Die Lady mit der Feder - Roman
man das Kraut pflücken können.
Emery räusperte sich. »Ich hörte, wie Ihr und Mylord von der Bruderschaft gesprochen habt.« Er stand breitbeinig da, die Hände im Rücken verschränkt.
»Und Lord Weirton?«
Er nickte.
»Wisst Ihr etwas über sie?«, fragte sie.
Er blickte in beide Richtungen und senkte die Stimme. »Genug, um zu wissen, dass es unklug ist, offen von ihr zu sprechen. Lord Weirton war auf der Hut und nannte sie nicht namentlich.«
»Sie will nicht, dass man ihren Namen kennt?«
»Sie sucht keinen Ruhm wie die Tempelritter oder die Johanniter.«
Sie richtete sich auf. »Dann ist die Bruderschaft ein Ritterorden?«
»Ja, es sind Ordensritter, die lieber England dienen, als übers Meer zu segeln und in einem Kreuzzug zu kämpfen.«
»Wie kommt es, dass Ihr so viel über die Bruderschaft wisst, wenn doch Lord le Courtenay so wenig weiß.«
»Knappen reden untereinander.«
»Und einige der Knappen, mit denen Ihr gesprochen habt, dienen Rittern, die der Bruderschaft angehören?«
Sein Gesicht wurde aschfahl. »Ich … ich darf nichts sagen. Die Mitglieder der Bruderschaft sollen nur einander bekannt sein.«
»Das«, sagte Jordan, als er hinter dem Steinkreuz hervortrat, »macht es nicht leicht, Mitglied zu werden, wenn man die Neigung dazu verspürt.«
Emery schluckte. »Wenn Ihr der Bruderschaft beitreten wollt, Mylord …«
»Dann sollst du der Erste sein, der es erfährt.« Eine Hand auf dem Kreuz, fragte er: »Was weißt du noch über die Bruderschaft, Emery?«
»Die Bruderschaft wurde gegründet, um England zu schützen, wenn König Henry auf dem Kontinent weilt. Die Brüder sind darauf vereidigt, dem König mit allen Mitteln zu dienen.«
»Auch wenn Raub und Überfälle auf unschuldige Reisende nötig sind?«
»Aber sie haben uns nicht angegriffen! Sie haben uns beschützt!«
»Als der Strolch Isabella ein Messer an die Kehle hielt, sah es nicht danach aus, als hätte er ihren Schutz im Sinn.«
Isabella schenkte Emerys gestotterter Antwort keine Beachtung. Seiner Beschreibung nach war die Bruderschaft das Gegenstück zu St. Jude’s Abbey. Als die Königin eingekerkert wurde, nachdem sie sich mit ihren Söhnen gegen den König verschwor, hatte man befürchtet, die Abtei würde aufgelöst, da die Schwestern gelobt hatten, mit ihrem Leben für die Königin einzustehen. Tut, was nötig ist, um zu dienen. Das Gelübde der Bruderschaft hätte ebenso gut für die Damen von St. Jude’s Abbey gelten können.
Als Jordan zurück zur Gruppe ging, war sie erleichtert, dass er langsam ausschritt, damit sie mithalten konnte. Er hatte sich an diesem Morgen nicht nach ihrem Befinden erkundigt, konnte sich jedoch denken, wie es ihr ging, da er die Narben noch schlimmerer Verletzungen an sich trug.
Sie zuckte zusammen, als sie einen üblen Fluch und ein schmerzliches Gewieher hörte, dann drängte sie sich an Emery vorüber, der vor ihr stehen geblieben war. Fassungslos sah sie zu, als Lord Weirton einen dicken Ast aufhob und damit auf sein Pferd einhieb.
Wut ließ sie ihre Schmerzen vergessen, als sie über die Lichtung rannte. »Aufhören!«
Er beachtete sie nicht. »Nichtsnutziges Biest!« Wieder hob er den Ast.
Sie packte das Stück Holz, und als sie es ihm entreißen wollte, drehte er sich mit erhobenem Stock zu ihr um. Nun packte sie seinen rechten Arm und drehte sich um, um ihm ihre Hüfte in die Seite zu rammen und ihn über ihren Rücken zu schleudern. Er fiel hart auf den Boden. Der Stock holperte
über den Boden und blieb zu Füßen seiner schockierten Schwester liegen.
»Mylord«, sagte Isabella und ging, um den Ast aufzuheben, »behandelt Euer Reittier nie wieder so übel.« Sie zerbrach den Stock über ihrem Knie und warf die Stücke zu den Bäumen. »Und wenn Ihr es tut, werde ich dafür sorgen, dass Ihr ebenso heftig leidet, das schwöre ich.«
Ohne die entsetzten Blicke des Gefolges zu beachten, ging sie zu dem armen Tier, das sich erst beruhigte, als sie sanft seinen Rücken tätschelte und seine Nüstern streichelte.
»Ich muss Euch um das Versprechen bitten«, fuhr sie in der eingetretenen Stille fort, »dass Ihr nie wieder Euer Pferd oder ein anderes Tier so gemein schlagt. Ich weiß, dass es fraglich ist, ob solche Geschöpfe Gefühle wie wir haben, doch empfinden sie Schmerz wie wir.«
Lord Weirton stand langsam auf und schüttelte den Schmutz aus seiner Kleidung. Er blickte von ihr zu Jordan, der wieder einmal eine ausdruckslose Miene zeigte. »Sollte sie
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