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Die Lagune Der Flamingos

Die Lagune Der Flamingos

Titel: Die Lagune Der Flamingos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofia Caspari
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riss Frank mit einem Mal aus den Gedanken. Eine junge, schmale Frau war eben dort unten vorbeigekommen. Sie trug ein graues Kopftuch zu einem einfachen Kleid, aber er war sich sicher, dass er rotbraunes Haar gesehen hatte – und diese Bewegungen … Verdammt, diese Bewegungen kannte er doch!
    Mina, bohrte eine Stimme in seinem Kopf, das ist Mina.
    »Ich muss gehen«, rief er Jack Steinhart zu und raste auch schon auf die Leiter zu, die ihn auf die Straße zurückbringen würde.
    »Immer in Eile, diese wasi’chu «, rief der Lakota ihm lachend hinterher.
    In kürzester Zeit hatte Frank den Boden erreicht. Gerade noch sah er die Frau in der Ferne um die Ecke biegen. Er rannte los, rannte, wie er das, seit er ein Junge gewesen war, nicht mehr getan hatte. Als er die Straßenecke erreichte, dachte er zuerst, er habe sie verloren. Dann sah er sie wieder.
    Mina!
    Sie ging nicht. Nein, ihre Füße tanzten ein Lied zu ihren Schritten, und sein Herz trommelte den Rhythmus dazu. Frank beschleunigte noch einmal seine Schritte. In den Häusern, die seinen Weg säumten, waren die ersten Lichter angegangen. Jetzt fand er bestätigt, was eben noch Ahnung gewesen war. Das Haar der Frau war rötlich, rötlicher sogar, als er es in Erinnerung hatte.
    »Mina!«, rief er.
    Sie hörte ihn nicht. Er versuchte es lauter.
    »Mina!«
    Jetzt schien sie etwas zu irritieren. Einen Moment lang überlegte sie wohl, ob sie stehen bleiben oder schneller laufen sollte. Frank nutzte ihr Zögern, um den Abstand beträchtlich zu verringern.
    »Mi …«
    Er sprach den Namen nicht zu Ende. Nein, das war sie nicht. Das war sie ja gar nicht. Wieder einmal.
    »Entschuldigen Sie, Miss …« Er spürte, wie er errötete. »Ich habe Sie leider mit jemandem verwechselt.«
    Hatte sie zuerst noch ängstlich dreingeschaut, so lächelte die junge Frau nun.
    »Und mit wem habe ich das Vergnügen?«, fragte sie unerwartet keck.
    »Frank Blum«, antwortete er und fügte grinsend, denn irgendetwas in ihrem Ausdruck brachte ihn zum Lachen, hinzu: »Bauarbeiter aus Deutschland.«
    »Cathy Maguire«, erwiderte sie, »Irin.«
    Er grinste jetzt noch breiter. Offenbar versuchte sie, ihn zu testen.
    Eine halbe Stunde später stand er im Pub von Cathys Vater und trank dunkles Stout. Um ihn herum war ein Stimmengewirr, wie er es lange schon nicht gehört hatte. Musiker spielten auf. Frauen und Männer lachten, schrien, sangen und tanzten. Obwohl die Enttäuschung, dass es nicht Mina war, anfänglich schwer gewogen hatte, fühlte Frank sich mit einem Mal leicht. Er forderte Cathy auf, ihn auf die Tanzfläche zu begleiten, und wirbelte sie so gekonnt herum, wie er es gar nicht von sich erwartet hätte. Irgendwann setzte die Musik für einen längeren Zeitraum aus. Auch die Musiker stillten ihren Durst. Verschwitzt starrten Frank und Cathy einander an. Frank strich Cathy eine Strähne ihres leuchtend roten Haars aus dem Gesicht. Minas Haar, jedenfalls fast. Sie versank in seinen Augen. Dann fuhren die Musiker zu spielen fort, und Cathy und Frank tanzten weiter.
    Ohne es aussprechen zu müssen, wussten sie beide, dass sie einander so schnell nicht mehr loslassen würden.

Achtes Kapitel
    In diesem Jahr bestand Mina, trotz aller Vorbehalte ihrer Mutter, darauf, zur Unabhängigkeitsfeier auf die Plaza de la Victoria zu gehen. Paco, dem es sehr gut auf La Dulce gefallen hatte, war noch einmal zurückgekehrt und bot sich an, sie zu begleiten. Ihm vertraute sie zumindest an, dass sie mit diesem Tag und dieser Plaza Erinnerungen an jemanden verband, den sie einige Jahre zuvor verloren hatte und schmerzlich vermisste. Annelie war Pacos Begleitung gar nicht recht, aber ihr fiel kein Gegenargument ein.
    Für Mina war es ein deutlich anderes Gefühl, Buenos Aires an der Seite des jungen Mannes zu besuchen. Für einen sehr kurzen Moment malte sie sich sogar aus, sie sei gemeinsam mit Frank dort. Zum ersten Mal seit Langem spürte sie Hoffnung, was das Wiedersehen mit Frank anging. Nein, sie glaubte weder, dass er tot war, noch, dass er sie vergessen hatte.
    Ich würde es spüren, wenn er tot wäre, wiederholte sie nicht zum ersten Mal bei sich, ich würde es spüren.
    Sie hatten sich bereits am Vortag auf den Weg gemacht, in einer Herberge übernachtet, um vorher noch etwas auszuruhen, und näherten sich nun dem Platz. Mina blickte sich um. Musik war zu hören, Salutschüsse kündigten die Eröffnung der Festivitäten an. Mina bewunderte die Häuser, die zur Feier des Tages geschmückt

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