Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman
Messer, Holzlöffel und Teller aus Steinzeug, alles gebraucht und vermutlich aus Haushaltsauflösungen oder Hinterlassenschaften Verstorbener stammend.
Eine dickliche Frau in mittleren Jahren kam ihm entgegen, ihre Neuerwerbung in Gestalt eines kleinen Gobelins wie einen kostbaren Schatz in den Händen haltend. Sie senkte den Kopf und huschte mit ängstlicher Miene an ihm vorbei.
Die Menschen reagierten häufig so auf Antonio, wenn er ihnen direkt gegenüberstand. Ob es nun an seinem offen sichtbaren Schwertgehenk lag, das so wenig zu seiner schwarzen Kaufmannskleidung zu passen schien, oder aber an seiner ungewöhnlichen Größe – anscheinend strahlte er etwas aus, das vielen Menschen Furcht einflößte.
Isacco gehörte leider nicht zu dieser Sorte; sein Gemüt schien weniger empfindsam zu sein. Er stand im Hintergrund und zählte langsam das eingenommene Geld in eine kleine Münzkassette, die er sorgfältig verschloss, bevor er sie wieder unter der Ladentheke verstaute. Erst dann wandte er sich zu dem Besucher um. Seine Miene war feindselig. »Was wollt Ihr hier?«
»Gott zum Gruße, Isacco Zinzi. Wie sehr es mich ehrt, so freundlich von Euch in Empfang genommen zu werden.«
Isacco straffte sich, machte aber keinerlei Anstalten, auf Antonios launige Bemerkung einzugehen.
Antonio hatte schon damals festgestellt, dass der Marrane den Frohsinn nicht gerade für sich gepachtet hatte. Isacco war ein in sich gekehrter Bücherwurm und immer darauf bedacht, dass sich alle so verhielten, wie es sich gehörte. In seiner ganzen Art hätte er sehr gut zu Mansuetta gepasst, die ebenfalls ständig zu lauern schien, ob jemand einen Fehler beging. Mansuetta wäre ihm sicher keine schlechte Frau, zumal sie, wie Antonio wusste, Isacco schon seit ihrer frühen Jugend anschmachtete und ihm zuliebe möglicherweise sogar ihr herrisches Benehmen gezügelt hätte.
Doch stattdessen musste Isacco sich in Laura vergucken, deren Charakter so völlig anders war als der seine.
Was Laura und Mansuetta betraf, so hätten auch sie kaum unterschiedlicher geartet sein können. Ähnlich waren bei beiden lediglich das rote Haar und das aufbrausende Wesen.
Davon abgesehen hatte Laura vom Wesen her nichts mit Mansuetta gemeinsam. Sie lachte viel, war übermütig bis hin zum Schalk, tänzelte mehr, als dass sie ging, und strahlte überhaupt eine so sprühende Lebenslust aus, dass sie förmlich davon zu leuchten schien.
Ihre Begeisterungsfähigkeit, ihr Überschwang, ihr Lächeln – vielleicht waren gerade das Eigenschaften, die einen eher pessimistisch veranlagten Menschen wie Isacco besonders anzogen.
Stirnrunzelnd betrachtete Antonio sein Gegenüber. Isacco war ein ehrbarer junger Mann, doch an ihm war nichts von Mosès Gewitztheit, seinem Charme, seiner gelassenen Überlegenheit, seinem feinsinnigen Humor. Wie konnte der Sohn, sah man von den erstaunlich übereinstimmenden Gesichtszügen und der unverwechselbaren Zahnlücke einmal ab, so völlig anders geraten als der Vater?
»Isacco, wer ist denn da?«, kam es aus dem Raum hinter dem Laden. Die Stimme klang jammervoll und zugleich herrisch.
»Niemand von Bedeutung, Mutter!«, rief Isacco über die Schulter. Aufsässig schaute er Antonio an, der seinen Blick mit resigniertem Lächeln erwiderte. Damit war seine Frage, warum Isacco nichts von Mosè hatte, wohl beantwortet. Jeder Mensch hatte einen Vater und eine Mutter, und kaum einer konnte sich aussuchen, wem er nachschlug.
Nein, der Trödler war keine Konkurrenz, und dennoch ...
»Ich möchte, dass Ihr Euch Laura aus dem Kopf schlagt«, sagte er förmlich.
Isacco machte ein Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen. »Was geht Euch das an?«
»Nun, sie wird noch nicht mit Euch darüber gesprochen haben, denn wir haben vereinbart, darüber einstweilen nach außen hin Stillschweigen zu bewahren. Aber Tatsache ist, dass sie meine Frau wird. Sobald wir einen passenden Termin gefunden haben, heiraten wir.«
Isacco wankte wie unter einem Schlag. Aus seinen eben noch geröteten Wangen wich die Farbe, und hastig senkte er den Blick, als wolle er nicht zu viel von seinen Gefühlen preisgeben, die ihm indessen ohnehin eindeutig ins Gesicht geschrieben standen.
»Ihr könnt also Eure eigenen Bemühungen getrost einstellen«, sagte Antonio. »Das wollte ich Euch nur wissen lassen, bevor Ihr Euch noch länger in etwas verrennt.«
»Aber was ...« Isacco stockte, und mit einem Mal schien er zu begreifen, dass Antonio ihm auf die
Weitere Kostenlose Bücher