Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman
Mannes, der ihn kaufen wollte.
»Damit ist es entschieden«, sagte Querini. »Du kannst gleich mitkommen.« An Cattaneo gewandt, setzte er hinzu: »Bartolomeo ist mit dem Geld unten. Du musst es nur noch zählen.«
Carlo stieß sich von der Brüstung der Loggia ab und ging mit gemessenen Schritten zu Querini hinüber. Cattaneo starrte ihn fassungslos an, und Carlo wich seinen Blicken nicht aus. Widerstreitende Empfindungen verzerrten Cattaneos Miene. Die Wut darüber, dass Carlo ihn soeben verraten hatte, rang mit der Gier nach dem Geld, und in beides mischte sich eine Spur verletzter Liebe. Doch die Gier war von allen Gefühlen zweifellos das stärkste.
Carlo wusste, dass Giacomo mit dem Rücken zur Wand stand. Die Villa auf der Terraferma und der Palazzo in der Stadt gehörten ihm nur noch auf dem Papier. Beide Häuser waren bis zur letzten Mauerkrone mit Krediten belastet. Die Gläubiger liefen ihm seit Wochen die Tür ein, und vor dem Rat waren die ersten Vollstreckungsgesuche eingereicht worden. Seine Pfänder verfielen der Reihe nach. Bald würde er ein armer Mann sein, einer jener besitzlosen Barnabotti, die ohne die Gnade reicher Verwandter dem Hunger und der Obdachlosigkeit anheimfielen. Es waren keine Einkünfte in Sicht, mit denen er das Unglück noch hätte abwenden können. Bis heute.
»Geh mit ihm, wenn du es unbedingt willst«, sagte Cattaneo. »Du weißt, dass du woanders nur leiden wirst.«
Querini wandte sich wortlos ab und ging zur Treppe. Carlo folgte ihm, ohne zu zögern, bis zum Portikus, wo Querini stehen blieb und sich zu Cattaneo umwandte. Carlo hatte das vorausgesehen, und er ahnte auch den Inhalt dessen, was Querini noch zu sagen hatte, wenn er auch nicht wusste, woher er diese Gewissheit nahm.
»Bevor ich es vergesse«, sagte Querini. »Vor kurzem war ich im Haus einer Kurtisane. Eine ungewöhnlich schöne junge Frau, die ein tragisches Leben hinter sich hat. Sie erzählte mir dieses und jenes. Unter anderem, dass du ihr das Haus gekauft hast, in dem sie ihre ausgesprochen farbenfrohen und abwechslungsreichen Gesellschaften gibt. Scheint so, als würdest du dich als eine Art Gönner von ihr betrachten. Dass du das Haus in Wahrheit nur gemietet hast und seit Monaten nichts mehr dafür zahlst, hat sie sehr verschreckt, musste sie doch den anrückenden Gläubigern bereits Einhalt gebieten, während du sie nur von Woche zu Woche vertröstet hast.«
Cattaneo starrte Querini unverwandt an. Er wirkte aufs Äußerste gereizt, schien aber gleichzeitig auf der Hut, wie ein Raubtier, das unvermittelt merkt, wie gefährlich die vermeintliche Beute in Wirklichkeit ist.
»Sie sagte, du hättest ihr angeboten, wieder bei dir zu wohnen, so wie früher. Obwohl – angeboten ist wohl nicht der treffende Begriff. Sie meinte, es sei eher ein Befehl gewesen. Das Ganze hat sie so stark belastet, dass sie zuerst eine scheußliche Krankheit bekam und dann eine Fehlgeburt erlitt.«
Carlo sog scharf die Luft durch die Zähne. Der Fingerstumpf an seiner linken Hand pochte mit einem Mal heftig, obwohl er damit schon seit Tagen kaum noch Beschwerden gehabt hatte.
»Die Krankheit, so hat sie mir berichtet, ähnelte einer solchen, wie sie schon einmal eine durchgemacht hat, als sie jünger war. Auch damals verlor sie ein Kind.«
»Es gibt Frauen, die jedes Kind verlieren«, sagte Cattaneo. »Besonders Kurtisanen. Was sollen sie auch mit Kindern? Gleichviel, ich werde ihr darüber hinweghelfen, weil ich sie liebe. Ich habe sie auch damals getröstet.«
»Gewiss«, meinte Querini. Es klang ein wenig zerstreut. »Wo war ich? Ach so, ja. Sie hat die Mietschulden selbst ausgeglichen. Sie sagte, sie sei fertig mit dir, und außerdem hat sie Angst vor dir. Sie will dich auf gar keinen Fall je wieder sehen.«
»Das hat sie nicht zu entscheiden.«
Querini wirkte erstaunt. »Sie ist eine freie Frau, Giacomo.«
»Wie schön für sie«, höhnte Cattaneo. Ein Flackern trat in seine Augen, während er seinen Cousin angrinste. »Soll sie doch ihre Freiheit genießen, solange das Schicksal es zulässt.«
»Das Schicksal? Oder du, Giacomo?«
»Besser, du verschwindest jetzt«, sagte Cattaneo. »Schick deinen Diener mit dem Geld rauf, ich werde ihm Zug um Zug die gesiegelte Besitzurkunde übergeben, dann ist die Sache für heute erledigt.«
»Selbstverständlich.« Querini wandte sich erneut zum Gehen, blieb dann jedoch ein weiteres Mal stehen, die Stirn in nachdenkliche Falten gelegt. »Ach ja, nur für den Fall, dass
Weitere Kostenlose Bücher