Die Lady mit der Feder - Roman
getan.«
»Wollust ist eine der sieben Todsünden.«
»Sünden sind nicht schlecht, sie sind nur Fehler.«
Die Schärfe ihres Lachens schmerzte in der Kehle. »Wenigstens etwas, in dem wir uns einig sind.«
»Ebenso sind wir uns einig, dass Ihr Lady Odette durch Euer Lachen beleidigt habt.«
»Falls sie Euch zu mir schickte, um mir sagen zu lassen, ich müsse mich entschuldigen, hätte sie es sich sparen können.«
»Ihr wollt Euch nicht entschuldigen?«
»Natürlich werde ich es tun.« Sie biss vom Käse ab. »Ich muss einen Weg finden. Zeit genug habe ich ja, da wir seit unserem Aufbruch von La Tour erst eine Meile zurücklegten. Wir werden Lincoln erst in der Karwoche erreichen.«
»Ihr scheint Euch damit abgefunden zu haben.«
»Gejammer würde nichts nützen. Lady Odettes Pferd schafft nur kleine Etappen. Wir werden langsamer vorankommen, als ich hoffte.«
Er setzte sich auf einen Stein. »Eine sehr logische Einschätzung der Situation.«
»Das klingt ja, als wäre Logik schlecht.«
»Das ist sie, da sie Euch blind macht für die Mehrheit der Menschen auf der Welt, die von Verlangen und Ängsten beherrscht werden. Ich verstehe diese starken Leidenschaften. Ich verstehe sie nur zu gut, wie Ihr sehen konntet.«
Sie legte den Käse auf das Brot auf ihrem Schoß. »Ich hätte nicht erwartet, dass Ihr das sagt.«
»Was habt Ihr denn erwartet, dass ich sage?«
»Dass Ihr wünscht, Ihr könntet logisch sein und alles ignorieren, was Ihr denkt oder fühlt.«
Er lächelte kühl, seine Augen aber loderten vor Gefühl. »Ihr seid eine verdammt scharfsinnige Frau, deshalb müsst Ihr sehen, dass ich Euch auch eine Entschuldigung schuldig bin.«
»Ihr habt Euch bereits entschuldigt.« Sie stand auf, da sie
diesen bitteren Moment an der Mauer nicht wieder aufs Tapet bringen wolle. Sie hatte während der Nacht zu lange jeden Augenblick immer wieder Revue passieren lassen. »Wir sollten aufbrechen, wenn wir den Trent morgen bei Sonnenuntergang überqueren wollen.«
»Ja.« Er stand auf und bedeutete ihr, zu den Weirtons und den Pferden vorauszugehen.
Sie machte ein paar Schritte und blieb dann jäh stehen. Um nicht gegen sie zu prallen, legte er seine Hände auf ihre Schultern. Als ihr Herz einen Sprung machte und wie Donner in ihrem Kopf dröhnte, versuchte sie, die Geräusche zum Schweigen zu bringen.
»Horcht«, flüsterte sie und hoffte, er könne das leise Geräusch hören, das nun unter ihrer Reaktion auf seine Berührung unterging.
»Worauf?«, fragte er ebenso leise, und als sein warmer Atem über ihren Nacken glitt und mit ihren Haaren spielte, die dem Zopf entschlüpft waren, wusste sie, dass sie wieder einen Fehler begangen hatte.
»Ich dachte, ich hätte etwas gehört.«
»Ich höre nur den Bach und uns.« Er nahm die Hände von ihren Schultern und trat vor sie, damit er sie ansehen konnte. »Was ist, Isabella? Eure Stimme bebt.«
»Ihr habt Recht.« Sie sagte es in ruhigem Ton, als sie an ihm vorüberging. »Es war nichts.«
Seine Worte waren ein harter Schlag gewesen. Er war aufrichtig, als er gesagt hatte, er empfände nur Verlangen nach ihr. Warum konnte sie das nicht glauben, anstatt zu hoffen, sie würde auch sein Herz berühren?
Sein Herz? Sie war so töricht wie Lady Odette. Falls Jordan
le Courtenay echte Gefühle für eine Frau empfand, hatte sie davon nichts bemerkt.
Isabella sagte kein Wort, als sie, gefolgt von Jordan, dorthin ging, wo Lord Weirton seiner Schwester aufs Pferd half. Der Baron machte einen Scherz darüber, dass Isabella im Interesse der allgemeinen Sicherheit die Rolle des Spähers übernommen hätte, aber nur Lady Odette lachte.
Wieder bot Jordan Isabella seine Hilfe an. Wieder lehnte sie ab. Sie übernahm die Zügel ihres Hengstes von Emery und saß auf. Lord Weirton gab das Zeichen zum Aufbruch, doch hielt sie inne, als das leise Geräusch, das sie bereits am Bach vernommen hatte, wieder ihr Ohr streifte.
»Ist etwas?«, fragte Jordan, als er sein Pferd neben ihres lenkte. Er fasste nach ihren Zügeln. Zwischen seinen und ihren Fingern war eine Handbreit Abstand, doch erschien ihr die Bewegung zu intim. Sie zog ihre Hände zurück und sah sein Stirnrunzeln.
Sie seufzte. Sie hatte ihn nicht kränken wollen.
»Ich hörte …« Sie ließ ein Schulterzucken folgen. »Es ist nichts. Wir müssen fort.«
Sie glaubte, er würde weitere Fragen stellen, doch ritt er rasch den anderen nach. Nach einem Blick rundherum wollte sie ihm folgen, als Schreie durch das
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