Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lady von Milkweed Manor (German Edition)

Die Lady von Milkweed Manor (German Edition)

Titel: Die Lady von Milkweed Manor (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
Vom Netzwerk:
Bekannter herausgefunden hätte, dass Charlotte eine Stellung als Amme hatte. Wer war es also gewesen? Und wie sollte sie jetzt noch die Bitte ihrer Tante erfüllen und diese Tatsache geheim halten?
    Der Kutscher half ihrer Cousine beim Aussteigen. Da stand sie in einem vornehmen langen Umhang und prächtigem Federhut. Hatte sie – oh lieber Gott im Himmel – hatte Katherine ihren Sohn mitgebracht? Ihren Edmund? Wie sollte sie nur ihre Gefühle verbergen?
    Hinter Katherine stieg eine zweite Frau aus, ebenfalls gestützt von der Hand des Kutschers. Sie war sehr viel hochgewachsener und wesentlich schlichter gekleidet. Sally! Sally – hier, jetzt? Charlotte war freudig erregt und zugleich zu Tode erschrocken.
    Sally wird wissen, dass Anne nicht mein Kind ist.
    Dieser Gedanke ließ Charlotte handeln.
    Eilig legte sie die friedliche kleine Anne in ihre Wiege im Gästezimmer und atmete erleichtert auf, als sie nicht anfing zu weinen. Dann öffnete sie rasch die Vordertür und trat auf den Weg hinaus, ohne abzuwarten, bis der Besuch klopfte.
    »Lady Katherine! Was für eine schöne Überraschung!«
    Die beiden Frauen, die noch neben der großen Kutsche standen, drehten sich um und sahen sie an. Sally setzte sich als Erste in Bewegung. Spontan reichte sie Katherine das Bündel, das sie im Arm hielt, und lief mit ausgestreckten Armen auf Charlotte zu, ein strahlendes, ihre unregelmäßigen Zähne entblößendes Lächeln auf dem schmalen Gesicht.
    »Du meine Güte, Charlotte! Ich wusste nicht, dass wir dich besuchen!«
    Sally schlang die Arme um sie und drückte sie fest an sich.
    Charlotte nutzte die Gelegenheit, ihr zuzuflüstern: »Sally, bitte, sag kein Wort von … meinem Sohn. Ich habe ein Baby hier, ein Mädchen. Bitte sag nichts. Sie denken alle, es sei meins.«
    »Aber … ich verstehe nicht …«
    »Bitte! Ich erkläre es dir, sobald ich kann.«
    »Also ich würde sagen, ihr beiden habt euch noch nie gesehen«, sagte Katherine trocken. Charlotte und Sally ließen sich los. Katherine sah sie forschend an.
    »Sally und ich kennen uns aus London.«
    »Ach?«
    Charlotte holte tief Luft. »Ja. Sie arbeitete in der Wöchnerinnenklinik, in der ich … meine Schwangerschaft verlebte.«
    Katherine schüttelte den Kopf, ihre Lippen kräuselten sich. Charlotte schlug den Blick nieder.
    »Also dein Vater …«, grollte Katherine. Charlotte hob angesichts dieser unerwarteten Erwiderung den Blick. »Meine liebe Cousine …« – Katherine zog eine Braue hoch – »lädst du uns nun zum Tee ein oder nicht? Ich möchte dir endlich meinen Sohn vorführen.«
    Charlotte warf einen schnellen Blick auf das Bündel in Katherines Armen, dessen Anblick sie bis jetzt gemieden hatte.
    »Natürlich! Verzeih mir. Bitte, kommt herein.«
    Als alle im Haus waren, übernahm Charlotte die Vorstellung. »Das ist Margaret Dunweedy, meine Großtante mütterlicherseits. Und das ist Lady Katherine, meine Cousine väterlicherseits.«
    »Und das ist mein Sohn«, fügte Katherine hinzu. »Der kleine Edmund Harris.«
    »Er ist wunderhübsch«, sagte Mrs Dunweedy bewundernd. »Wie alt ist er denn?«
    »Er kam im Oktober zur Welt, am …«, Katherine überlegte einen Augenblick.
    Charlotte, die das Baby anstarrte, flüsterte. »Am zweiten …«
    Katherine sah sie verwirrt an. »Am siebten.«
    »Also sechs Monate alt«, warf Margaret rasch ein und lächelte erst die eine und dann die andere an.
    »Und das …?« Margaret nickte zu Sally hinüber.
    »Ach ja.« Katherine machte eine herablassende Geste. »Das ist Edmunds Amme.«
    »Sally Mitchell«, stellte Sally sich mit einem freundlichen Lächeln vor.
    Katherine setzte sich in einen der prall gepolsterten Sessel, deren Bezüge schon ziemlich verschlissen waren. Edmund saß auf ihrem Schoß. Sie drehte sich ein bisschen zur Seite, damit sie Edmund von seiner Schokoladenseite zeigen konnte. »Was sagst du zu ihm, Charlotte? Ist er nicht einfach vollkommen?«
    Charlotte schluckte. Ihre Augen saugten das noch immer so vertraute Gesichtchen förmlich auf – die Stupsnase, die Falte zwischen den zarten Brauen. Und doch, wie sehr hatte er sich verändert! Er konnte jetzt sitzen, jedenfalls mit ein wenig Hilfestellung. Seine Wangen waren runder, seine engstehenden, ernsten Augen blickten wacher drein. Ihr tat das Herz weh. Ihre Arme schmerzten vor Sehnsucht, ihn in den Arm zu nehmen.
    »Ja, vollkommen«, murmelte sie und zwang sich zu einem Lächeln. Edmund schenkte ihr daraufhin ebenfalls ein zahnloses Lächeln

Weitere Kostenlose Bücher