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Die Lagune Der Flamingos

Die Lagune Der Flamingos

Titel: Die Lagune Der Flamingos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofia Caspari
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wahres Wirrwarr von Wagen, Tieren und Menschen, ein schallendes Durcheinander von Italienisch, Französisch, Spanisch, Englisch und Deutsch.
    Mina bemerkte, dass sich Eduard näher zu ihr herüberbeugte. »Ich sage immer, überall sonst sieht man die Stadt nur in Splittern – hier erst vereinigt sich alles zu farbig heiterer, schönheitsvoller Pracht. Der porteño weiß jedenfalls, was er an seinem Park besitzt. Wenn ein Sturm über Buenos Aires dahinbraust, wird in den Zeitungen als Erstes mitgeteilt, ob im Tres de Febrero Schaden angerichtet wurde, und man berichtet voller Trauer, wenn eine der herrlichen Palmen beim Orkan umgestürzt ist.« Er lachte.
    Mina, mit einem Mal in einer verwirrenden Vielzahl von Gedanken gefangen, bemühte sich, Eduard wenigstens ein Lächeln zu schenken.
    Du darfst es dir mit ihm nicht verderben, hörte sie Annelies Stimme, er ist unsere Rettung. Verlässt er uns, geraten wir wieder tief ins Elend.
    Aber ich liebe ihn nicht.
    Mina unterdrückte einen Seufzer. Wirklich, einerseits genoss sie die Zeit, die sie mit Eduard verbringen konnte, andererseits fiel es ihr unendlich schwer. Sie konnte einfach nicht sie selbst sein. Jedes Wort musste genau bedacht und mit einem bestimmten Ziel gesagt werden, so hatte es ihr ihre Mutter eingebläut.
    Dabei mag ich seine Gradlinigkeit so sehr, seine Ehrlichkeit, seine Freude am Leben …
    Aber sie, Mina, durfte nicht sie selbst sein. Sie durfte nicht von ihren Ängsten erzählen, nicht von Esperanza, nicht von Frank Blum, der doch immer in ihren Gedanken war. Sie durfte nicht ehrlich sein. Niemals durfte sie sich verplappern. Sie musste sich offen zeigen, aber nicht zu offen. Sie musste ihren guten Willen zeigen, aber nicht so, dass es aufdringlich wirkte.
    Es muss uns gelingen, nach La Dulce zu kommen, sagte Annelies Stimme in ihrem Kopf. Er braucht doch gewiss jemanden, der ihm den Haushalt führt. Am Tag zuvor erst hatten sie wieder darüber gesprochen.
    Eduard räusperte sich unvermittelt. Mina, die sich ganz in ihren Gedanken verloren hatte, schrak zusammen.
    »Entschuldigen Sie, Mina«, sagte er im nächsten Moment. »Ich wollte Sie nicht erschrecken.«
    »Das macht nichts«, sagte sie leise. »Ich habe an etwas gedacht.«
    »Woran denn?«
    »An … an Rosario …«
    Das stimmte fast, sie dachte oft an Rosario. Sie dachte an Aurelio Alonso und seine Freunde und die ersten Zudringlichkeiten, die sie über sich hatte ergehen lassen müssen. Ein leises Bedauern huschte über Eduards Gesicht. Er streckte die Hand aus und strich ihr kurz sanft über den Handrücken.
    »Das tut mir leid. Sie mussten schon viel ertragen in Ihrem Leben.«
    Mina antwortete nicht.
    »Schade, dass Ihre Mutter auch dieses Mal nicht mitkommen wollte«, bemerkte Eduard nach einer Weile.
    »Ja, wirklich schade«, murmelte Mina, froh, dass er offenbar keine weiteren Fragen stellen wollte.
    Für einen Moment schaute sie wieder nach draußen, dann drehte sie sich zu Eduard um und nahm allen Mut zusammen. Einmal musste sie einfach einen weiteren Vorstoß wagen. Sie hatten einander doch nun recht gut kennengelernt. Wenn sie die Gelegenheit nicht nutzte, würde er erneut nach La Dulce zurückkehren und Mina und ihre Mutter zurücklassen. Ob er dann zurückkehrte, stand in den Sternen. Mina holte tief Luft.
    »Sie … Sie müssen sicherlich bald wieder nach La Dulce zurück. Ich habe gehört, es gibt besonders viel Arbeit im Mai.«
    »Ja, in der Tat.« Eduard lächelte sie an. »Aber es gibt immer viel Arbeit.«
    »Das ist … äh … das ist wirklich schade. Ich … äh … habe gern Zeit mit Ihnen …«
    Sie hielt unvermittelt inne, weil Eduard seine breite Hand auf ihre schmale gelegt hatte. Einen Moment noch zögerte er, dann begann er zu sprechen.
    »Was würden Sie sagen, wenn ich Sie und Ihre Mutter bitten würde, mich dieses Mal zu begleiten? Sie könnten …«
    Dass sie nicht antwortete, beunruhigte ihn offenbar, denn er sprach schneller weiter.
    »Sie könnten sich von der Stadt erholen, liebste Mina. Ich würde dafür sorgen, dass es Ihrer Mutter und Ihnen rundum gut geht und Sie sich keine Sorgen zu machen bräuchten. Ich …«
    Mina hatte den Blick gesenkt und hob ihn jetzt wieder. »Ich … aber … Wir haben kein Geld und …«
    »Aber sie kämen doch als meine Gäste, Mina, natürlich als meine Gäste. Sie müssten sich um nichts sorgen. Entschuldigen Sie, ich hätte das natürlich zuerst sagen sollen.«
    »Ich … ja …«
    »Ja? Heißt das Ja? Ich hoffe, Ihre

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