht darum, wer diese Tunnel benutzt.«
Er stellte die Lampe auf einen kleinen vorspringenden Stein. »Wie kannst du so vernünftig sein und zugleich etwas so Riskantes tun?«
»Weil es hier Geheimnisse gibt, aber vielleicht auch Antworten darauf. Wie bist du hier heruntergekommen?«
»Wahrscheinlich auf demselben Weg wie du. Man sagte mir, dass du dich um Lady Odette bemüht hast. Ich ging also in ihr Gemach und traf dort niemanden an, sah aber, dass die Matten zurückgeschoben worden waren. Dabei wurde ein Stein freigelegt, der sich nicht ganz in den Boden einfügte. Strecke deine Hand aus.« Er ließ ein paar kleine Steine auf ihre Handfläche fallen. »Ich nehme an, sie gehören dir.«
Sie erkannte die Steine durch Berührung. »Meine Heilsteine … ich steckte sie in die Falltür, um mich abzusichern, dass ich wieder nach oben gelangen kann. Was, wenn du sie nicht wieder öffnen kannst?«
»Die Rückkehr auf diesem Weg ist ohnehin ausgeschlossen. Ehe ich die Falltür schloss, versuchte ich die Matten darüberzuziehen. Niemand darf wissen, dass wir auf diesen Gang stießen. Weirton reagierte erregt, als seine Schwester auf diesem Zimmer beharrte. Ich nehme an, wir kennen nun den Grund.«
»Das glaube ich auch. Ich kann ihm nicht trauen. Du etwa?«
Sein Kopfschütteln schuf neue Formen in den Schatten auf seinem Gesicht. »Wenn er nicht schon Mitglied der Bruderschaft ist, möchte er es sein. Er lobt und preist sie bei jeder Gelegenheit.«
Sie zog Sir Ryces Messer und deutete auf das Wappen. »Dies diente als Schlüssel zur Falltür.«
»Sehr klug.«
»Ja, nicht wahr. Ein Mitglied der Bruderschaft kann dies tragen, und niemand weiß, dass es Zutritt zu Orten wie diesem gewährt.«
»Ja, die Bruderschaft ist klug.« Er strich über ihre Wange. »Aber ich meinte eigentlich dich. Du bist sehr klug, wenn du erkanntest, dass das Wappen auf den Stein passt.«
Sie lachte. »Ich war so neugierig, was sich unter dem Stein befindet, dass ich alles ausprobierte, um ihn zu heben.« Nach rechts und links blickend fragte sie: »Welche Richtung willst du einschlagen?«
»Ein Stück hinter der Leiter ist eine Wand, also müssen wir in die Richtung gehen, die du erkundet hast.«
»Ich sah keinen Weg hinaus, aber ich ging auch nur hundert Schritte weit.«
Er nahm die Lampe von der Wand. »Es muss andere Eingänge geben. Es wäre nicht unbemerkt geblieben, wenn Leute aus d’sAlpins Haus ständig ein und aus gehen. Es hätte Gerede gegeben.«
»Das Emery gehört hätte.«
»Der Junge hat eine Neigung, alle Gerüchte, wahre und falsche, aufzuschnappen.« Er lachte spöttisch.
»Du hast dich verändert.« Sie zeichnete die starken Linien seines Gesichts mit der Fingerspitze nach und kostete die Wölbung seiner Lippen aus, als sie diese berührte. »Das Lachen fällt dir nun viel leichter.«
»Jetzt habe ich mehr zu lachen.«
»Über mich?«
Er legte seinen Finger unter ihr Kinn und näherte ihre Lippen den seinen. »Ja, über dich.« Sein rascher Kuss war eine
Verheißung weiterer Wonnen, sobald sie die unterirdischen Gänge verlassen hätten. »Gehen wir.«
Isabella trug ihr Messer offen, als sie Jordan ganz dicht folgte. Sie wollte im Lichtkreis bleiben, zudem aber war der Gedanke reizvoll, wie leicht sie ihre Finger heben und seinen starken Rücken streicheln konnte.
Als sie an den Tümpeln mit den phantastischen Farben an der Wand vorüberkamen, ging er nicht langsamer. Sie hatte geglaubt, er würde neugierig sein, was sich unter ihren Füßen befand. Was hatte er ihr vorenthalten? Hatte er mehr über die Bruderschaft erfahren? Oder gab es einen anderen Grund für seine Eile? Sie stellte keine Fragen. Wenn er Grund zur Eile hatte, musste es ein triftiger sein.
Ihre Finger umklammerten das Messer fester, als sie die Stelle passierten, an der sie umgekehrt war. Als sich ein heller Schein vor ihnen zeigte, flüsterte sie: »Vielleicht sollten wir einen anderen Weg suchen.«
Er legte ihr den Finger auf den Mund. »Nicht so laut.«
»Ich flüstere!« Sie schob seine Hand weg. »Ich weiß, dass andere mithören könnten.«
»Ich weiß, dass du es
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