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Die Lady mit der Lanze

Die Lady mit der Lanze

Titel: Die Lady mit der Lanze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyn Kelley
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nicht Gefahr laufen, auch dich sterbend vorzufinden.«

14
    Elspeth sackte zusammen. »Mir war nicht klar … das heißt, ich dachte, Addfwyn wäre tot gewesen, als du sie fandest. Verzeih, Tarran. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie schrecklich es ist, einen geliebten Menschen sterben zu sehen.«
    »Sei froh, dass du es dir nicht vorstellen kannst!« Tarran wollte ihrem Blick nicht begegnen. Schämte er sich seines tief empfundenen Gefühls?
    Tränen füllten ihre Augen. »Du darfst dir nicht länger die Schuld an ihrem Tod geben. Auch wenn du an Addfwyns Seite gesessen hättest, hätte dein Freund einen Weg finden können, sie zu töten.«
    »Wäre ich zur Stelle gewesen, hätte ich ihn abgewehrt.« Der Blick, den er auf seine Wunde warf, war so gleichmütig, als würde der Arm einem anderen gehören. »Addfwyn war keine Kriegerin wie du. Du bist wie Rhiannon, die ihrem Gemahl Pwyll mehr als nur Gefährtin war. Addfwyn ähnelte Blodeuedd, der aus Blumen geschaffenen Schönen.«
    »Aber Blodeuedd war darauf aus, ihren Mann zu betrügen, während Addfwyn das nie getan hätte.«
    Seine Brauen zogen sich zusammen, als er zum ersten Mal ihrem Blick begegnete. »Nein.«
    »Und Rhiannon wurde für ein Verbrechen verurteilt, das sie nicht beging. Vor der Halle ihres Gemahls sitzend, musste sie sich von den Leuten schmähen lassen, die fälschlicherweise glaubten, sie hätte den Tod ihres Sohnes verschuldet. Eure walisischen Frauen besitzen Kraft und Willensstärke. Ihre Ruhmestaten entsprechen jenen der Helden in euren alten Sagen. Warum glaubst du, dass Addfwyn anders war?«
    »Sie war ein sanftes Wesen, unfähig, sich selbst zu schützen.«
    »Wie kannst du dessen so sicher sein? Du sagtest, man hätte an Bradwr ap Glew Blutspuren gesehen. Könnte es nicht sein eigenes gewesen sein?«
    »Wer weiß? Wir waren nicht da. Wenn es so war …«
    »Tarran, ich wollte dich nicht noch mehr belasten.« Der Regen hörte auf, als hätte jemand ein Loch in einem Damm zugestopft, aber sie war so nass, dass ihr bei jeder Bewegung die nassen Sachen am Leib klebten.
    »Nichts könnte meine Last erschweren oder sie mir abnehmen. Sie ist einfach da.«
    »Wirst du sie ablegen können, nachdem du dich gerächt hast?«
    Er stand auf und ging zu der Stelle, wo sein Schwert im Gras lag. Falls er seinen Schmerz zu verbergen suchte, gelang es ihm nicht. Sein ganzer Körper litt unter der Bürde seines Kummers.
    Sie stand auf und wollte Gras und Schmutz von ihrem Kleid abstreifen. Als sie merkte, dass sie alles nur auf dem Stoff verteilte, hielt sie inne. »Lass mich nach deiner Wunde sehen.«
    »Erst muss ich Heliwr rufen.« Er pfiff laut.
    Aus den grauen Wolken herunterstoßend nahm der Falke Gestalt an und flog auf Tarrans hochgereckten Arm zu. Mit einer Eleganz, die jener seines Herrn glich, ließ er sich auf dessen linkem Handgelenk nieder.
    Ein Donnerschlag durchbrach die Stille, die so bedrohlich wirkte wie die Landschaft. Als ein zweites, diesmal fernes Donnergrollen über dem Hügelzug verhallte, fluchte Tarran. »Wenn wir hierbleiben, kann uns ein einziger Blitz zu Asche verglühen lassen.«
    »Unter den stehenden Steinen ist ausreichend Platz.« Sie erschrak, als ein Blitz in das Wasser jenseits der Landzunge fuhr.
    Er bückte sich und hob etwas auf, ehe er ihr folgte. Seinen Falknerhandschuh, wie sie sah, als die Schleusen sich von Neuem öffneten und es wieder in Strömen zu regnen begann. Unter dem massiven Felsblock war es trocken. Sie kniete nieder und lehnte den Stock an einen der als Pfeiler dienenden Steine.
    »Deine Kenntnis der alten Sagen verrät, dass die Lektionen, die Druce dir erteilte, auf fruchtbaren Boden fielen«, sagte Tarran.
    »Diese Sagen sind das Einzige, was uns gemeinsam ist. Du brauchst nicht zu befürchten, dass ich dich hintergehe.«
    »Das war nicht meine Sorge.«
    »Aber du grollst immer, wenn ich sage, dass ich gehe und mit ihm spreche.« Sie streckte die Hand aus. »Lass mich deine Wunde untersuchen.«
    Er entzog ihr seinen Arm. »Meine Sorge ist es, dass er dich hintergeht.«
    »Mich?«
    »Du klingst schockiert.«
    »Das bin ich. Druce hat nur vorgeschlagen, ich solle mehr von euren walisischen Sagen erfahren.« Sie runzelte ärgerlich die Stirn. »Lässt du mich nicht deinen Arm untersuchen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Gleich.«
    »Tarran, er könnte sich entzünden. Lass …«
    »Gleich!« Er stieß sein Schwert in den Boden und legte ihren Stock quer über den Schwertgriff, um den Vogel auf den

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