Die Lagune Der Flamingos
Bauch. Zum ersten Mal in dieser Schwangerschaft spürte sie ihr Kind, ein zaghaftes Pochen nur, aber es gab ihr die Kraft, zu kämpfen.
John sah sie misstrauisch an. »Bist du etwa schon wieder schwanger?«
Schon wieder …
Marlena war sich sicher, dass sich ein Vorwurf in seine Stimme geschlichen hatte. Die Wut, die sie jetzt überkam, nahm ihr die Worte. Unwillkürlich ballten sich ihre Hände zu Fäusten.
»Eine unbefleckte Empfängnis war es nicht«, erwiderte sie scharf.
John richtete sich endlich auf. »Nein«, sagte er. »Es tut mir leid, ich dummer Kerl wollte dir gewiss keinen Vorwurf machen«, fügte er zerknirscht hinzu.
Doch Marlena hatte wieder einmal genug. Sie nahm den Umhang, den sie eben abgelegt hatte, und legte ihn wieder um. Wenn sie ehrlich war, hatte sie sich das Leben mit John anders vorgestellt. Es war, als könnten sie einfach nicht wirklich zusammenkommen, sosehr sie sich auch bemühten. Da war etwas, das sie trennte.
Eigentlich, fuhr es ihr durch den Kopf, lebt er immer noch, als sei er allein.
»Ach, Marlena, jetzt sei doch nicht schon wieder wütend. Ich hatte einfach einen schweren Tag. Wo willst du denn außerdem jetzt noch hingehen? Es wird bald dunkel.«
»Ich gehe zu Jenny«, stieß sie aus und nahm die kleine Aurora aus dem Bettchen.
»Aber …«
Marlena hörte Johns nächste Worte nicht mehr. Sie hatte die Tür bereits hinter sich zugeworfen und war auf dem Weg nach draußen.
Natürlich kehrte Marlena auch dieses Mal zu John zurück. Das Leben mit ihm würde nie einfach sein, das hatte sie gewusst, aber sie liebte ihn. Nach einer Nacht und einem Tag im Haus der Goldbergs gemeinsam mit ihrer Tochter Aurora fühlte sie sich bereits wieder stark genug für ein Leben mit John. Sie liebte ihn, daran gab es keinen Zweifel. Sie waren ein Gespann, und ein Gespann musste sich einspielen, das war sogar bei Pferden so, das kannte sie aus dem Fuhrunternehmen ihrer Mutter.
An diesem Morgen passte eine der Nachbarinnen auf Aurora auf, während John und sie arbeiteten. An anderen Tagen wiederum achteten Marlena und John auf die Kinder der Nachbarin. John schien die Phase seiner Schwermut überwunden zu haben und war von Neuem voller Tatendrang. Marlena machte sich Notizen für einen neuen Artikel.
»Es ist unglaublich«, rief sie jetzt aus, »aber jede Frau, die sich nicht registrieren lässt und von jemandem verdächtigt wird, der Prostitution nachzugehen, kann einfach mit einer Geldstrafe belegt werden. Wusstest du das?«
»Marlena, Liebes, warum regst du dich denn immer wieder so auf? Wir wissen doch, dass das Leben nicht gerecht ist.«
John war kein Mann für Zärtlichkeiten, doch nun trat er an Marlenas Seite, um ihr sanft über eine Wange zu streicheln.
»Das Schlimmste ist«, Marlenas Aufregung wollte sich nicht legen, »dass es oft die Nachbarn sind, die diese armen Frauen beschuldigen. Abgesehen davon, dass jeder sein Leben auf irgendeine Art fristen muss, so sind es gleichzeitig oft Anschuldigungen ohne den geringsten Hintergrund … Man weiß doch, wie es manchmal unter Nachbarn zugeht. Wie leicht kann man auf diese Weise eine unliebsame Konkurrentin aus dem Weg räumen. Das ist ungerecht! Dagegen muss etwas getan werden.« Marlena hielt inne und räusperte sich dann entschlossen. »Ich habe hier einen Fall«, sie deutete auf ihre Notizen, »da wurde mit der bloßen, ungerechtfertigten Verdächtigung der Tochter das Geschäft des Vaters und infolgedessen die ganze Familie zerstört. Wem nützt das denn?«
John streichelte sie wieder. »Ach, Marlena, es sind nicht selten die, die man kennt, manchmal sogar die besten Freunde, die einem das Schlimmste antun«, sagte er langsam. Und das müsstest du am besten wissen, höhnte sogleich eine Stimme in seinem Kopf.
Im Versuch, sein Unbehagen zu bekämpfen, zog John Marlena näher an sich heran, genoss es einfach, ihren warmen Körper dicht bei sich zu spüren.
»Das Problem ist wohl auch, dass die Bordelle dem Staat Steuergelder einbringen«, fuhr Marlena mit vor Empörung roten Wangen fort. »Ist dir schon einmal aufgefallen, dass der Straßenstrich und das skandalöse Verhalten Prostituierter dort viel weniger verfolgt wird? Die Offiziellen interessieren sich vielmehr für Prostituierte, die von Bars und Casinos aus arbeiten. Man sagt sich wohl, dass solche Geschäftsfrauen das Geld haben, die gewünschten Steuern zu bezahlen.«
John nickte. »Es ist ungerecht, du hast Recht.«
»Und die Männer«, sprach Marlena
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