Die Lady mit der Lanze
Geschichte anzuhören. Glaubt Ihr, dass an der Sage von Llech-lafar mehr dran ist? Ihr nanntet sie ein Ammenmärchen, aber glaubt Ihr, dass ein Fluch sich bewahrheiten kann?«
Sie wollte antworten, als sie merkte, dass der Lord Fürst Tarran angesprochen hatte. Sie hoffte, die zwei Männer würden ihr nun während des Mahles keine Aufmerksamkeit mehr schenken. Die Szene war ihr eine Warnung gewesen. Wenn bekannt wurde, dass König Henry von Irland nach Wales zurückzukehren gedachte, würde die Geschichte von Llech-lafar oft wiederholt werden. Niemand durfte ihre Mission mit dieser Sage in Verbindung bringen.
Sie blickte an den drei Gauklern vorbei, die sich auf den nächsten Teil ihrer Darbietung vorbereiteten, und sah Fürst Tarrans Begleiter an einer der Feuerstellen sitzen. Valas Gesicht war von Müdigkeit und Kummer gezeichnet. Elspeth hatte gehofft, Vala würde während des verregneten Nachmittags Gelegenheit für ein Schläfchen finden, doch als Elspeth von ihrem vereitelten Versuch, mit der weisen Frau der Burg zu sprechen, zurückgekehrt war, hatte Vala mit ihr ein Gespräch angefangen. Keine Andeutung Elspeths hatte die alte Frau ermutigen können, sich zur Ruhe zu begeben.
»Und jetzt«, sagte Lord de la Rochelle mit lautem Auflachen, während seine Hand ihren Schenkel entlangglitt, »planen andere Narren, sich der Flotte anzuschließen, die von Lundy Island aus westwärts zu den Kolonien segelt, die vielleicht gar nicht existieren.«
Sie schob seine Hand fort, und er lachte wieder.
Fürst Tarran erwiderte: »Viele glauben, dass Fürst Madoc eine ferne Insel weit draußen im Ozean erreichte.«
»Auch so eine walisische Legende.« Der Lord gab ein Zeichen, seinen und Fürst Tarrans Humpen neu zu füllen. »Jenseits von Irland gibt es nichts außer einigen Inseln, auf denen sich gesetzlose Nordmänner niederließen, nachdem man sie des Landes verwies.«
»Wer ist Fürst Madoc?«, fragte Elspeth.
Sie hatte erwartet, Fürst Tarran würde antworten, doch es war der Baron, der sagte: »Er ist die neueste walisische Sagengestalt. Er soll das westliche Meer befahren haben, bis er auf ein von einem friedfertigen Volk bewohntes Land stieß. Das ist die Geschichte, die er vergangenes Jahr in die Welt setzte, um ein paar Toren zu bewegen, ihm auf eine neue Westfahrt zu folgen. Jetzt sammeln sie sich auf Lundy Island. Sie fahren an den Rand der See und ins Vergessen. Fürst Madoc wurde vermutlich von seinen Halbbrüdern getötet, um ihn daran zu hindern, Anspruch auf die väterlichen Besitzungen zu erheben.« Er nahm einen tiefen Schluck, ehe er ihr Knie drückte und hinzusetzte: »Wir wollen uns besserer Unterhaltung erfreuen.« Wieder glitten seine Finger ihr Bein entlang.
Als sie ihre Hand auf seine legte, um ihm Einhalt zu gebieten, wurde ihr klar, dass er keine Vernunft annehmen würde. Sie warf einen Blick auf den Ale-Krug auf dem Tisch. Er war mehrmals geleert und nachgefüllt worden. Der Baron musste dem Vollrausch nahe sein. Gelang es ihr, sein Vorhaben so lange zu vereiteln, bis er sternhagelvoll war, konnte sie ihm entrinnen, ohne ihn bewusstlos schlagen zu müssen.
Wie hast du es jahrelang ertragen können, so angefasst zu werden, Mutter? Sie kannte die Antwort, da ihre Eltern oft gesagt hatten, dass man alles tun musste, um den Unterhalt der Familie zu sichern, eine Lehre, die im Kloster insofern eine Wiederholung fand, als jede Lektion mit der Ermahnung verbunden war, dass der Dienst für die Abtei und die Königin Vorrang vor allem anderen hätte.
»Ja, sehr gut«, sagte sie und hoffte, dass die Mittel, die ihrer Mutter geholfen hatten, lüsterne Lords abzuwehren, auch ihr helfen würden.
Fürst Tarran rutschte auf der Bank entlang, sagte aber nichts. Vielleicht war sein Vertrauen zu ihr gewachsen.
Der Lord stand auf und streckte seine Hand aus. »Wenn Ihr mit mir kommen wollt …«
»Wohin denn? Warum genießen wir die Unterhaltung nicht hier?«
»Hier?« Seine Augen wurden rund, dann lachte er. »Ein interessanter Vorschlag.«
»Ich dachte, wir könnten es für alle interessant machen, wenn wir hierbleiben.« Sie verschränkte die Arme auf dem Tisch und lächelte den Gauklern zu. Nun musste sie alles anwenden, was man ihr jemals beigebracht hatte, nicht nur jene Regeln, die sie dem Kloster verdankte. »Meint Ihr nicht auch, Mylord?«
Er spuckte, ehe er antwortete: »Das ist es nicht, was ich mir vorgestellt habe.«
»Nein? Dann braucht Ihr mehr Phantasie, Mylord, wenn mir die
Weitere Kostenlose Bücher