Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lady mit der Lanze

Die Lady mit der Lanze

Titel: Die Lady mit der Lanze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyn Kelley
Vom Netzwerk:
Rochelle für sie plante. Während Tarran die Stufen zur Hochtafel hinaufschritt, hörte er, wie sie ausführlich auf eine Frage des Barons einging. Erst ein Bein, dann das andere über die Bank links von Elspeth schwingend, ließ er sich nieder. Er sah hin, als der Baron herzlich über etwas lachte, das nicht unbedingt amüsant war. Der lüsterne Blick in de la Rochelles Augen war unmissverständlich, Elspeth aber schien ihn entweder nicht zu bemerken oder er war ihr willkommen.
    Er merkte, dass er sich wieder geirrt hatte, als sie ihren Arm, auf den der Fürst seine Hand gelegt hatte, so rasch wegzog, wie sie ihre Finger von seiner eigenen Hand gezogen hatte. Ihr Lächeln blieb, wurde aber so brüchig wie Klippen unter dem ständigen Anprall der Brandung. Er fragte sich, wie lange sie es halten konnte, ehe es wegbrach.
    »Ihr solltet Euer Lob für Vala aufsparen, Mylord«, sagte Elspeth. »Ich bezweifle, ob es viele Frauen in ihrem Alter gibt, die die Mühsal einer so langen Reise auf sich nehmen, um ihrer Enkelin bei der Geburt ihres ersten Kindes beizustehen.«
    Valas Enkeltochter erwartete ein Kind? Tarran hatte nichts davon gehört. Vala äußerte sich selten über weibliche Angelegenheiten, ein Urenkel aber war etwas anderes. Er senkte den Blick. Spann Elspeth ein Garn für den Grenzmark-Lord?
    Er blickte zu der alten Frau, die sie beobachtete. Ihre leichte Kopfbewegung in Richtung Elspeths und de la Rochelles hätte ebenso gut ein lauter Befehl sein können, da er diesen Ausdruck an Vala gut kannte. So hatte sie ihn immer angesehen, wenn sie ihm als Jungen wegen einer Pflichtvergessenheit die Leviten las. Seit Addfwyns Tod hatte er ihn an ihr nicht mehr gesehen.
    Wieder fluchte er leise. Es bedurfte Valas Ermahnung nicht, um zu wissen, welche Absichten de la Rochelle mit Elspeth hatte.
    »Vala hat sich nie vor einer Verpflichtung gedrückt«, warf er ein.
    De la Rochelle warf ihm einen wütenden Blick zu, weil er sich eingemischt hatte, doch tat er, als hätte er nichts bemerkt.
    »Die Frauen meiner Familie haben immer schon bewiesen, dass sie würdig sind, besungen zu werden.« Tarran hasste leeres Gerede, und zum ersten Mal, seit sie in seinen Armen die Augen aufgeschlagen hatte, wünschte er sich, dass Elspeth etwas sagte.
    Als hätte er seine Gedanken laut ausgesprochen, setzte Elspeth hinzu: »Mir scheint, jede Familie in Wales hat ihre Heldensagen. Ich hörte einige, von begabten Spielleuten vorgetragen, und sie waren wundervoll.« Ihr Lachen klang, als hätte sie keinen einzigen vernünftigen Gedanken im Kopf, was nur ein Narr glauben konnte, wie Tarran wusste. »Und es gibt viele wundersame Legenden, die mit der Gegend verknüpft sind.« Sie lächelte Tarran zu, und wieder hatte er das Gefühl, als hätte ihm jemand mit einem einzigen Schlag die Luft abgepresst. »Welche Geschichte ist Euch die liebste, Fürst Tarran?«
    »Jene von Fürst Pwyll, der sich ein Jahr lang als Tod ausgibt, damit er den ärgsten Feind des Todes bezwingen kann.«
    »Diese Geschichte kenne ich nicht«, sagte sie und wandte sich leicht von ihrem Gastgeber ab.
    De la Rochelles Stimme klang wie ein leises Grollen. »Ich würde sie Euch gern erzählen, während wir speisen.«
    »Während wir speisen?«
    »Elspeth«, warf Tarran ein, »ich glaube, Ihr wolltet Euch überzeugen, ob Vala nach dem langen Reisetag tüchtig isst.«
    Der Lord runzelte die Stirn. »Eine Magd kann …«
    »Danke, dass Ihr mich erinnert, Fürst Tarran.« Ihr Ton war ruhig. »Wenn Ihr mich entschuldigen wollt, sehe ich nach Vala. Ihr entschuldigt mich doch, Mylord?«
    »Ja«, gab de la Rochelle in einem Ton zurück, der erkennen ließ, dass es ihm unbegreiflich war, warum sie die Gesellschaft einer alten Frau der seinen vorzog.
    Sie stand auf und bückte sich, wie um nach ihrem Schuh zu sehen. So leise, dass nur er ihre Worte hören konnte, flüsterte sie Tarran zu: »Danke.«
    »Es war mir ein Vergnügen«, gab er ebenso leise zurück.
    Fast hätte Fürst Tarrans spöttische Antwort ihr ein Lachen entlockt. Sie drückte seinen Arm in einer so unbefangenen Geste, als gratuliere sie einer ihrer Schülerinnen nach einem gelungenen Schlag. Doch war nichts einfach an dem Gefühl, das sie durchströmte, mächtig wie ein Sturmwind, luftig und zart wie Eierschaum. Sie schwankte zwischen Schaudern und Kichern.
    Als seine Miene sich verfinsterte, ließ sie seinen Arm los und ging zu Vala, die an einem leeren Tisch saß. Viele der Anwesenden hatten sich bereits vor

Weitere Kostenlose Bücher