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Die Lady von Milkweed Manor (German Edition)

Die Lady von Milkweed Manor (German Edition)

Titel: Die Lady von Milkweed Manor (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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musste, wie sie ihren Sohn dazu brachte, sein Mündchen zu öffnen, und wie sie ihre Brust zusammendrücken sollte, damit er die Brustwarze besser in den Mund nehmen konnte, war sie zutiefst erleichtert, dass sonst niemand im Raum war und dass sie zum Schluss doch noch ein eigenes Zimmer bekommen hatte.
    Gerade kam ihr der Gedanke, dass ihr Beharren darauf, ihr Kind selbst zu stillen, vielleicht doch nicht so klug gewesen war, da – Wunder über Wunder – packten die kleinen Lippen kräftig zu und der Kleine begann gierig zu saugen. Offenbar hatten sie es beide gleichzeitig begriffen. Charlotte kicherte vor Erleichterung und Befriedigung und Sally lächelte ihr zu.
    »Genau so – so ist es richtig. Bald bist du ein alter Hase, so wie ich.«
    Charlotte öffnete schon den Mund, um zu sagen, dass sie nicht vorhabe, eine erfahrene Amme zu werden, doch sie besann sich eines anderen. Stattdessen lächelte sie Sally dankbar an.
    »Du warst mir eine große Hilfe. Uns.«
    Uns … die kleine Silbe war ein unerwarteter Trost für ihre Seele. Sie, die ihre ganze Familie verloren hatte, hatte jetzt eine eigene Familie. Bei diesem Gedanken begann die Erinnerung an die Schmerzen der Geburt noch schneller zu verblassen.
    »Ich sollte jetzt besser auf die Station zurück. Bitte sag mir, wenn du noch irgendwelche Probleme hast, Miss Charlotte.«
    »Ich danke dir.«
    Sally ging hinaus und zog leise die Tür hinter sich zu.
    Charlotte schloss die Augen. »Danke«, murmelte sie, aber sie meinte nicht mehr Sally.
    Ihr Sohn trank noch ein paar Minuten, seine zartrosige Haut und seine roten Lippen dicht an ihrem weißen Busen. Seine Händchen, die er zu Fäusten geballt hatte, öffneten sich entspannt. Mit geschlossenen Augen schlief er ein, den Mund noch halb geöffnet mit einem zufriedenen Seufzer.
    »Genauso geht es mir auch«, flüsterte sie und zog ihn dicht an sich. Sie beugte sich über ihn, küsste seine Stirn mit dem daunenfeinen braunen Haar und betrachtete sein Profil. Er sah seinem Vater so ähnlich. War es möglich, dass ein Säugling einem Mann ähnelte, oder bildete sie sich das nur ein?
    »Unter anderen Umständen hätte ich dich nach ihm genannt. Aber so …«
    Tränen stiegen ihr in die Augen und obwohl sie sie schloss, drangen sie in heißen, feuchten Strömen unter ihren Lidern hervor, liefen ihr über die Wangen und sammelten sich unter ihrem Kinn.
    Oh, lieber Gott , bat sie stumm. Bitte, bitte zeig mir einen Weg. Ich weiß, dass ich deine Barmherzigkeit nicht verdiene, aber der Kleine hier verdient sie. Bitte wache über ihn. Bitte zeige mir, wie ich für ihn sorgen kann – ihm den Weg ins Leben ebnen kann. Ohne dich vermag ich es nicht. Bitte, zeig mir einen Weg.

    Daniel hatte einen Platz in der Nähe einer kleinen Runde von Gentlemen gefunden. Der Klub war gut besucht heute Abend. Er hatte sich hier mit dem Sekretär des Heims für ledige Mütter getroffen, um über den Rückgang der Spendeneingänge in den letzten sechs Monaten zu reden und mögliche Sparmaßnahmen zu besprechen – eines der Themen, die er am wenigsten liebte. Der Mann hatte sich soeben verabschiedet und Daniel trank gerade seinen Tee aus. Er genoss den Klang der tiefen Männerstimmen im Hintergrund, das beruhigende Summen der Unterhaltungen um ihn herum, an denen er selbst keinen Anteil hatte.
    »Wie geht es Ihrer Frau, Harris?«, fragte jemand. Die Stimme klang vertraut.
    Daniel blickte auf. Charles Harris musste während seiner Unterhaltung mit dem Sekretär hereingekommen sein, jedenfalls hatte er ihn vorher nicht bemerkt. Er saß mit einigen Männern zusammen und unterhielt sich mit Lester Dawes, einem Arzt, der ein Jahr vor Daniel seinen Abschluss an der Universität von Edinburgh gemacht hatte und den er flüchtig kannte.
    »Katherine ist … nun, wie formuliert man das heutzutage auf diskrete Weise? Guter Hoffnung?«
    »Sie beide sind jetzt wie lange verheiratet? Acht Monate? Neun?«, sagte Dawes. »Da hat aber jemand keine Zeit verschwendet.«
    Harris, vielleicht in der Hoffnung, die Aufmerksamkeit von sich abzulenken, sah sich in dem schmalen Raum um und begegnete Daniels Blick. »Und Sie, Taylor, wie geht es ihrer hübschen französischen Frau, von der ich gehört habe?«
    Daniel erschrak, als sich die vielen dunklen und silbernen Köpfe zu ihm umwandten. Er schluckte. »Gut, danke sehr.«
    »Ich fange allmählich an zu glauben, dass Mrs Taylor nur ein Geschöpf der Fantasie unseres lieben Freundes ist.« Dawes lächelte

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