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Die Lagune Der Flamingos

Die Lagune Der Flamingos

Titel: Die Lagune Der Flamingos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofia Caspari
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auch Lorenz Adieu gesagt, der erleichtert gewirkt hatte. Was auch immer Lorenz jetzt tat, es sollte ihm gleich sein. Auch von Elias hatte er sich verabschiedet. Seine Nachforschungen hatten nichts Greifbares gebracht, und keine Rache der Welt konnte den Schmerz lindern, der in ihm brannte. Tod brachte Tod, nicht mehr, Elias hatte das immer gewusst und hätte sicherlich niemals nach Rache gerufen.
    Als Eduard beschloss, den alten Freund ruhen zu lassen, fühlte er sich zum ersten Mal versöhnt mit der Vergangenheit. Er wollte Elias niemals vergessen, dabei würde es bleiben, und das war gut so.
    Eduard besuchte auch Monica noch einmal vor der Abreise. Sie empfing ihn mit einem bezaubernden Lachen.
    »Ich hoffe«, sagte sie, »du kommst dieses Mal vor Jahresende zurück.«
    Er hatte ihr keine Antwort gegeben. Noch einmal schliefen sie miteinander.
    Eduard gähnte. Dann ging er zum Tisch, um die Lampe zu löschen. Unwillkürlich fiel sein Blick auf die Daguerreotypie, die dort lag. Er hatte sich noch nicht überwinden können, sie einzupacken. Sie zeigte Annelie, Mina und ihn an einem der seltenen Tage, an denen sie gemeinsam einen Ausflug unternommen hatten. Annelie stand neben ihm und blickte ernst drein. Mina saß auf einem Stuhl im Bildvordergrund und lächelte. Eduard selbst hatte die Schultern zurückgenommen und die Brust herausgestreckt, was ihm jetzt ein wenig albern vorkam. Langsam streckte er die Hand aus. Mit dem kleinen Finger strich er sanft über Annelies Gesicht.

Zwanzigstes Kapitel
    Die Mole schwankte unter Franks Füßen. Kurz bevor das kleine Boot, das ihn wieder einmal nach Buenos Aires führte, am Steg anlegte, hatte es angefangen zu stürmen und zu regnen, was den Wechsel vom Wasser auf das Land sehr unangenehm gemacht hatte. Inzwischen hatte ein Sturm aus Südwest angehoben, wahrscheinlich ein pampero , der die Mole zittern und beben ließ, als sei sie aus Pappe.
    Auch dieses Mal war Frank mit der Compagnie Platense aus Montevideo gekommen. Auch wenn ihm die Lebenserfahrung manchmal anderes ins Ohr flüsterte, so wollte er doch daran glauben, dass er Mina wiederfinden konnte. Letztes Jahr hatte er es nicht zur Plaza de la Victoria geschafft, aber sie hatten sich ja geschworen, dass sie beide in jedem Jahr dorthin kommen würden, bis sie wieder beisammen sein würden.
    Nein, Mina war nicht tot, sie war nicht in diesem Haus dort verbrannt. Er fühlte es, vollkommen ungeachtet dessen, was seine Mutter ihm gesagt hatte. Wenn Philipp … Wenn er überlebt hatte, dann durfte und konnte Mina nicht tot sein. Das würde Gott nicht zulassen, niemals.
    Frank schauderte kurz, als er an Philipps entstelltes Gesicht dachte. Man vermutete, dass es einen Überfall gegeben hatte, doch nachdem man den jungen Amborn mühevoll ins Leben zurückgepflegt hatte, konnte der sich an nichts erinnern. So hatte es Frank jedenfalls von seiner Mutter gehört.
    In New York hatte er sogar als Vormann gearbeitet. Er hatte mit dem Gedanken gespielt, selbst ins Baugeschäft einzusteigen, doch Wallace hatte ihn vor ungeahnten Gefahren gewarnt. Manchmal, so Wallace, wurden Konkurrenten einfach aus dem Weg geräumt. Wenn man Glück hatte, konnte die Leiche dann noch aus dem Hudson gefischt werden, sodass die Familie wenigstens etwas zum Beerdigen hatte. Auch die aufstrebende Stadt New York war kein Platz für Schwächlinge.
    Der gute alte Wallace. Frank seufzte. Im letzten Jahr hatte er Wallace pflegen müssen. Der alte Freund hatte sich auf einer Baustelle eine Verletzung zugezogen, die sich entzündete, was schlussendlich zu seinem Tod geführt hatte. Mehr als einmal hatte Wallace ihn zwischen den Fieberanfällen gebeten, zu gehen und seine Mina wiederzufinden, doch Frank hatte nur den Kopf geschüttelt.
    »Du bist mein ältester Freund, Wallace, wer wäre ich, dich jetzt alleinzulassen?«
    Außer ein paar Mitstreitern vom Bau war er der Einzige gewesen, der hinter Wallace’ Sarg hergelaufen war. Der Mann hatte keine Familie und auch ansonsten wenig besessen.
    Mit einem letzten, gewagten Sprung von der Mole erreichte Frank endlich das feste Ufer. Inzwischen würde er den Weg zur Plaza auch im Schlaf finden. Überall waren schon Menschen mit den Vorbereitungen der Feierlichkeiten beschäftigt. Ab und an hörte man in der Ferne Schüsse knallen. Hier und da wurden Häuser frisch weiß getüncht. Die Ersten strömten schon zur Plaza de Mayo. Wie von selbst beschleunigte auch Frank seine Schritte. Am Rand einer Gruppe lachender

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