Die Lady mit der Feder - Roman
Schnittes verwenden werde.«
»Wie kann Wein schädliche Einflüsse abwehren?«
»Das weiß ich nicht, doch lernte ich es so. Ich hatte nie einen Patienten, der an Fleischfäule litt.« Sie fädelte die Nadel ein. »Es tut mir leid, dass ich nicht mehr Wein habe, um Euren Schmerz zu lindern.«
»Tut, was nötig ist.« Er hob den Kopf und sah sie ruhig an, während ein Lächeln um seine Lippen spielte. »Aber rasch. Ich möchte mich nicht blamieren, wenn ich wehklage wie ein Kind mit einem zerschrammten Ellbogen.«
Isabella untersuchte die Wunde noch einmal. So lang wie ihr längster Finger zog sie sich über seine Rippen und musste ihn bei jedem Atemzug schmerzen. Doch schien er leicht und regelmäßig zu atmen. Ihr eigener Atem stockte, während ihr Blick weiter über seinen festen Leib wanderte, auf dem seine Muskelschichten sich so deutlich abzeichneten wie seine Rippen. Ihre Finger zitterten, als sie sich vorstellte, sie striche über diese festen Muskeln. Würden sie unter ihrer Berührung noch härter werden?
»Ist alles in Ordnung?« Seine Worte strichen über ihr Ohr, heiß und verlockend.
Sie fröstelte und fragte sich, wie etwas so köstlich Warmes Gänsehaut bei ihr hervorrufen konnte. Von dem Wunsch erfüllt, er würde noch einmal etwas sagen, damit das süße Feuer
wieder über sie hinwegfegte, wusste sie, dass sie antworten musste.
»Mir geht es famos.«
»Ich verstehe.«
Seine knappe Antwort verriet ihr, dass ihr Ton zu scharf war. Sie konzentrierte sich auf ihre Arbeit und zog die Nadel durch seine aufgerissene Haut. Bei jedem Stich zuckte er leicht zusammen. Als sie ihre Hand auf seine linke Seite legte, um ihn ein wenig zu neigen, damit sie die Haut zusammenziehen konnte, spürte sie auf seinen anderen Rippen vernarbte Haut von beträchtlicher Ausdehnung. Unwillkürlich fragte sie sich, ob alle Gefolgsleute des Königs und seiner Söhne so versehrt waren.
»Ihr scheint in der Abtei meiner Tante viel gelernt zu haben«, sagte er, als sie innehielt, um einen neuen Faden in die Nadel einzufädeln.
»Ohne jene Sorgen, wie sie den Rest der Welt plagen, ist es einfacher, sich auf die Studien zu konzentrieren.« Sie hoffte, ihn auch weiterhin mit diesen halben Antworten zufrieden stellen zu können.
»Habt Ihr in der Abtei auch gelernt, wie man trügerischen Rauch ohne Feuer erzeugt?«
Sie war froh, dass sie ihm nicht in die Augen schauen musste, da sie sich auf den nächsten Stich vorbereitete. »Wie kommt Ihr darauf, dass ich dies in der Abtei lernte?«
»Wo dann, wenn nicht dort?«
Statt einer Antwort zog sie eine andere Hautpartie zusammen und vernähte weiter. Er stieß ein gedämpftes Knurren aus, ließ es aber reglos geschehen.
»Ich kenne meine Tante. Sie würde sich nicht damit zufriedengeben,
immer nur fromme Bücher zu studieren. Sie ist überzeugt, viel mehr zu können.«
»Ja, allerdings.«
»Was mich zu der Meinung verführt, dass eine Abtei, der sie vorsteht, voll ähnlich denkender Frauen ist, die viel mehr können.«
»Sie wäre mit nichts weniger zufrieden. Deshalb bin ich dankbar, dass ich Gelegenheit hatte, dort im Spital meinen Studien nachzugehen.« Dass sie ebenso froh war, weil sie die Wahrheit sagen konnte, ohne den wahren Grund für die Einzigartigkeit der Abtei zu verraten, ließ sie unausgesprochen. Sie verknotete den Faden und riss ihn ab. »Das war der letzte Stich.«
»Gut.« Er griff nach seinem hinter ihm auf dem Stein liegenden Hemd.
»Wartet. Ich muss eine Salbe auf die Stiche tun.«
»Ihr habt schon so viel für mich getan. Mehr zu verlangen …«
»… würde mir später mehr Arbeit ersparen. Wenn schädliche Keime in den Riss eindringen, könnte die Wunde eitern. Das würde dann viel mehr Zeit und Arzneien erfordern.«
Isabella war froh, dass er nichts weiter einzuwenden hatte. Sie legte die Nadel und den Rest des Fadens auf einen anderen Stein und öffnete den größten Beutel an ihrem Gürtel. Dann zog sie einen Glasbehälter hervor, der in Lammwolle gewickelt war. Sie öffnete ihn und steckte den Finger in die hellbraune Salbe.
»Es könnte schmerzhaft sein, beschleunigt aber die Heilung.«
»Was ist es?«, fragte er.
»Ungesalzene Butter sowie die Pflanzen Ehrenpreis, Günsel und Honig. Ein einfaches, sehr wirksames Heilmittel.« Sie tupfte Salbe dick entlang der Stiche und auf die Haut um die Wunde. »Ich mischte sie, um die Euter der Kühe geschmeidiger zu machen, die Salbe wirkt aber auch bei Zerrungen und Wunden. Ich könnte sie auch
Weitere Kostenlose Bücher