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Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Titel: Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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und beklagte dabei in wohlgesetzten Versen ihr Los als arme, von harter Arbeit geplagte Tochter des Seifensieders. Bald darauf erschien ein weiterer Schauspieler, der von der Stimme und den Bewegungen her frappierend dem Ansager ähnelte und sich langatmig als reicher Kaufmann vorstellte.
    Laura trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen, während sie darauf wartete, dass endlich jener eine auf der Bühne erschien, um dessentwillen sie seit Wochen wie zufällig in Crestinas Richtung Bemerkungen ausgestreut hatte, dass hier ein Schauspiel stattfinde. Doch einstweilen ergingen sich das junge Mädchen – welches neben einer überraschend kräftigen Stimme auch einen Adamsapfel hatte – und der reiche alte Kaufmann in einem endlosen Dialog über die Unüberwindlichkeit von Standesunterschieden.
    Als Nächstes hatte der Seifensieder seinen Auftritt, er pries dem reichen Kaufmann seine Tochter als einzigartige Blume in einem verwunschenen Garten und brachte ihn schließlich mit weiteren glühenden und teilweise recht derben Schilderungen ihrer Vorzüge dazu, dass der Adlige das Mädchen gegen alle Konventionen ehelichen wollte.
    Die Leute im Zuschauerraum lümmelten auf Balkenstapeln und Fässern; sie packten mitgebrachtes Essen und Schnaps aus, um sich die Wartezeit bis zu wirklich einschneidenden dramaturgischen Wendungen zu vertreiben.
    Zu einer solchen sollte es gleich darauf kommen, denn der reiche alte Kaufmann rief seinen Diener herbei, der das Hab und Gut des Mädchens zum Palazzo seines Herrn befördern sollte.
    Laura hielt die Luft an, als der nächste Darsteller die Szene betrat. Nein, das konnte nicht Antonio sein! Nicht dieser junge Mann mit dem nackten, eingeölten Oberkörper, den schwellenden Muskeln an Brust und Schultern und dem perfekt gemeißelten Gesicht ...
    Die Zuschauer seufzten wie aus einer Kehle, und nicht wenige Ah und Oh waren zu hören, Ausrufe des Entzückens und der Begeisterung.
    Laura betete flehentlich darum, dass man ihr bei den dürftigen Lichtverhältnissen, die in der Halle herrschten, die heiße Röte ihrer Wangen nicht ansah. Schließlich sagte sie sich, dass es wohl kaum auffallen dürfte. Genau genommen schimmerte ja alles rötlich im Widerschein der Fackeln, vor allem aber Antonio.
    Seinen spärlich bekleideten Zustand erklärte der Protagonist sogleich selbst. In getragenen Sätzen erläuterte der Diener des Kaufmanns mit fester männlicher Stimme, warum er weder Hemd noch Wams trug: Er war unter die Räuber gefallen, die es auf seinen Herrn abgesehen hatten. Es war ihm zwar gelungen, die Bösewichte in die Flucht zu schlagen, doch hatte er dabei nicht nur schwere Verletzungen erlitten – er zeigte auf seine vernarbte Wange –, sondern auch sein einziges Wams eingebüßt. Sein Herr war ihm zwar für die Rettung dankbar, aber leider derart von Geiz durchdrungen, dass er sich bisher nicht dazu hatte überwinden können, seinen Diener neu einzukleiden.
    »Bewunderungswürdig«, meinte Crestina spöttisch. »Damit sind alle Eigenheiten dieser Charaktere klar und verständlich umrissen! Die weitere Entwicklung wird kaum zu Überraschungen Anlass geben.«
    Laura stimmte ihr insgeheim zu, doch ebenso wie die übrigen Zuschauer fühlte sie sich weit entfernt von jeder Langeweile. In gebannter Faszination verfolgte sie den Fortgang der Handlung, nachdem sich ihr erstes Erstaunen über Antonios erwachsenes Auftreten gelegt hatte.
    Erwartungsgemäß verliebte sich die Tochter des Seifensieders auf der Stelle in den dürftig bekleideten Diener, und dieser sich selbstverständlich auch in sie. Während der Seifensieder und der Kaufmann die Einzelheiten der Eheschließung aushandelten und die ersten Hochzeitsvorbereitungen getroffen wurden, sannen die jungen Liebenden auf Mittel und Wege, ihrer erwachenden Leidenschaft freien Lauf zu lassen. Unter dem grölenden Gelächter und diversen anzüglichen Bemerkungen aus der Schar der Zuschauer verschwand das Liebespaar immer wieder Hand in Hand hinter den bemalten Gipsplatten des Bühnenbildes, das eine Häuserfassade nachstellte. Der gehörnte Bräutigam stand derweil ahnungslos mit dem Seifensieder zusammen und beweihräucherte sich selbst als edlen und großzügigen Retter einer armen Maid aus dem Volke, während sein hemdloser Diener dafür sorgte, dass die widerstrebende Braut sich nicht langweilte.
    »Vielleicht ist es doch eine Spur frivol«, meinte Crestina in einer der folgenden Pausen, in der hinter vorgehaltenen Tüchern von

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