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Die Lagune Der Flamingos

Die Lagune Der Flamingos

Titel: Die Lagune Der Flamingos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofia Caspari
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schmieden. Außerdem war er ohnehin gefangen. Bevor man ihn aus seinem Gefängnis herausholte, konnte er gar nichts tun.
    Paco bettete seinen Kopf auf die verschränkten Arme, schloss die Augen und versuchte, an nichts mehr zu denken. Sein Schädel brummte immer noch. Er fühlte sich nicht gut. Außerdem hatte er mittlerweile ziemlichen Durst. Gegen Abend begann er zu frösteln. Er trug ja nur ein Hemd und seine chiripá, weil er davon ausgegangen war, bald in sein schmutziges, von Ungeziefer übervölkertes Hotelzimmer zurückzukehren. Entschlossen versuchte Paco, das Zähneklappern zu unterdrücken. Es gelang ihm nicht.
    Irgendetwas stimmt nicht, fuhr es ihm durch den Kopf.
    Am nächsten Morgen entdeckte er einen Becher lauwarmen Wassers und ein Stück trockenes Brot in seinem Verschlag. Er hatte nicht gemerkt, wie sich die Tür zu seinem Gefängnis geöffnet hatte.
    Ich muss geschlafen haben wie ein Toter.
    Gierig aß und trank er, seine Notdurft verrichtete er schließlich angewidert in einer Ecke. Im Verlauf des Vormittags bemerkte Paco erstmals, dass seine Stirn glühte. War er etwa auf dem Weg, krank zu werden? Das fehlte ja gerade noch. Der kleine Becher Wasser hatte seinen Durst jedenfalls kaum gestillt. Der kurze Blick durch einen Spalt seines Gefängnisses zeigte Paco, dass die Indianer immer noch draußen hockten. Er hörte Frauen, die ihren Kindern Lieder vorsummten, Männer, die miteinander sprachen. Leider verstand er sie nicht. Er kannte ein wenig Aymara, auch Quechua, aber nicht die Sprache der Völker dieser Gegend. Wenn er sich vorgestellt hatte, diesen Indianern irgendwie helfen zu können, war er schrecklich gescheitert. Wo würde man sie wohl hinbringen? Seine Erfahrungen hatten ihn gelehrt, dass man die Gefangenen bei interessierten Familien in Buenos Aires, Rosario und anderen Städten unterbrachte. Diese gaben dann vor, sie zu zivilisieren, und behandelten sie doch wie Sklaven.
    Verdammt, wie hatte er nur so versagen können? Er hatte ganz offenbar seinen Biss verloren, seinen Sinn für Gefahr, seine Geschicklichkeit. Paco kam sich vor wie ein Wildtier, das in eine Falle getappt war.
    Irgendwann dämmerte er erneut weg. Als er wieder aufwachte, war es wohl später Nachmittag. Seine Stirn war immer noch heiß, und es ging ihm nicht besser. Es wollte ihm auch nicht gelingen, wirklich wach zu werden. Sein Kopf dröhnte. Seine Haut spannte, fühlte sich heiß und trocken an. Gleichzeitig fröstelte er. Ein Blick aus seinem Gefängnis zeigte ihm, dass weitere Gefangene weggebracht worden waren, ohne dass er ihnen irgendeine Hilfe gewesen war. In jedem Fall kauerten deutlich weniger Menschen vor seinem Verschlag. Paco bewegte die Zunge im Mund hin und her. War sie geschwollen? Er fragte sich, wann man ihm den nächsten Becher Wasser bringen würde.
    Was, wenn die mich hier drin vergessen? Vielleicht sollte ich schreien, überlegte Paco. Seine Kehle fühlte sich zwar schrecklich trocken an, aber er musste es wagen.
    Sein erster Schrei war nicht mehr als ein Krächzen. Der zweite gelang schon überzeugender. Einige der Indios drehten die Köpfe.
    »Lasst mich hier heraus, lasst mich heraus!«, schrie er, »ich bin hier, hier drinnen!«
    Nur wenig später schlug jemand gegen den Verschlag. Paco zog unwillkürlich den Kopf ein. Dann begann er erneut zu schreien.
    »Lasst mich hier raus …«
    Weiter kam er nicht. Ein weiterer Schlag erschütterte sein Gefängnis. Erde rieselte auf ihn herunter.
    »Maul halten, dreckiger Mestize.«
    Paco erkannte die Stimme nicht. Immerhin hatte man ihn aber nicht vergessen. Angestrengt spähte er durch einen größeren Spalt, doch er konnte sich kaum mehr konzentrieren. Was auch immer das war, wahrscheinlich der Wassermangel, es machte sich zunehmend stärker bemerkbar. Der Durst wollte ihn schier wahnsinnig werden lassen.
    Wenn ich nicht bald etwas zu trinken bekomme …
    Paco schloss die Augen. Plötzlich begannen Fratzen vor ihm zu tanzen, Geistergestalten, vor denen er sich als Kind zum letzten Mal gefürchtet hatte. Draußen waren neue Stimmen zu hören. Pferde wurden über den Hof geführt. Er meinte, das Klirren von Ketten zu hören, doch er wusste nicht, ob es real war oder ob er sich das einbildete. Er wusste überhaupt nicht mehr, was Wirklichkeit war und was nicht.
    Wie lange, fuhr es Paco durch den Kopf, kann ein Mensch eigentlich ohne Wasser überleben?
    Dann verlor er erneut das Bewusstsein.
    »Du bist wieder da, du bist endlich wieder da!«
    Erstaunt

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