Die Lady von Milkweed Manor (German Edition)
einen furchtbaren Fehler? Sie erinnerte sich daran, wie traurig sie gewesen war, als sie merkte, dass sie ihr Leben immer wieder von den Umständen und den Wünschen anderer bestimmen ließ. Doch diesmal hatte sie eine eigene Entscheidung getroffen. Sie hatte den einzigen Heiratsantrag abgelehnt, den sie je erhalten hatte und jemals erhalten würde. Doch sie hatte auch die einzige Entscheidung getroffen, die sie im Moment treffen konnte. Sie hatte sich entschieden, auf dem einmal eingeschlagenen Weg zu bleiben.
Sie konnte nur hoffen, dass das Schicksal in den kommenden Monaten und Jahren ihr recht geben würde.
Teil III
Es ist auf jeden Fall besser zu sterben, wenn der Sommer vorüber ist und alle hellen, heiteren Dinge dahinschwinden.
Thomas Haynes Bayly, I'd be a butterfly
Die Monarchfalter sind in Großbritannien nicht beheimatet,
doch im Süden des Landes kann man jedes Jahr einzelnen Exemplaren begegnen.
Journey North
33
Der Schmetterling steht auf der ganzen Welt im Mittelpunkt
vieler abergläubischer Überzeugungen.
In manchen Gebieten Deutschlands wird er ›Milchdieb‹ genannt.
Anatoly Liberman, The Oxford Etymologist
Zwei Jahre waren vergangen, seit Charlotte mit den Taylors nach London zurückgekehrt war.
Langsam wanderte sie die Kopfsteinpflasterstraße zum alten Manor House in der Store Street hinauf. Milkweed Manor , dachte sie ironisch an den Spitznamen, unter dem die Einrichtung bekannt war. Sie konnte kaum glauben, dass es nun schon über drei Jahre her war, seit sie diesen Weg zum ersten Mal gegangen war, ihr Kind noch in ihrem Leib. Heute war ein kalter Herbsttag und unter Charlottes Wollcape zeichnete sich ein kleiner Wulst ab, fast so wie damals.
Sie klopfte nicht an die Vordertür, sondern ging außen herum und betrat das Haus durch die Gartentür. Gibbs blickte von ihrem Schreibtisch auf, als sie hereinkam, und sah dann fragend auf ihre gerundete Mitte.
Charlotte zog ihre prall gefüllte Börse unter dem Cape hervor.
»In dieser Gegend sollte man lieber nicht mit einem für alle sichtbaren Geldbeutel herumlaufen«, sagte sie.
Gibbs schenkte ihr eines ihrer seltenen Lächeln. »Schön, Sie zu sehen, Miss Charlotte. Sally wartet schon auf Sie.«
»Charlotte! Da bist du ja!«, rief Sally, die gerade den Gang entlangkam. »Und ganz pünktlich.«
»Missy!«, rief Anne Taylor fröhlich. Das kleine Mädchen, das jetzt fast drei Jahre alt war, ließ Sallys Hand los, lief zu Charlotte hin und schlang seine Arme um ihre Beine.
Charlotte beugte sich hinunter und umarmte sie. »Du meine Güte, ich war doch gerade mal eine Stunde weg!« Sie blickte zu ihrer Freundin hoch. »Danke, dass du auf sie aufgepasst hast.«
»Es war mir ein Vergnügen.«
»Wie stellt sich das neue Mädchen an?«
»Die Rothaarige?«
»Ja – Meg.«
»Ich glaube, sie hat den Bogen jetzt raus. Stillt ihr Kleines, als hätte sie nie etwas anderes getan. Sie sagt, du seist eine gute Lehrerin.«
»Gut. Ich werde sie morgen besuchen.«
»Und wie ist es dir beim Einkaufen ergangen?«, fragte Sally.
»Ich habe ein paar hübsche Sachen für ein Mädchen gefunden, das viel zu schnell wächst.«
»Ich will sehen!«, schrie Anne.
»Du darfst sie sehen, aber wir warten, bis wir zu Hause sind, in Ordnung?«
»Ist Großvater zu Hause?«
»Ich glaube schon.«
»Dann wollen wir gleich gehen. Komm!«
»Noch einen Augenblick …«
»Ist schon gut, Miss Charlotte, geh nur. Thomas hat in ein paar Minuten frei, dann gehen wir auch nach Hause.«
»Wie geht es Thomas?«
Sally lächelte mit strahlenden Augen. »Wunderbar, aber das weißt du ja. Er ist glücklich, für Dr. Taylor arbeiten zu dürfen. Und er ist glücklich mit mir.« Sie seufzte. »Ich habe mir nie träumen lassen, einen solchen Ehemann zu finden, ich wusste nicht, dass es so was überhaupt gibt. Und Dickie ist er ein wunderbarer Vater.«
»Ich freue mich so für dich, Sally.«
»Das habe ich allein dir zu verdanken.«
Charlotte schüttelte entschieden den Kopf. »Ich habe euch nur bekannt gemacht.«
»Trotzdem fühle ich mich schuldig, Miss Charlotte. Du wärst eigentlich vor mir dran gewesen. Ich denke immer …«
»Ach, Sally, du sollst dir doch keine Sorgen um mich machen.«
Anne hob die Ärmchen hoch, sie wollte auf den Arm.
»Es geht mir gut. Es geht uns gut.« Charlotte nahm Annes Hand und legte ihre andere Hand auf Annes Köpfchen. »Das stimmt doch, mein Püppchen, oder?«
Charlotte präsidierte im Esszimmer des Stadthauses der Taylors am
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