Die Lagune Der Flamingos
Stutterheim seine Meinung«, mahnte Viktoria an. »Seine Überlegungen sind sicherlich etwas, über das man reden kann.«
Dankbar schaute Señor Stutterheim Viktoria an. Das Gespräch wechselte wieder zu unverfänglicheren Themen, als das Dessert gereicht wurde. Estella beobachtete ihre Mutter, während sie ein wenig Gebäck naschte. Viktoria war immer noch eine ausnehmend gut aussehende Frau. Ihr blondes Haar hatte sie an diesem Abend im Nacken zu einem einfachen Knoten zusammengenommen, was fast ein wenig konservativ aussah, dafür trug sie ein modisches Kleid, das Annas Schwester Lenchen in ihrem Atelier entworfen hatte, und um die Schultern einen weißen Seidenschal.
Estella nahm ihr Schälchen dulce de leche auf und führte langsam einen Löffel davon zum Mund. Sie hatte sich für später noch einmal mit Marco verabredet, um endgültig Abschied zu nehmen. Fieberhaft hatte sie unter ihren Sachen nach etwas gesucht, was er mitnehmen konnte, sich zunächst aber nicht entscheiden können. Ein Haarband war ihr irgendwie albern erschienen. Eine Haarsträhne? Aber wo sollte er die aufbewahren? Sie nahm schließlich ein Schmuckstück – ein einfaches Silberkettchen, das sie als Kind getragen hatte und das sicherlich wunderbar um sein Handgelenk passte. Wenn sie die Augen schloss, dann sah sie seine warme braune Haut vor sich. Ihre Kette machte sich ausnehmend gut auf dieser Haut. Sie konnte es kaum noch erwarten, Marco das Geschenk zu überreichen.
»Estella?«
Marcos Stimme klang unsicher, als Estella zwischen den Büschen hindurch auf die Lichtung trat. Sie hatte sich lange überlegt, was sie anziehen sollte. Dann hatte sie eins ihrer schönsten Kleider gewählt, nachtblau und mit Spitzen und Rüschen besetzt, jedoch so einfach, dass es nicht zu sehr auffiel. Sie hatte sich immer vorgestellt, dass sie ein ähnliches, wenngleich prächtigeres Kleid zu ihrer Hochzeit tragen würde. Für sie, so hatte Estella beschlossen, würde das heute ein Vorgeschmack auf ihre Hochzeit sein.
Marco nahm ihr die kleine Laterne ab, ohne die sie den Weg nicht gefunden hätte, und hängte sie an einen Ast. Ein kurzer Blick zeigte Estella, dass er vorbereitet war. Er hatte eine Decke auf dem Boden ausgebreitet. Inzwischen war es vollkommen dunkel, bald würde der Mond aufgehen, und sie würden das Lampenlicht gar nicht mehr brauchen.
Estella streckte ihm ihre geschlossene Hand hin. »Mach auf«, sagte sie.
Er nahm ihre Hand in seine wie etwas sehr Kostbares, küsste sie und öffnete dann behutsam ihre Finger. Im diffusen Licht schimmerte die Kette kaum merklich.
»Ich möchte, dass du sie immer trägst und mich nicht vergisst«, flüsterte Estella.
»Ich könnte dich ohnehin nie vergessen.«
Noch einmal küsste Marco ihre Hand, strich dann ihr Haar zurück, das sie heute offen trug. Als seine Hand ihren Nacken berührte, fuhr Estella ein Schauder über den Rücken. Sie konnte nicht sagen, ob sie vorher wirklich darüber nachgedacht hatte, aber sie wusste jetzt, dass sie es wollte.
Sie legte die Arme um seine Nacken.
»Komm«, flüsterte sie und zog ihn auf die Decke herunter.
Kurz schien Marco zu zögern, dann setzte er sich zu ihr. Für einen Moment schauten sie einander an, sich versichernd und sich doch schon gewiss.
»Ich möchte, dass du mich zur Frau machst«, sagte Estella dann.
»Aber wir sind nicht verheiratet, und deine Eltern …«
»Ich kann diese Entscheidung wohl selbst treffen«, fiel Estella Marco ins Wort und wuschelte ihm mit der Hand durchs Haar. »Willst du es denn nicht?«
»Doch«, antwortete er sofort, »mehr als alles andere, aber …«
»Kein Aber!« Sie legte ihre Finger auf seine Lippen. »Marco, das ist unser Pakt, unser Abschiedsgeschenk aneinander. Dies ist unser Versprechen, einander nie zu vergessen.«
Vielleicht hatte er noch etwas sagen wollen, doch er schloss den Mund.
Sie waren beide unerfahren, aber das störte sie nicht. Sie genossen ihre Berührungen, kicherten über ihre Ungeschicklichkeiten. Marco zog umständlich sein Hemd aus und ließ vorsichtig seine Hand über Estellas Körper gleiten. Dann hielt er noch einmal inne.
»Willst du es wirklich?«, fragte er zärtlich.
»Ja«, flüsterte sie.
Eine Weile noch blieben sie dicht beieinander liegen und bewegten sich nicht, dann zogen sie sich behutsam gegenseitig aus. Estella spürte Marcos Geschlecht an ihrem Körper. Sie bebte, als er gleich darauf begann, jeden Zoll ihres Körpers mit Küssen zu bedecken. Plötzlich war ihre
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