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Die Lagune Der Flamingos

Die Lagune Der Flamingos

Titel: Die Lagune Der Flamingos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofia Caspari
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wenn die Cuthberts sehr wohlhabend waren und mittlerweile zu den höchsten Kreisen gehörten, war ihre Herkunft also womöglich nicht vollkommen unbefleckt. Lionel, sein Schwiegervater, hatte ihm jedenfalls gezeigt, wie man wirklich Geschäfte machte: indem man Armeelieferungen ins Grenzgebiet umleitete und anderweitig verkaufte, indem man Bordelle über Strohmänner laufen ließ, indem man Land in der Pampa erwarb und auch einmal fünf gerade sein ließ.
    Viel Land zu erwerben war die neue große Sache. Mit dem erfolgreich abgeschlossenen Wüstenfeldzug Rocas waren riesige Landflächen frei geworden. Zwar sollte pro Person nur ein gewisser Anteil freigegeben werden, aber Gesetze waren entweder für die anderen oder dazu da, umgangen zu werden.
    »Lorenz«, hatte sein Schwiegervater zu ihm gesagt, »der Agrarsektor wird aufgemischt werden und sich von Grund auf ändern. Seitdem sich die Qualität unserer Produkte gebessert hat, nimmt man sie uns in Europa willig ab. Wenn du also ein wirklicher Geschäftsmann sein und meiner Tochter das bieten willst, was ihr gebührt, muss du auch dort mitmischen. Merk dir, ich werde es niemals zulassen, dass Maisie etwas anderes bekommt als das Beste.«
    Das wirst du auch nicht müssen, dachte Lorenz, während er Maisie beobachtete, die nunmehr in ihrem Korbsessel eingenickt war, ich werde ihr nie etwas anderes geben als das Beste.

Drittes Kapitel
    An diesem Abend ging Eduard zu Monica de la Fressange. Er klopfte, wurde von Milo, dem Türsteher, unter dem üblichen Protest eingelassen, als hätte sich seit ihrem letzten Zusammentreffen nichts geändert. Die alte Freundin trat ihm im Patio entgegen, dort, wo die Palmen standen. Sie lächelte, als sie ihn sah.
    »Du siehst gut aus, das Landleben bekommt dir«, sagte sie, nachdem sie ihn eine Weile ausgiebig gemustert hatte, und legte Eduard die Finger auf die Lippen, bevor der das Kompliment erwidern konnte. »Keine Lügen, nicht hier und nicht jetzt, alter Freund … Wir kennen uns schon so lange, wir sind immer ehrlich zueinander gewesen, nicht wahr?« Sie seufzte. »Ich bin alt geworden, ich weiß das. Ich bin zu Zeiten groß geworden, da ging es in der gran aldea , dem großen Dorf, wie man Buenos Aires damals nannte, noch nicht zu wie in einem Bienenstock.«
    Eduard schüttelte trotzdem den Kopf. Dann umfasste er entschlossen ihre schmale Hand mit seiner kräftigen, küsste ihre Fingerspitzen, atmete tief ihren ganz eigenen Duft ein.
    »Du wirst niemals alt werden, Monica. Du bist immer noch eine Königin. Königinnen sterben nicht.«
    »O gewiss, gewiss … La reine est morte, vive la reine. Die Königin ist tot, es lebe die Königin«, erwiderte sie, doch er sah das Lächeln, das um ihre Mundwinkel spielte.
    Sie war so schön wie in seiner Erinnerung: eine hochgewachsene Gestalt mit Haut von der Farbe hellen Milchkaffees, mit Augen, die wie Smaragde funkelten. Hier und da hatten sich ein paar Falten in Monicas Gesicht eingegraben, aber sie zeugten von Freude, von Lachen, von unbändiger Lebenslust. Sie war die schönste, bezauberndste Frau, die er kannte.
    »Ja«, sie lachte jetzt auch, die Stimme rau, als würden Flusskiesel aneinanderreiben, »Monica de la Fressange, die Königin der Gosse.«
    Im nächsten Moment blickte sie sehr ernst drein.
    »Nein, du …«, wollte Eduard erneut aufbegehren.
    Noch einmal legte sie ihm einen Finger auf die Lippen. Ihre Haut fühlte sich seidenweich an.
    »Wir wollen ehrlich zueinander sein, Eduard.« Sie trat einen Schritt von ihm zurück und musterte ihn. »Das Landleben scheint dir wirklich gutzutun. Du siehst viel besser aus als damals, während deiner letzten Tage hier.«
    »La Dulce ist ein schöner Ort, Monica …«
    Er musste nur den Namen der Estancia nennen und fühlte sich sofort zu Hause. Ach Gott, er hatte längst vergessen, dass er die Estancia nur verwaltete. Sie war die seine, sein Lebensmittelpunkt. Viktoria und Pedro erwarteten ja auch nichts von ihm: Er konnte schalten und walten, wie es ihm genehm war. Er wusste, dass er das Richtige tat. Tiere und Pflanzen gediehen gut. Er bezahlte seine Knechte anständig. Er hatte die Rinder- und Schafherden erweitert. Die Jahre hatten gute Ernten gebracht. Vielleicht würde er eines Tages noch mehr Land dazukaufen und noch mehr Weizen anbauen. Weizen brachte gutes Geld. Von seinen Nachbarn wusste er, dass man Land, das noch nicht urbar gemacht worden war, zuerst von Pächtern bewirtschaften lassen konnte. Dazu wurde das Land auf eine

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