Die Lady mit der Lanze
schweigen.
Sie gehorchten, Seith aber nicht. »Und doch hast du sie aufgefordert, mit uns weiterzuziehen.«
»Vala wird sich über weibliche Gesellschaft freuen«, sagte Tarran.
»Du könntest sie hierlassen.«
Kei brummte: »Sie war entschlossen hineinzuklettern. Ebenso wird sie bereit sein, ihren Hals zu riskieren, um herauszuklettern.«
»Ich werde nicht zulassen, dass noch eine Frau sterben muss, weil ich die Verpflichtung scheute, für ihren Schutz zu sorgen«, sagte Tarran ernst.
»Sie ist nicht Lady Addfwyn, und …«
»Seith, in diesem Punkt gibt es keine weitere Debatte.«
Sein Freund nickte zögernd. Als Tarran die Vettern anblickte, nickten auch sie. Er erwog, sie schwören zu lassen, sie würden ihm helfen, für Elspeths Sicherheit zu sorgen, doch würden sie seine Bitte als Affront gegen ihre Ehre ansehen, da sie gelobt hatten, ihm zu folgen und alles zu tun, um Addfwyns Tod zu rächen. Wenn nun Elspeths Schutz gefordert war, würden sie ihn nicht im Stich lassen.
Während seine Männer nun den Klatsch besprachen, den sie in der Burg gehört hatten, trat Tarran an das Fenster. Er blickte durch den Regen und entdeckte, dass er Ausblick auf den Hof hatte, auf dem Elspeth trainiert hatte. Er hätte bei Sonnenaufgang aufbrechen sollen. Hatte er Valas wegen gezögert oder weil Elspeths Antwort auf sich warten ließ? Er verachtete die Freude, die in ihm aufkam, wenn er sie sah. Sie glich seiner geliebten Addfwyn so gar nicht und war widerborstig und scharfzüngig, während Addfwyn von ruhiger Wesensart gewesen war und einen stillen Humor gehabt hatte, doch war Elspeth die erste Frau, die seit seiner Heirat Gefühle in ihm angesprochen hatte, weil sie eine ähnliche Pflichtauffassung hatte wie er.
Während der Regen hereinfegte und sein Gesicht traf, sagte er sich, dass es dumm gewesen war, sie zu küssen, auch wenn er damit ihrem ständigen Geplapper ein Ende bereiten wollte. Dieses eine Mal hatte sein Verlangen noch mehr geschärft. Eine andere Frau wäre vor seinen starken Gefühlen oder vor seiner Warnung vor de la Rochelle erschrocken. Sie hatte sich wacker gehalten … und dann hatte sie sich an ihn gedrängt und ihm in Erinnerung gerufen, was er an Addfwyns Grab aufgegeben hatte.
Zu vergessen, wie es war, eine Frau in den Armen zu halten, hatte alles einfacher gemacht. Nun wünschte er, er hätte wieder vergessen können. Doch als das Bild Elspeths, weich und weiblich und voller Verlangen vor sein geistiges Auge trat, barg er sein Gesicht in den Händen. Wie konnte er dies vergessen?
7
Die große Halle war hell erleuchtet. In allen Wandnischen brannten Leuchten. Während der Fastenzeit war diese Fülle nicht angebracht, doch schien kein Mensch daran Anstoß zu nehmen. Wasserspuren machten den Steinboden glitschig. Qualm, der wegen des schlechten Wetters nicht abziehen konnte, hing dicht und erstickend in der Luft.
An der erhöhten Tafel saß Elspeth zwischen Lord de la Rochelle und Fürst Tarran. Sie hätte es vorgezogen, neben Vala an einem der unteren Tische zu sitzen, doch hatte ihr Gastgeber nicht mit sich reden lassen, und sie wollte ihn durch eine Ablehnung nicht erzürnen. Starke Emotionen einzudämmen, erschien ihr als vernünftigste Vorgehensweise.
Fürst Tarran musste zu demselben Schluss gelangt sein. Nichts was er sagte oder tat, ließ auf den Vorfall im Hof schließen, doch zeigte ihr ein Blick, dass ungezügeltes Feuer in seinen Augen brannte. Konnte es denn sein, dass ihre Küsse ihn nicht ungerührt gelassen hatten?
Sie hatte ihn nicht wieder angesehen. Sie bezweifelte, ob sie beim Anblick dieser starken Leidenschaft ihre ohnehin fragile Fassung würde wahren können. Am Nachmittag war ihr erster Versuch misslungen, in die Kammer zu gelangen, in der Rhan, die weise Frau, das Bett hütete. Er hätte glücken können, hätte sie sich nicht von Gedanken an die Küsse des walisischen Fürsten so sehr ablenken lassen, dass sie die im Korridor stehende Frau übersah, die sie dann aus dem Turm gewiesen hatte.
Sie wünschte, sie hätte einen plausiblen Grund gehabt, sich von Lord de la Rochelle, der seine Verführungsversuche fortsetzte, fernzuhalten. Schob sie seine Hände weg, schien es für ihn eine Herausforderung, sie umso dreister zu berühren. Sie tastete nach dem Griff ihres Messers und zog die Hand wieder weg, ehe sie in Versuchung geraten konnte, es in den Baron zu stoßen. Lord de la Rochelles Fingers krochen über ihre Beine. Sie versetzte ihm einen Klaps, und er
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