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Die Lady mit der Lanze

Die Lady mit der Lanze

Titel: Die Lady mit der Lanze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyn Kelley
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Stock zu setzen. Dann nahm er sein Messer und öffnete den Beutel, den er um die Mitte trug. Er brach den toten Hasen auf, schnitt ein Stück ab und überließ es dem Vogel, der sich gierig darüber hermachte.
    »Glücklicher Vogel«, sagte er.
    »Ja, er hätte verwundet werden können, hätte man ihn gerufen, während du angegriffen wurdest.«
    Er sah sie mit dem Ausdruck an, den der Vogel hatte, wenn er mit offensichtlicher Ungeduld auf die Fütterung wartete. Es war eine Mischung aus Verlangen und aus Ärger über jemanden, der zu dumm war, um sich in seine Lage zu versetzen. »Das meine ich nicht.« Er warf dem Vogel wieder ein Stückchen zu, das er gierig verschlang. »Von einem Falken wird nicht erwartet, während der Fastenzeit auf Fleisch zugunsten von getrocknetem und fade schmeckendem Fisch zu verzichten.«
    Sie lachte auf. Hart. So erheiternd war seine Klage nicht, doch das Gefühl, das sich in ihr staute, seitdem sie gesehen hatte, wie Tarran von einem gut geführten Schwert geschlagen worden war, brach sich Bahn. Wenn sie nicht lachte, würde sie weinen.
    Er sah sie erstaunt an, dann galt seine Aufmerksamkeit wieder dem Falken.
    Kaum hatte er sich die Hände am feuchten Gras abgewischt, als sie auch schon sagte: »Jetzt hast du Heliwr gefüttert. Lass mich deine Wunde versorgen.«
    »Du machst zu viel Aufhebens um etwas, das kaum von Bedeutung ist und kaum Folgen hat.«
    »Die Folgen wären groß, wenn der Anblick von Blut mich in Ohnmacht fallen ließe.«
    »Du fällst nicht in Ohnmacht, wenn du Blut siehst.«
    »Nicht beim Blut anderer.« Sie nahm seinen Arm und legte ihn über ihre angezogenen Knie. »Dein Lebensblut den Arm entlangfließen zu sehen, ist anders.« Wieder blitzte es, und sogar die Steine erbebten unter dem Donnerschlag, der über die Hügel hallte.
    »Elspeth, sag nicht solche Sachen.«
    »Schelte mich, wenn du willst, doch gibt es Dinge, über die Ihr nicht gebieten könnt, Fürst Tarran.«
    »Und eines davon bist du?«
    Sie lächelte. »Allmählich begreifst du.«
    Vorsichtig zog sie seinen Ärmel hoch genug, um die frische Wunde freizulegen, die mehr als eine Fingerspanne über der ersten lag. Sie befürchtete, dass sein Arm steif bleiben würde, während der Muskel heilte. Erleichtert sah sie, dass das Blut bereits eintrocknete.
    »Es ist nicht schlimm«, sagte sie, als sie von seinem Ärmel einen Streifen abriss, um die Wunde damit zu verbinden.
    »Das sagte ich doch.«
    Sie lächelte. »Anders als Druce, der alles übertreibt, neigst du dazu, alles abzuschwächen.«
    »Ich ziehe es vor, nicht zu klagen.«
    »Und du klagst nicht sehr gut.« Sie schob den zerrissenen Ärmel ein Stück zurück. »Außer über mich.«
    »Stimmt.«
    Einen kurzen Moment lang glaubte sie ein Lächeln auf seinen angespannten Lippen zu sehen, doch musste das schwache Licht ihr einen Streich gespielt haben. Sie fragte sich, womit man ein echtes Lächeln auf diese Lippen zaubern konnte. Warum fragte sie sich das? Sie kannte die Antwort. Er lächelte, wenn er sie in den Armen hielt. In diesen kurzen Augenblicken war er gewillt, den Griff, mit dem er seinen Kummer festhielt, zu lockern.
    »Du erfährst viel über Druce.« Sein gleichmütiger Ton konnte seine Anspannung nicht überspielen.
    Sie zog den Stoff über den Arm und erwiderte: »Ich erfahre viel mehr über die Sagenwelt dieses Landes. Sicher kennt er auch eine Sage von diesen Steinen hier, die, wie er sagen würde, nicht von Menschenhand bewegt werden können und daher durch Zauberkraft an diesen Ort gelangt sein müssen. Druce glaubt anscheinend, dass die Ereignisse in den Sagen auf Tatsachen beruhen … von jemandem, der behauptet, vom großen Zauberer Merlin abzustammen, nicht anders zu erwarten.«
    »Interessant.«
    »Du scheinst nicht erstaunt.«
    »An Druce und seinem merkwürdigen Begleiter könnte mich nichts erstaunen.«
    Sie schauderte, als sie nach draußen kroch, um ihre blutigen Hände in einer Pfütze außerhalb des schützenden Felsmonuments zu waschen. »Orwig beunruhigt mich.«
    »Weil er nie spricht?«
    »Er scheint dich unausgesetzt zu beobachten.«
    Nun hatte sie ihn überrascht. Als sie sich niederließ und an einen Stein lehnte, fragte er: »Warum sollte er mich beobachten? Ich habe Druce nie bedroht, obwohl ich erwog, ihn in den Fluss zu werfen und ihn im Wasser zu lassen, während wir unseren Weg fortsetzen.«
    Sie lachte und versuchte, die vom Stein ausgehende Kälte zu ignorieren, die ihre Kleidung durchdrang. »Falls du

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