Die Lagune Der Flamingos
Glück machen, Frank. Wir werden uns wiederfinden.«
Zweites Kapitel
La Dulce mochte nur eine Estancia mittlerer Größe sein, aber Mina und Annelie kam sie vor wie das Paradies. Früh an jedem Morgen konnte man beobachten, wie sich die Knechte im Hof versammelten, um ihren Tee zu trinken. Nachdem man in der pava , einem kleinen Kessel, Wasser erhitzt hatte, wurde dieses in einen kleinen, birnenförmigen Behälter, genannt mate , über den gleichnamigen Tee gegossen. Der mate wurde dann im Kreis herumgereicht, und alle Knechte tranken mittels einer bombilla , dem Trinkröhrchen aus Silber oder einem anderen Metall, daraus. Lebhafte Gespräche über den Tagesablauf, Witze und Klatsch begleiteten diese scheinbar endlosen Runden. Indem Annelie und Mina lauschten, erfuhren sie einiges über das Leben auf La Dulce.
In den ersten Tagen, nachdem sie beide angekommen waren, durchstreiften sie das Haus. In den darauffolgenden Tagen machte Annelie Pläne. Ihr war aufgefallen, dass bisher nur ein Teil des Hauses wirklich genutzt wurde. Unten hielt Eduard sich wohl am häufigsten auf. Hier befand sich ein riesiger Raum, eine Art Salon, der die gesamte Länge des Hauses einnahm und in dem einige Möbel standen, die offenkundig genutzt wurden.
Der Boden, bemerkte Annelie, war abgenutzt. Abgeschabte Teppiche schmückten ihn. Und doch war alles so sauber, wie sie es von einem alleinstehenden Mann nicht erwartet hatte. Dafür sorgte unter anderem eine kleine Schar Dienstmägde. Durch blitzblank gewienerte Scheiben sah man nach draußen in den Hof, in dem von früh bis spät geschäftiges Treiben herrschte.
Eines Tages fasste sie sich ein Herz und sprach Eduard an. »Man könnte so viel aus dem Haus machen«, sagte sie.
»Vielleicht fehlt die weibliche Hand«, brummte Eduard und gesellte sich zu ihr.
Annelie wiegte den Kopf. Ihr war aufgefallen, dass in keinem der Räume ein Möbelstück zum anderen passen wollte. Sie lächelte Eduard an.
»Wie wäre es, wenn Mina und ich uns ab jetzt darum kümmern? Wenn es recht ist, natürlich. Wir würden wirklich gern etwas tun, um Ihnen die Gastfreundschaft zu vergelten.«
Eduard hob die Hände. »Aber das erwarte ich doch gar nicht. Señor Morillo hat einen Ersatz für Sie während Ihrer Abwesenheit gefunden, Sie können also beruhigt sein und hier zu Kräften kommen. Ich habe doch keine Haushälterin gesucht, liebe Annelie. Bisher ging doch alles auch so seinen Gang.«
»Aber ich würde mich dennoch gerne erkenntlich zeigen und arbeiten. Das ist ein wunderbares Haus. Uns macht ein bisschen Arbeit im Übrigen gar nichts aus.« Annelie schaute ihre Tochter an, die in Gedanken versunken mit ihren Händen über die große Tischplatte strich. »Nicht wahr, Mina?«
»Nein, natürlich nicht.«
Mina bemühte sich zu lächeln, auch wenn sie sicher war, dass es ihr misslang. Was sollte sie tun, wenn Annelies Plan aufging. Was sollte sie antworten, wenn Eduard wirklich Interesse an ihr bekundete?
Nach beinahe zwei Wochen wurde ihre gemeinsame Ankunft endlich mit einem asado , einem Grillfest, gefeiert, zu dem es bislang keine Gelegenheit gegeben hatte. Es gab immer viel zu tun auf einer Estancia wie La Dulce. Arbeitsabläufe richteten sich hier nicht nach der üblichen Zeitrechnung, sondern nach dem Wetter, unabhängig davon, welchen Tag man genau zählte. Frost, Regen und Hitze waren bedeutender als die Monatswechsel.
Um den heißen Januarmonat entwöhnte man die Lämmer von ihren Müttern. Im Februar und März wurden alle Schafe gegen die sarna , die Räude, behandelt. Im Oktober oder November begann die hektische Zeit der Schafschur. Die Hitze der von Dezember bis Februar andauernden Sommermonate hatte als neue Aufgabe das Heumachen gebracht. Den Herbst widmete man der Kennzeichnung der Rinder mit einem Brenneisen, sägte ihnen die Hörner ab und teilte die Tiere schließlich in Herden auf. All das konnte sich bis in den Mai hineinziehen. Im Spätherbst war auch die Hochzeit des Kalbens und Lammens. Im Juni richtete sich die Aufmerksamkeit dann erneut auf die Schafe. Nun wurden die Böcke zum zweiten Mal gegen Räude behandelt. Einige Tiere wurden kastriert. Die Aufgaben, die es ohnehin rund ums Jahr zu tun gab, hörten unterdessen natürlich nicht auf. Kranke und verletzte Tiere mussten versorgt, Gebäude, Zäune, Brunnen und andere Einrichtungen instand gesetzt werden. In der Ernte-und Pflanzsaison konnte der Tag bis zu achtzehn Stunden dauern.
Das Willkommens- asado für Mina und
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