Die Lady mit der Lanze
Kühnheit gestattet ist.« Sie stand auf. »Wartet hier.«
»Warten? Worauf?«
»Auf eine sehr interessante Unterhaltung.«
Als sie hinter ihn trat, streckte Fürst Tarran wie auf dem Hof die Hand aus und zog sie wieder zurück. Ihre Finger sehnten sich danach, die Sorgenfalten auf seiner Stirn zu glätten. Er stand auf und verschob die Bank, als benötige sie Platz, um hinter ihm vorbeizukommen.
»Vorsicht«, murmelte er, als die Holzbeine auf dem unebenen Steinboden scharrten.
Sie nickte kaum merklich. Der Lord durfte nichts merken. Mit unverändertem Lächeln ging sie die Stufen hinunter und durch die Halle zu den Gauklern. Sie spürte, dass alle sie beobachteten, neugierig, was sie vorhatte. Ein Mann wollte nach ihren Röcken greifen, als sie vorüberging, doch der neben ihm Sitzende schlug seine Hände weg und flüsterte ihm etwas zu, so laut, dass Elspeth es hörte.
»Sie gehört ihm!«
Die Worte machten ihr Beine. Obschon sie froh sein musste, dass Lord de la Rochelles Besitzanspruch sie vor seinen lüsternen Männern schützte, musste sie sich den Lord vom Leib halten, bis sie mit Rhan gesprochen und von ihr erfahren hatte, was für ihre Suche von Bedeutung war.
Als sie sich ihnen näherte, schätzten die Gaukler sie unbehaglich ab. Der ältere Mann, dessen hellbraunes Haar schweißnass an der Stirn klebte, trat schützend vor die dunkelhaarige Frau und den jüngeren Mann.
»Mylady.« Er führte die Hand an die Stirn und vollführte die Andeutung einer Verbeugung.
»Guten Abend.« Um ihnen die Befangenheit zu nehmen, sagte sie rasch: »Eure Darbietung gefiel mir.«
»Es war nicht unsere beste«, sagte er.
»Das kann geschehen, wenn das Publikum nicht das beste ist.«
»Ihr wisst, wovon Ihr sprecht, Mylady.«
Sie lächelte. »Wollt Ihr mir Eure Namen nennen?«
»Ich bin Cors ap Fflam. Meine Frau, mein Sohn.«
»Ich bin Elspeth.« Sie zögerte und sagte dann: »Elspeth Braybrooke, die Tochter von Mercer Braybrooke.«
Die Gaukler wechselten einen erstaunten Blick, ehe Cors fragte: »Sprecht Ihr von Mercer Braybrooke, der mit fünf Gegenständen zugleich jonglieren konnte?«
»Ja. Ihr ehrt das Andenken meines Vaters, indem Ihr Euch seiner erstaunlichen Fähigkeiten entsinnt.«
»Wir freuen uns, die Bekanntschaft seiner Tochter zu machen. Kein Wunder, dass Ihr Verständnis für unsere Lage aufbringt.« Cors verstummte, als er zu der Hochtafel blickte, an der sie gesessen hatte.
Elspeth wünschte, sie hätte Zeit, Cors und seiner Familie alles zu erzählen, doch sie lächelte und deutete auf einen Stock, doppelt so lang wie ihrer. »Darf ich mir den Stock ausborgen?«
»Mit der Tochter Mercer Braybrookes teilen wir gern alles.« Er bedeutete seinem Sohn, den Stock zu bringen. »Wie können wir helfen?«
»Kommt mit und betet, dass ich weiß, was ich tue.«
Wieder schien die Familie verblüfft, doch folgten sie ihr zur Hochtafel. Ihr Plan war einfach, doch musste sie vorsichtig sein. Wenn sie den Lord demütigte, würde sein Verlangen womöglich in Zorn umschlagen.
Als sie vor der Tafel stehen blieb, fragte Lord de la Rochelle: »Wozu soll der Stock dienen?«
»Eine Herausforderung, Mylord …«
»Ich dachte …«
»Euer interessanter Vorschlag einer Abwechslung in der Unterhaltung brachte mich auf eine Idee.« Sie tippte an ihr Kinn, als sie die nachdenkliche Haltung einnahm, die sie der Äbtissin abgeschaut hatte, wenn diese über einem Problem grübelte. »Ich dachte mir, welche andere Unterhaltung könnte Lord de la Rochelle ergötzen?«
»Eine leicht zu beantwortende Frage«, sagte der Lord und griff über den Tisch, um das Haar zu befingern, das ihr über die Brust fiel.
Ohne das Gewieher seiner Männer zu beachten, das ertönte, als sie auswich, drehte sie sich so, dass der Lord ihren Abscheu nicht sehen konnte, und nahm den Stock von Cors Sohn entgegen. Als sie sah, dass Tarrans Gesicht sich verfinsterte, fiel es ihr schwerer, so zu tun, als sähe sie es nicht. Bislang hatte er ihr vertraut, wie sie es von ihm erbeten hatte.
»Mir fiel ein«, fuhr sie fort, als hätte der Fürst nichts gesagt, »dass Lord de la Rochelle einer langen Reihe tapferer Krieger entstammt, und dachte mir, dass der edle Herr eine Herausforderung gern annehmen würde, da der Preis dann umso süßer wäre. Habe ich mich geirrt, Mylord?«
»Nein.«
Sie wollte lächeln. Er musste diese Antwort geben, um nicht vor seinen Leuten und seinen Gästen beschämt zu werden.
»Dann lasst mich die Herausforderung
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