Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman
mir einfach glauben, dass es ein Versehen war! Ich war geschwächt durch diese grässliche Pest, sonst wäre mir das niemals passiert! Es sollte doch nur ein Schauspiel für diesen dummen, großspurigen ...« Cattaneo unterbrach sich, als Silvio auf der Bildfläche erschien. »Was ist denn?«
Der kleinwüchsige Diener verneigte sich. »Der Besuch ist da.«
Cattaneo verzog das Gesicht, als hätte er fauligen Wein im Mund. »Nur rasch herein mit ihm. Umso schneller ist er wieder draußen.«
Carlo machte Anstalten, den Raum zu verlassen, doch Giacomo hob die Hand. »Bleib. Marcello ist ein entfernter Cousin, ein Mann von Rang und Namen, ein ganz großes Licht in Politik und Handel. Und er ist außerdem ein gottverdammt arroganter Mistkerl, so reich wie Midas, von Kostbarkeiten umgeben, die ihresgleichen in ganz Italien suchen. Nur ein einziges Haus kann es an Pracht mit dem seinen aufnehmen.«
»Vermutlich deines«, kam es amüsiert von dem Portikus her, der den Saal zur Treppe hin abgrenzte. »Und einen hübschen schwarzen Sklaven besitze ich auch nicht, was du mir sicherlich anlässlich meines Kommens gern vor Augen führen möchtest. Nun, du bist diesbezüglich meiner aufrichtigen Bewunderung sicher. Ganz Venedig redet von deinem klugen und bildschönen moro nero .«
Cattaneos Irritation wegen dieser Bemerkungen schien sich in Grenzen zu halten. Carlo hatte den deutlichen Eindruck, dass es Giacomo darauf angelegt hatte, den Besucher vor seinem Erscheinen alles hören zu lassen, was er über ihn zu sagen hatte.
Während sich der Mann näherte, beobachtete Carlo ihn unauffällig. Er war schlank und grauhaarig und musste um die fünfzig sein. Seine Haltung war straff, und in dem markant geschnittenen Gesicht leuchteten bezwingend helle Augen. Auf seinen glatt rasierten Wangen, der Stirn und den Händen zeichneten sich ausgedehnte, frische Brandnarben ab, die indessen die Autorität und Würde seiner Erscheinung nicht schmälerten.
Marcello Querini musterte ihn eingehend und nicht unfreundlich, und Carlo merkte, wie seine Anspannung wuchs.
»Wie geht es meiner Cousine, deiner Schwester?«, fragte Querini, sich Cattaneo zuwendend.
Cattaneo machte eine fahrige Geste. »Bist du gekommen, um über Arcanzola zu reden? Ich habe sie lange nicht gesehen. Wahrscheinlich bist du besser über ihr Befinden im Bilde als ich selbst, schließlich ist deine Schwester Eugenia ihre einzige und beste Freundin.« Lauernd setzte er hinzu: »Wie gefällt es Eugenia zu Hause? Besser als hinter Klostermauern, nehme ich an.«
»Das bedarf wohl keiner Erörterung«, meinte Querini gleichmütig. »Obwohl das Leben früher dort so manchen Reiz für sie hatte.«
»Das waren die alten Zeiten«, stimmte Cattaneo zu. »Vorbei und vergessen, die wilden Feiern mit den beiden Schönen der Nacht, Eugenia und Arcanzola. Was man nicht alles tut, wenn man jung ist, wie?« Grinsend wandte er sich Carlo zu. »Mein Cousin Marcello und ich – wir hatten unsere Techtelmechtel zuweilen gern innerhalb der Familie.« Cattaneo verschränkte die Arme vor der Brust und blickte den Besucher herausfordernd an. »Warum bist du hier? Seid ihr schon so weit, im Großen Rat für Mäßigung zu plädieren? Dem Papst die Romagna auf dem Silbertablett zu Füßen zu legen und die Serenissima vom Franzosenkönig als Lehen zu erbetteln? Bist du in Friedensmissionen unterwegs, brauchst du meine Stimme?«
»Der Große Rat tritt in fünf Tagen zusammen. Sicher wird es Versuche geben, durch Besonnenheit das Unglück abzuwenden, aber deine Stimme brauche ich dafür nicht, denn es gibt deren genug.«
»Wer sagt, dass der Krieg ein Unglück sein muss?«, fragte Cattaneo lächelnd. »Etwa diejenigen, die Interesse an einem friedlichen, profitablen Auslandsgeschäft haben, wie beispielsweise dem Handel mit Alaun?«
»Es gibt auch andere Geschäfte, etwa jene mit Waffen«, gab Querini gelassen zurück. »Die sind im Krieg profitabler als so manche andere zu Friedenszeiten.«
Cattaneo legte den Kopf schräg. »Ah, gewiss wäre es eine gute Idee, gerade jetzt mit Kanonen zu handeln, oder?«
»Ganz bestimmt.«
»Weshalb du auch garantiert schon längst zur Tat geschritten bist, darauf wette ich. Hast du wieder deinen wagemutigen Haudegen in Marsch gesetzt, der dir alle heißen Kastanien aus dem Feuer holt?«
»Wenn du es bereits weißt, solltest du nicht so dumm danach fragen«, meinte Querini mit Belustigung in der Stimme.
Cattaneo ging zu einem der gepolsterten Stühle,
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