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Die Lagune Der Flamingos

Die Lagune Der Flamingos

Titel: Die Lagune Der Flamingos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofia Caspari
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worden waren. Bei einem Straßenhändler kaufte Paco ihr eine Orange. Sie ließ sich von dem bunten Treiben mitreißen, wenn sie auch nicht vollkommen loslassen konnte. Aber Paco war so guter Dinge, dass er sie immer wieder ihren Kummer vergessen ließ. Er lud Mina ein zu tanzen, und sie stimmte schließlich sogar in die Gesänge mit ein. Wider Erwarten genoss Mina den Tag, und Paco trug seinen Teil dazu bei. Doch die Anspannung ließ sie nicht vollkommen los. Während sie ihre Runden drehten, aßen, lachten, tanzten und tranken, kehrten sie immer wieder zur Siegessäule zurück. Nie, niemals konnte Mina Franks Gestalt zwischen den Feiernden erkennen, doch sie gab nicht auf.
    Der Tag verging wie im Flug, und schon setzte die Dämmerung ein. Wieder und wieder hatte Mina sich suchend umgeblickt, doch vergeblich. Als es ganz dunkel war, wurden mehr und mehr Feuerwerkskörper entzündet und versprengten ihre in allen Farben schillernden Funken am sternenübersäten Nachthimmel. In diesem Moment spürte Mina die Traurigkeit zum ersten Mal wie einen winzigen, scharfen Stachel in sich. Paco merkte es wohl, denn er zog sie entschlossen in den nächsten Tanz und sang dazu. Mina ließ sich dankbar ablenken.
    Es ging schon auf Mitternacht zu, als die beiden völlig erhitzt innehielten. Mina fächelte sich Luft zu. Paco machte sich gleich auf, etwas zu trinken zu besorgen. Als er zurückkam, konnte er Mina neben der Siegessäule stehen sehen. Sie sah plötzlich sehr klein und verletzlich aus, und obwohl er keine wirkliche Vorstellung davon hatte, was sie bedrückte, tat sie ihm unendlich leid.
    Annelie war lange nicht mehr so ungeduldig gewesen. Wann würden die beiden endlich zurückkommen? Schon früh am Morgen war sie auf den Beinen, jetzt stand sie am Fenster der großen Küche von La Dulce und sah hinaus. Und wenn Frank doch aufgetaucht war? Aber warum sollte er? Er hatte ihr eindeutig geglaubt, dass Mina tot war. Für ihn gab es keinen Grund … Oder doch? Konnte es für Frank einen Grund geben, noch einmal zur Plaza zurückzukehren, auf der er von Minas Tod erfahren hatte? Nein, suchte Annelie sich zum wiederholten Mal zu beruhigen, ganz bestimmt nicht.
    Sie atmete tief durch, kehrte wieder an den Tisch zurück und fuhr fort, ihren Teig zu kneten. Sie hatte vor, einen Apfelkuchen zu backen, weil sie ohnehin nicht mehr schlafen konnte. Mit Appollonias Hilfe hatte sie den Ofen eingeheizt. Jetzt war der Teig fertig, die Äpfel standen geschnitten und geschält bereit.
    Himmel, wann kommen sie endlich wieder? Es geht doch schon auf Mittag zu.
    Nachdem er gefrühstückt hatte, war Eduard zu ihr gekommen, aber wieder gegangen, als er bemerkte, dass sie kaum bei der Sache war. Jedes kleinste Geräusch ließ sie zum Fenster oder zur Tür stürzen. Mehrmals hatte sie auch schon auf der Veranda gestanden und in alle Richtungen geschaut. Auch Appollonia hatte es längst aufgegeben, Annelie in ein Gespräch zu verwickeln.
    »Deine Tochter kommt wieder«, hatte sie als Letztes gesagt. »Paco ist ein guter Junge und sehr verantwortungsbewusst.«
    Annelie hatte nicht geantwortet. Jetzt aber war draußen ein Geräusch zu hören. Schritte kamen eben die Stufen herauf und näherten sich der Tür. Annelie erstarrte. Jetzt war es so weit. Mina war zurück. Wen hatte sie getroffen? Was hatte sie gesehen? Es klopfte.
    Annelie zuckte zusammen. Wieso klopfte es?
    Als Annelie öffnete, wurden ihr die Knie weich. Es war nicht Mina, die draußen stand. Nein, da stand eine junge Frau mit goldbraunem Haar und tiefschwarzen Augen.
    »Bin ich hier richtig bei Brunner auf La Dulce?«, fragte sie.
    »Ja«, Annelie räusperte sich, »ja, da sind Sie hier richtig.«
    »Ich bin Blanca Brunner«, erklärte die Frau. »Eduardos Nichte.«

Neuntes Kapitel
    Das Zuckerrohr hatte ein charakteristisches Rascheln, das durch den leisesten Luftzug ausgelöst wurde. Wenn es windig war, dann wogten die Stangen hin und her, als wollten sie tanzen. Zuckerrohr anzupflanzen bedeutete harte Arbeit. Manchmal versteckten sich Schlangen zwischen den Pflanzen oder gefährliche Spinnen. Marcos Vater Juan schlug die Pflanzen geschickt mit seiner Machete. Man musste vorsichtig sein, wenn man mit diesen scharfen Macheten umging. Wenn man sich verletzte, gab es unter Umständen keine Hilfe.
    Auf den Zuckerrohrfeldern zu arbeiten war schwer. Don Laurentio bezahlte keinen guten Preis, Marco wusste das. Es hatte stets nur dazu gereicht, gerade so zu überleben. Von frühester Jugend an

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