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Die Lady von Milkweed Manor (German Edition)

Die Lady von Milkweed Manor (German Edition)

Titel: Die Lady von Milkweed Manor (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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Tons überraschte sie beide und er setzte sich schweigend wieder hin. Maßlos verlegen über ihren Ausbruch, über das Demütigende der ganzen Situation, starrte Charlotte wie gebannt auf ihre Hände. Trotzdem spürte sie seinen prüfenden Blick.
    Sie holte tief Luft und flüsterte: »Am zweiten Januar.«
    Sie hörte das Kratzen des Federkiels.
    »Smith. Ist das Ihr … Familienname seit der Heirat?«
    Sie schluckte. Die Demütigung war unerträglich. Dieser Mann hatte sie einmal verehrt, da war sie ganz sicher. Falls er sie überhaupt noch erkannte, dankte er Gott jetzt sicherlich dafür, dass ihr Vater ihn damals so rücksichtslos entmutigt hatte. Und sie konnte ihm keinen Vorwurf daraus machen. »Ich bin … nicht … verheiratet.«
    Dr. Taylor zögerte, die Augen noch immer auf den Papierbogen vor sich gerichtet, doch dann legte er den Federhalter nieder. Er sah sie an. Die professionelle Fassade war verschwunden, sein Gesicht voller Mitgefühl.
    »Guter Gott, Charlotte, was um alles in der Welt tun Sie hier?«
    Charlotte seufzte. »Das ist doch wohl leider nur allzu offensichtlich.«
    Er zuckte zusammen. »Vergeben Sie mir. Ich meinte nur, dass dies kein Ort für Sie ist, für ein Mädchen mit Ihrer Herkunft, Ihren Verbindungen.«
    Sie öffnete den Mund, doch die Worte, »ich habe weder das eine noch das andere mehr«, wollten ihr nicht über die Lippen. In ihrer Brust hatte sich ein heißer Knoten gebildet, in ihren Augen standen Tränen. Sie biss sich auf die Lippen in dem Versuch, die Selbstbeherrschung wiederzuerlangen. Sie wollte auf keinen Fall Mitleid.
    »So schlimm ist es also?«
    Sie biss sich erneut auf die Lippen, aber sie nickte nur.
    »Es tut mir sehr leid, das zu hören. Ich nehme an, Ihr Vater als Geistlicher hat es sehr schwer genommen.«
    Wieder nickte sie.
    »Jeder von uns hat schon einmal einen großen Fehler gemacht. Alle Schafe gehen einmal in die Irre.«
    Sie konnte ihn nur wortlos ansehen.
    »Wie Sie sich vielleicht erinnern werden, habe ich einen Vorgeschmack der Missbilligung zu spüren bekommen, zu der Ihr Vater fähig ist. Ich möchte bestimmt nicht despektierlich sein, aber ich wünsche das niemandem, am allerwenigsten Ihnen.«
    Es gelang ihr, unter Tränen zu lächeln.
    »Ich möchte nicht in Sie dringen, aber ich nehme an, dass jeder nur mögliche Versuch unternommen wurde, ein Arrangement zu treffen, die Verantwortlichkeit zu regeln oder eine Entschädigung sicherzustellen?«
    »Bitte. Man kann nichts tun, und selbst wenn, möchte ich es nicht.«
    »Aber es gibt in einem solchen Fall gerichtliche Mittel, wenn der Mann …«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Sie behaupten also, dass Ihnen kein Unrecht angetan wurde?«
    Sie schloss die Augen vor der Scham, die sie über die eigene Antwort empfand. »Ich kann nicht.«
    »Aber auch wenn Sie Mitverantwortung tragen, gibt es Möglichkeiten, Ihnen Unterstützung zu sichern.«
    »Bitte. Ich möchte nicht mehr darüber reden. Sie dürfen sicher sein, dass mein Vater und mein Onkel, der selbst Anwalt ist, diese Dinge mit mir besprochen haben. Erschöpfend besprochen haben.«
    »Es tut mir leid.«
    »Alle haben mich gedrängt, ja angefleht, den Namen des Mannes zu nennen, damit sie ihn unter Druck setzen können.«
    »Sie haben ihnen nicht gesagt, wer der Mann ist?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Aber warum denn nicht?«
    »Weil es mir und meinem Kind absolut nichts nützen … und anderen nur schaden würde.«
    »Er ist also verheiratet?«
    Sie schluckte. »Inzwischen ja.«
    »Miss Lamb – Charlotte. Haben Sie bedacht –«
    »Mr Taylor, verzeihen Sie, Dr. Taylor, aber ich habe Ihnen schon sehr viel mehr gesagt, als ich sollte. Mehr, als ich irgendjemand anderem gesagt habe.« Sie sah ihn kurz an, dann senkte sie den Blick wieder auf ihre Hände. »Sie hatten schon immer diese Wirkung auf mich.«
    »Sie gesprächig zu machen? Inzwischen habe ich eine völlig andere Wirkung auf junge Frauen.«
    Sie lächelte trotz ihres Kummers. »Dann lassen Sie uns nicht mehr darüber sprechen. Aber ich weiß Ihre Fürsorge zu schätzen.«
    »Nun gut.« Er räusperte sich. »Ich muss Sie noch untersuchen.«
    »Ja«, murmelte sie und spürte, dass ihr Herz wieder zu klopfen begann.
    »Zuerst muss ich Ihnen ein paar Fragen über Ihre gesundheitliche Vorgeschichte und dergleichen stellen.«
    »Gut.«
    »Wenn ich mich recht erinnere, waren Sie ein sehr gesundes Mädchen. Hatten Sie seither irgendwelche gesundheitlichen Probleme? Krankheiten, ernsthafte

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