Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman
Schliche gekommen war.
»Ja, Isacco Zinzi, ich weiß, dass Ihr mit Eurem Taufnachweis beim Magistrat wart und um die Genehmigung für eine christliche Heirat nachgesucht habt.«
Isacco hatte die Augen gesenkt, sodass Antonio den Ausdruck darin nicht erkannte, aber er konnte spüren, wie es im Inneren seines Gegenübers brodelte.
»Isacco, wer ist denn da?«, rief Monna Elsa erneut aus dem Hinterzimmer.
Isacco zuckte unter dem Klang der zittrigen Stimme zusammen. »Niemand, Mutter!«, brüllte er zurück. Hektische rote Flecken zeichneten sich auf seinen Wangen ab.
»Aber ich höre dich doch reden, Junge!« Ein Wimmern war zu hören, dann ein rasselndes Husten.
Antonio deutete auf die Verbindungstür. »Geht zu ihr, sie braucht Euch.«
»Ich entscheide selbst, wer mich braucht.«
Antonio meinte, in Isaccos Antwort eine Spur von Hohn wahrzunehmen, doch deutlicher war die Verzweiflung herauszuhören.
»Natürlich müsst Ihr das selbst entscheiden«, gab er zurück. »Aber Ihr solltet dabei bedenken, dass unterdessen die Zeit verrinnt, was manches unumkehrbar macht.« Behutsam setzte er hinzu: »Vielleicht bleibt Euch nicht mehr lange, um zu entscheiden, wer Euch mehr braucht. Oder um zu entscheiden, nicht gegen das vierte Gebot zu verstoßen. Beziehungsweise gegen das fünfte, sofern man nach der Thora geht, nicht wahr?«
»Was wisst Ihr schon!«, stieß Isacco hervor. Er deutete auf die Tür. »Hinaus!«
Antonio wandte sich zum Gehen. »Euer Vater ist sehr krank, und Ihr wisst es. Ich erinnere Euch hiermit nochmals daran. Lasst Euch nicht zu lange Zeit mit Eurer Entscheidung.« Die Hand schon am Türgriff fuhr er unverhohlen drohend fort: »Und schreibt Euch mein erstes Ansinnen besonders hinter die Ohren: Laura gehört mir.«
Dieses Frühjahr schien eine Zeit der Krankheiten zu sein. War es sonst der Winter, der Husten, Triefnase und Fieberanfälle mit sich brachte, hatte es diesmal der April besonders in sich. Mansuetta hatte die Leute sagen hören, es läge am drohenden Krieg, der die Menschen in Angst versetzte und ihre Kräfte lähmte, sodass die Krankheiten leichtes Spiel hatten. Dort, wo sich Unglück anbahnte, gesellte sich rasch weiteres Unglück hinzu, das sei eine alte Lebensregel.
Mansuetta wusste nicht, ob daran etwas Wahres war, aber es ließ sich nicht von der Hand weisen, dass sehr viele Leute, die sie kannte, in der letzten Zeit von allen möglichen Leiden heimgesucht wurden.
Da war zunächst Mosè Zinzi, der seit etlichen Wochen von einem trockenen Husten geplagt wurde. Er war nicht mehr der Jüngste, insofern war es nicht ungewöhnlich, dass die Krankheit schon länger andauerte und womöglich sogar noch in diesem Jahr zum Tode führen würde. Kürzlich war sie mit Laura bei ihm gewesen, um ihm Medizin zu bringen. Das Rasseln, das aus seiner Brust gestiegen war, sowie das fahle, eingefallene Gesicht verhießen nichts Gutes. Man musste mit dem Schlimmsten rechnen.
Als Nächstes war sie selbst erkrankt, eine schmerzhafte Ohrenentzündung, bei der sie geglaubt hatte, der Kopf würde ihr platzen. Nach qualvollen Tagen war endlich der Eiter abgeflossen, und der Druck hatte nachgelassen. Allerdings hörte sie nun auf dem linken Ohr nicht mehr gut. Sie hoffte, es würde sich mit der Zeit bessern, doch sie wusste von anderen, dass es durchaus bei der Beeinträchtigung bleiben konnte. Ihr waren sogar Fälle bekannt, in denen Leute von einer Ohrenentzündung taub geworden waren.
Kurz nach ihr war Isacco krank geworden. Fieber und heftiges Halsweh hatten ihn gezwungen, für drei Tage den Laden zu schließen und das Bett zu hüten. Mansuetta hatte ihm Essen gebracht und sich um Monna Elsa gekümmert, obwohl sie selbst noch nicht wieder auf der Höhe gewesen war. Sein Dank hätte herzlicher ausfallen können, doch Mansuetta hatte nur wenig Zeit gehabt, sich darüber zu ärgern, denn all das war nichts im Vergleich zu ihrer Sorge um Matteo, der als Letzter von ihnen krank geworden war. Er hatte sich den ganzen vergangenen Tag abgeschlagen gefühlt, und nach der Vesper war dann das Fieber gekommen. Es war so stark gestiegen, dass seine Stirn und sein Leib sich beinahe so heiß anfühlten wie der Ziegelstein, den sie für ihn im Ofen angewärmt hatte. Rasende Kopfschmerzen und starke Übelkeit hatten ihn die ganze Nacht nicht schlafen lassen.
Mansuetta, die an seinem Lager gewacht hatte, ohne ein Auge zuzutun, fühlte sich entsprechend gerädert. Sie fürchtete, selbst wieder krank zu werden und
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