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Die Lagune Der Flamingos

Die Lagune Der Flamingos

Titel: Die Lagune Der Flamingos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofia Caspari
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aufgerissenen Augen.
    »Klar.«
    Er beugte sich zu ihr hinunter und küsste sie, und für Marlena war es, als stürzten alle Sterne zu ihr auf die Erde und überstrahlten sie mit ihrem Glanz.
    Als Marlena in dieser Nacht nach Hause kam, waren ihre Eltern außer sich, aber das war ihr gleichgültig. Auch den sofort verhängten einwöchigen Stubenarrest nahm sie gelassen hin. Sie würde ohnehin Ruhe brauchen, um den Artikel zu schreiben. Sie konnte keine Zeit damit vertun, draußen herumzulaufen oder irgendwelchen gesellschaftlichen Verpflichtungen nachzugehen. Marlena legte sich ins Bett, aber das Erlebte wollte ihr nicht aus dem Kopf gehen. John ebenso wenig. Und ihr fiel ein, dass er ihr eigentlich nicht wirklich gesagt hatte, warum er nach Argentinien gekommen war. Wieso eigentlich nicht?
    Marlena konnte sich des Gedankens nicht erwehren, dass er ihr etwas verschwieg.

Zwölftes Kapitel
    Manchmal wachte John auf von den Schüssen, die in seinem Kopf widerhallten. Manchmal wachte er auf und war in Schweiß gebadet. Manchmal wachte er auf und war immer noch auf der Flucht. Dann sah er hohe, feuchte Mauern vor sich emporwachsen und wusste, dass er nie wieder frei sein würde. Ja, man konnte tatsächlich erfolgreich flüchten und doch nie wieder frei sein.
    Um sich zu retten, hatte er das Leben opfern müssen, das er hatte retten wollen. Er hatte seine Aufgabe nicht erfüllt. Er hatte versagt. Der Johann Hofer, der in Argentinien angekommen war, war nicht mehr der, der Deutschland verlassen hatte. Er selbst konnte sich kaum noch an den unbeschwerten, lebenslustigen Kerl erinnern, der in Deutschland gelebt und so viele Pläne gehabt hatte. Das Einzige, was er wusste, war, dass er entsetzlich viel falsch gemacht hatte. Und mit diesen Fehlern würde er sein ganzes restliches Leben lang leben müssen. Noch nicht einmal in Gesprächen konnte er sich Erleichterung verschaffen. Es gab ja keinen, dem er davon erzählen konnte, denn er schämte sich der Ereignisse zu sehr.
    Ich bin ein Feigling, schoss es ihm durch den Kopf. Im wichtigsten Moment meines Lebens hat sich gezeigt, dass ich ein Feigling bin. Armer Maxim, arme Elsbeth.
    In seiner Erinnerung hörte er plötzlich wieder das Geräusch einer Eisenbahn. Maxim war in Arrest genommen worden, weil er sich gegen den Kaiser ausgesprochen hatte. Der Plan war gewesen, dass sie, nachdem er Maxim aus dem Gewahrsam befreit hatte, auf den Waggon aufspringen würden. Aber etwas war schiefgelaufen. Da waren unerwartet Soldaten gewesen, und er hatte zu viel Angst gehabt. Und jetzt sah er sich wieder rennen, sah sich aufspringen, sah Maxim, der zurückblieb, sah sein Gesicht, seine Augen, vor Entsetzen weit aufgerissen, kurz bevor die Soldaten den Freund erreichten.
    Und er? Er war nicht mehr zurückgekehrt, noch nicht einmal, um Maxims junge Frau Elsbeth davon in Kenntnis zu setzen, was geschehen war. Sie würde ja ohnehin erfahren, dass man ihren Mann gefasst hatte. Irgendjemand, hatte er sich in seiner Panik versichert, würde ihr gewiss erzählen, dass Maxim nicht zurückkehrte. Dazu brauchte man ihn nicht. Später, als er nüchterner hatte denken können, hatte er manches Mal einen Brief an sie aufgesetzt, um sich zu erklären. Doch er hatte ihn nicht zu Ende geschrieben. Er hatte sich gesagt, dass er ja gar nicht wusste, wie er sie erreichen sollte.
    Und war eine solche Entschuldigung, eine solche schriftliche Bitte um Verzeihung nicht ohnehin unendlich fad? Nein, so würde es nicht gehen, und deshalb ließ er es ganz.
    Auch in dieser Nacht war er nass geschwitzt aus dem Schlaf gefahren. Jetzt fröstelte er. Rasch schlüpfte er aus dem Hemd, zog sich ein frisches über und dann noch den Poncho. Er hatte den Poncho sehr bald als ein praktisches Kleidungsstück erkannt. Er lief zum Fenster und betrachtete gedankenverloren den Sonnenaufgang. Etwas später klopfte es leise an der Tür seines Verschlags. Auf nackten Sohlen, immer noch mit zerzaustem Haar und unrasiert, trat er heran und öffnete. Marlena stand da, eine junge Frau auf dem Weg zum Erwachsensein, entzückend anzusehen in ihrem dunkelblauen Mantel.
    »Oh, du hast noch geschlafen … Ich bin ja auch viel zu früh. Ich … äh … ich komme später wieder …«
    »Bleib, Marlena. Ich habe nicht mehr geschlafen.« Er streckte die Hand nach ihrem Arm aus, um sie hereinzuziehen. Sie konnte ihn offenbar nicht ansehen. »Wie viel Uhr ist es?«, fragte er sie.
    »Sieben.« Jetzt sah sie zu ihm auf. »Ich habe die ganze Nacht

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