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Die Lagune Der Flamingos

Die Lagune Der Flamingos

Titel: Die Lagune Der Flamingos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofia Caspari
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Lenchen und Estella brachten stets mehr Atem für die unzähligen Luxusgeschäfte auf als sie. Auch heute hatte ihr Weg die drei Frauen wieder einmal auf die berühmten Einkaufsstraßen von Buenos Aires geführt. Die Läden, die dort zu finden waren, zogen alltäglich die Damen der besseren Gesellschaft an. Gewöhnlich kam man am späten Nachmittag her, nach der Siesta, um die neueste Mode aus Paris zu begutachten. Jüngere und ältere Damen, unbarmherzig in Korsetts geschnürt, fegten mit den Säumen ihrer Kleider die schmutzigen Bürgersteige, während sich die Herren der guten Gesellschaft auf der Suche nach der neuesten Weste, der modischsten Krawatte oder einem Schwätzchen befanden.
    Alles, was Buenos Aires an Reichtum und Schönheit besaß, kam auf diesen Straßen zusammen. Kutschen rollten mit sinnverwirrendem Getöse vorüber. Das Gepolter fallender Warenballen vermischte sich mit dem Geschrei junger Burschen, die mit ihren schrillen Stimmen Lotteriescheine feilboten. Dicht nebeneinander fanden sich glanzvollster Prunk und Armut. Vor den Kaufläden wurden Riesenkisten abgeladen, in denen Pariser Roben, Lyoner Seide und Brüsseler Spitzen geliefert wurden. Daneben machten sich kleine Hausierer breit, um brüllend mitzuteilen, dass bei ihnen die besten und billigsten Zündhölzchen, Orangen oder Bratkartoffeln zu kaufen seien.
    Natürlich bildeten Schneider in diesem Teil der Stadt die größte Berufsgruppe. Raue Baumwollstoffe wurden von fleißigen Fingern zu Arbeitskleidung vernäht. Unter den Händen eines Meisters oder einer Meisterin verwandelten sich elegante Stoffe in maßgeschneiderte Anzüge und edle Roben, ganz nach dem Geschmack der wohlhabenden Kundschaft.
    Seit der Agrarsektor boomte, war der ein oder andere durch Landbesitz zu beträchtlichem Reichtum gekommen. Neben Bekleidungsgeschäften gab es deshalb auch solche, die teure und feine Möbel anboten. Parfümerien hatten das südliche Ende der Calle Florida, zur Plaza de Mayo hin, erobert. Bereits jetzt begann sich abzuzeichnen, dass sie die ältere Plaza de la Victoria irgendwann als zentraler Umschlagplatz eleganter Ware ersetzen würde. Einige führende Familien hatten bereits Häuser an der Calle Florida gebaut. Gewöhnlich lagen diese im Zentrum eines Häuserblocks, wo sich die größten Grundstücke befanden, während der Platz an den Ecken kleinen Geschäfte vorbehalten blieb.
    Lenchen, deren Schneideratelier in einer der Seitenstraßen lag, zog es vor allem in die Geschäfte der Calle Florida, um die feinen Gewebe, Tuche, Spitzen, Seidenstoffe, Musselin- und Tüllwolken zu bewundern und sich neue Inspirationen zu holen. Estella wiederum mochte die Bänder, Spangen und Spitzentücher, die es dort zu kaufen gab, weil sie ihrer Schönheit, wie sie meinte, zusätzlichen Glanz verliehen. Aber sie genoss es auch, einfach die Luxusstraßen entlangzuflanieren. Estella liebte es geradezu, sich den jüngeren und älteren Herren dort zu präsentieren, deren Spazierstöcke zuweilen eine wahre Allee bildeten und die den jungen Damen gern lautstark Avancen machten. Ihre Bewunderung mochte zwar nicht immer geistvoll daherkommen, aber Estella erschreckte es nicht, wenn sich ein Herr zu ihr beugte und ihr ins Ohr flüsterte: Qué linda! Qué ricura! Qué monada! Wie schön, wie reizend, welch ein Schmuckstück! Dagegen hatten Marlena und sie schon Mädchen, gerade aus Europa eingetroffen, weinend in die Schule kommen sehen, weil ihnen auf dem Weg derlei Schmeicheleien zugeraunt worden waren, aber gute Güte: Estella war Argentinierin. An dem Tag, an dem sie niemand schön nannte, das wusste sie, war etwas gründlich falsch gelaufen.
    Marlena war da von jeher anders gewesen. Zwar hätte auch sie ein Kompliment kaum erschreckt, aber sie hatte stets weniger auf süße Worte gegeben als Estella. Weniger Konkurrenz war Estella sogar zweifelsohne angenehmer. Beschwingt wandte sie sich dem nächsten Angebot zu.
    »Schau einmal hier«, rief sie aus und hielt Marlena einen zerbrechlichen Sonnenschirm aus einer Pariser Kollektion hin, der gewiss noch nicht einmal den leichtesten Wind überstand, geschweige denn einen pampero, der mehrmals im Jahr ins ansonsten gemäßigte La-Plata-Becken eindrang und zu plötzlichen Temperaturstürzen und heftigen Wolkenbrüchen führte. »Ist der nicht einfach entzückend?«
    Marlena klappte ihren Fächer zusammen, mit dem sie sich gelangweilt Luft zugefächert hatte, und rollte mit den Augen.
    »Ach, Frankreich«, hörte sie

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