Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman
dich aufheitern!«
»Ein guter Christ geht in die Kirche, nicht ins Theater«, sagte Monna Elsa scharf.
Isacco fuhr zu ihr herum. »Mutter, was soll das?«
»Ein guter Christ befolgt auch das vierte Gebot und ehrt die Wünsche seiner Mutter«, fuhr Monna Elsa mit ätzender Stimme fort.
Isacco senkte den Kopf und sagte nichts mehr.
Crestina und Mansuetta wechselten verstohlene Blicke, denen Laura das Unbehagen der beiden ansah. Hier schien es um mehr zu gehen als um einen schlichten Theaterbesuch.
Mosè stand vom Tisch auf. »Verzeiht, dass ich Euch so rasch wieder verlassen muss, aber mich rufen dringende Geschäfte.«
»Schon immer waren deine Geschäfte dir wichtiger«, entfuhr es Isacco. Er sprach nicht aus, womit er besagte Geschäfte in ihrer Wichtigkeit verglich, doch es konnte sich ohnehin ein jeder am Tisch denken. Isaccos Gesicht blieb ausdruckslos, aber Laura meinte, in seinen Augen einen Anflug von Verzweiflung zu erkennen, als sein Vater zur Tür schritt und dann mit einigen höflichen Abschiedsworten den Raum verließ.
»Meinetwegen geh doch mit ins Theater«, sagte Monna Elsa. Es klang, als sei sie der Zwistigkeiten müde. »Vielleicht ist das wirklich genau die Abwechslung, die ein junger Mann braucht, bei all der harten und anstrengenden Arbeit, die er sich mit seiner alten, kranken Mutter aufgeladen hat.« Sie blickte ihren Sohn abwägend an, als erwarte sie, dass er beteuerte, sie sei ihm mitnichten eine Last, doch er schwieg beharrlich.
Crestina klatschte in die Hände. »Weißt du was, Laura? Hol doch rasch den Schinken aus der Vorratskammer. Von Brot und Wein wird kein Mensch richtig satt. Wir wollen ein paar ordentliche Scheiben Geräuchertes dazutun, das wird die Laune unserer Gäste sicher heben.«
Gehorsam stand Laura auf, um das Gewünschte zu holen, doch Isacco schob bereits seinen Stuhl zurück und gesellte sich zu seiner Mutter, um ihr aufzuhelfen. »Mach dir unseretwegen keine Mühe, Laura. Monna Crestina, wir müssen leider gehen, es ist schon spät, und ich muss noch eine Lieferung auspacken.«
Zu Lauras Erstaunen schien Crestina wegen des überstürzten Aufbruchs weder überrascht noch beleidigt zu sein. »Natürlich«, meinte sie freundlich. »Wir setzen unsere gemeinsame Mahlzeit an einem anderen Tag fort.«
Die Atmosphäre entspannte sich, nachdem Isacco und seine Mutter gegangen waren. In freudiger Erwartung sprang Laura die Stiege hinauf, um sich für den Theaterbesuch umzukleiden. Mansuetta folgte ihr, wegen ihrer Behinderung um einiges langsamer. Sie setzte Matteo in sein Gitterbettchen und streichelte ihm über den Kopf, während sie Laura fragend anblickte. »Was meinst du, ob er mitkommt?«
»Wer?«, gab Laura zerstreut zurück. Eilig schlüpfte sie aus ihrer braunen Alltagsgamurra und streifte eine weiße Bluse und das blaue Gewand über. Aufgeregt zog sie die Schnüre fest, dann strich sie mit den Fingerspitzen über ihren bloßen Hals und erschauerte, als sie die Glätte und Wärme ihrer Haut spürte. Heute würde sie ihn wiedersehen!
»Na, Isacco natürlich. Ich hatte den deutlichen Eindruck, dass er gerne hinginge. Und mir schien, als hätte seine Mutter am Schluss keine Einwände mehr dagegen geäußert.«
»Stimmt«, meinte Laura, der es völlig egal war, ob Isacco zu Hause blieb oder mit ins Theater ging. Momentan interessierte sie nur, ob Antonio sie wohl auf Anhieb wiedererkennen würde. Sie war nicht mehr das kleine, dürre Mädchen in stinkender Knabenbekleidung, sondern eine junge Frau, jedenfalls nach den Maßstäben aller Menschen, die sie in letzter Zeit um sich gehabt hatte. Niemand konnte mehr auf die Idee kommen, sie Lauro zu nennen. Sogar Mosè hatte sie heute angestarrt und nachgefragt, ob sie es wirklich wäre, und auch Isacco bedachte sie seit einer Weile mit Seitenblicken, an denen sie spürte, wie sehr sie sich in seinen Augen verändert haben musste.
»Wie sehe ich aus?« Sie wandte sich zu Mansuetta um, eine Hand gegen den Hals gepresst, als könnte sie so ihr heftig klopfendes Herz bezähmen.
Mansuetta betrachtete sie kurz, dann drehte sie sich unwillig weg. »Warum fragst du mich das? Ausgerechnet mich? Denkst du, ich hätte ein besonderes Auge für Schönheit und weiblichen Liebreiz? Ich, die ich nicht einmal meine eigenen Füße richtig erkennen kann?«
Laura merkte, wie ihr die Röte ins Gesicht schoss. »Verzeih. Ich wollte dich nicht kränken.«
»Du willst nie jemanden kränken!«, fuhr Mansuetta sie an. »Du mit deinen
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