Die Lady von Milkweed Manor (German Edition)
denke nur an Anne und daran, was das Beste für sie ist.«
»Was das Beste für Anne ist … oder für Sie?«
Das hatte wehgetan.
Er seufzte. »Ich meine nur – wenn Sie uns verlassen möchten, dann sagen Sie es doch einfach.«
»Ich möchte Sie nicht verlassen, aber ich möchte auch nicht, dass Sie sich mir verpflichtet fühlen. Sie müssen auch an Annes Zukunft denken und sollten Annes Interessen absoluten Vorrang einräumen.«
»Das habe ich getan. Ich glaube, dass Sie, Miss Lamb, Annes Interessen am besten dienen.«
Sie neigte den Kopf. »Danke.«
»Aber …«
Sie blickte auf. Er betrachtete sie mit einer solchen Eindringlichkeit, dass sie am liebsten wieder weggeschaut hätte. »Es gibt noch eine andere Position, die ich Ihnen gern anbieten würde. Wenn Sie sie haben möchten.«
Als sie die Sehnsucht, die Angst und die Leidenschaft in seinen Augen sah, wurde ihr mit einem Mal klar, was er meinte. Was war sie die letzten Monate doch für eine Närrin gewesen. Er wollte sie, so wie ein Mann eine Frau will.
Er stand auf, ging um den Schreibtisch herum, an ihr vorbei und schloss die Tür. Dann blieb er still neben ihr stehen.
»Sie könnten meine Frau werden.«
Um Annes willen, um ihretwillen und um seinetwillen wollte er sie heiraten, obwohl er noch nicht über den Tod seiner Frau hinweggekommen war. Eigentlich hätte sie erleichtert sein sollen, ja sogar glücklich, doch sie war es nicht. Und als sie plötzlich von Angst gepackt wurde, von dem irrationalen Wunsch, sich umzudrehen und zu fliehen, wusste sie auch, warum.
»Was ist denn?«, fragte er, als er in ihrem Gesicht nicht die Reaktion sah, die er sich erhofft hatte. »Liegt Ihnen nichts an mir? Können Sie mich nicht achten? Oder ist die Zustimmung Ihres Vaters noch immer so wichtig für Sie?«
»Natürlich nicht. Ich habe es schon vor langer Zeit aufgegeben, die Zustimmung meines Vaters zu gewinnen. Und meine Achtung vor Ihnen könnte gar nicht höher sein.«
»Warum zögern Sie dann? Ich weiß wohl, dass mein Angebot zu früh kommt, um schicklich zu sein, aber ich dachte, unter den gegebenen Umständen …«
»Sie erweisen mir eine große Ehre, Mr Taylor. Aber …« Sie hielt inne und holte tief Luft. »Sehen Sie, solange ich mir selbst sagen kann, dass ich gar nicht die Möglichkeit habe, meinen Sohn selbst großzuziehen, kann ich es ertragen, dass er nicht bei mir ist. Ich kann mich damit trösten, dass er es so besser hat, dass ich ja kaum für mich selbst sorgen kann, geschweige denn für einen anderen Menschen. Doch wenn meine Situation sich plötzlich ändern würde … wenn ich in einer Position wäre, in der ich für ihn sorgen könnte … und ihn … trotzdem nicht bei mir haben könnte … das könnte ich nicht ertragen. Verstehen Sie das?«
»Ich glaube nicht … Wollen Sie damit sagen, dass Sie allein bleiben müssen, um seinen Verlust ertragen zu können?«
Sie schluckte. »Ja.«
»Würde die Unterstützung eines anderen Menschen Ihnen den Verlust denn nicht vielmehr leichter machen? Oder die Möglichkeit, eines Tages ein weiteres Kind zu bekommen?«
»Daran kann ich nicht einmal denken. Er ist nicht ersetzbar.«
»Natürlich nicht. Aber trotzdem – Sie wären weniger einsam, oder nicht?«
»Vielleicht. Aber ich möchte ihn immer noch zurückhaben. Ich sehne mich unaufhörlich nach ihm.«
»Vielleicht können wir ja etwas tun. Ihr Onkel ist doch Anwalt. Vielleicht …«
»Nein. Ich habe mein Wort gegeben.«
»Ja, aber Sie waren verzweifelt, völlig außer sich. Sie glaubten, keine andere Wahl zu haben. Jetzt haben Sie eine.«
»Auch wenn meine Lebensumstände sich ändern, habe ich keine andere Wahl.«
»Doch, das haben Sie. Sie haben erst vor Kurzem ein Kind zur Welt gebracht. Die Psyche einer Mutter, ihre Nerven, ihr Geist, sind anders und reagieren anders, das wissen wir alle.«
»Aber ich wusste sehr gut, was ich tat. So schrecklich es auch war.«
»Ja … damals. Aber jetzt …«
»Ich habe mein Wort gegeben.«
Er öffnete den Mund, als wollte er noch etwas sagen, doch dann schloss er ihn wieder. Seinem Gesicht, seiner ganzen Haltung war die tiefe Enttäuschung deutlich anzumerken.
»Wie auch immer, ich könnte es Edmund nicht antun. Es wäre grausam, seine Welt, sein ganzes Verständnis seiner Selbst so zu zerstören. Das kann ich nicht tun. Das will ich nicht tun.«
Sie sah Daniel an und spürte, wie ihr die Tränen kamen. Langsam schüttelte sie den Kopf. »Ich kann es nicht.«
Machte sie vielleicht
Weitere Kostenlose Bücher