Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman
durch die Küche hinaus in den Garten. Laura bemühte sich vergeblich, nicht in Barnabas’ Richtung zu schauen. Der Hund hatte die tote Ratte zur Seite geschleudert und schnüffelte nun voller Interesse an den Sträuchern, doch an seiner Schnauze klebte immer noch Blut.
»Die Offizin ist nicht so groß wie die Eure in Padua«, erklärte Laura, nachdem sie die Tür zu dem Anbau geöffnet hatte. Sie sog den Geruch nach Kräutern und Jasmin ein. Der Duft hatte sich über all die Monate gehalten, obwohl sie so lange nicht mehr hier gearbeitet hatte. »Man könnte die Werkstatt aber vergrößern, wenn man ein Stück vom Hof dazunimmt. Ich hatte schon diesbezügliche Pläne und hätte sie vielleicht verwirklicht, wenn die Umstände sich nicht anders entwickelt hätten.«
Silvano nickte, ohne richtig hinzuhören. Mit leuchtenden Augen wieselte er durch den Raum und hielt dabei zielstrebig auf einen Gegenstand zu, den er in der gesamten Ausstattung sofort als allein seligmachend einstufte. Laura hatte genau das erwartet und lächelte ein wenig gezwungen. Sie hätte sich mehr über seine Begeisterung freuen können, wenn ihre allgemeine Stimmung besser gewesen wäre.
»Ein neuer Athanor!«, rief Silvano aus. »Na so was! Na so was!«
»Ich habe ihn bei einem sehr guten Ofenbauer besorgt. Er wurde nach den neuesten alchimistischen Erkenntnissen gefertigt. Für den Ladenverkauf und die Herstellung werde ich Euch eine Hilfskraft zur Seite stellen, und um das Geschäftliche, nämlich den Ankauf von Rohstoffen und den Vertrieb fertiger Waren außerhalb des Ladens, werde ich mich selbst kümmern.«
Silvano wusste sich kaum zu fassen vor Glück. »Es war so weise von Euch, mich als Euren Nachfolger herzubitten! Diese Apotheke wird unter meiner Ägide aufblühen!«
»Zweifellos«, meinte Laura trocken. »Schließlich steht sie seit einem Jahr leer. Allerdings werdet Ihr nicht mein Nachfolger, sondern mein Teilhaber.«
»Natürlich«, versicherte Silvano treuherzig. »So war es ausgemacht.«
Laura räusperte sich. »Bevor Ihr Euch Euren Experimenten zuwendet, werdet Ihr daher eine ausreichende Menge Potenzmittel herstellen müssen.«
Silvano nickte eifrig, ihm war anzusehen, wie erpicht er darauf war, die Erfolgsgeschichte vom vergangenen Jahr zu wiederholen. »Natürlich. Wollen wir es dann wieder gemeinsam in der Stadt verkaufen?«
Laura überlegte, dass Antonio vermutlich einen Wutanfall bekäme, wenn er diese Unterhaltung hätte hören können. Ihm hatte sie nur erzählt, dass sie einen kompetenten Geschäftsführer für die Apotheke suchen wolle. Dass sie selbst durchaus an diesen Geschäften teilhaben wollte, würde er noch früh genug erfahren.
»Beim Verkauf kann ich wohl nicht mitmachen.« Sie zupfte an ihrem weit geschnittenen Gewand. »Man sieht es vielleicht noch nicht, aber ich bin guter Hoffnung und erwarte im Dezember ein Kind.«
Silvano staunte. »Na so was!«
»Nichtsdestotrotz liegen mir die Geschicke der Apotheke sehr am Herzen. Was die Potenzmittel betrifft, so sehe ich gute Absatzmöglichkeiten auch außerhalb der Lagune. Mein Mann tätigt viele Geschäfte in fremden Ländern, und es würde sich anbieten, diese Handelsreisen zu nutzen.«
»Ich verstehe! Wie schlau von Euch! Eine Ladung unserer Tiegel würde kaum Platz beanspruchen, aber viel Geld einbringen! Man würde sie uns mit Gold aufwiegen, so wie früher die Mercatores die Gewürze aus dem Orient!«
»Das nun nicht gerade«, meinte Laura, seinen Optimismus abschwächend. »Aber es kann nie schaden, neue Märkte zu erschließen.«
Sie merkte, dass sie schon genauso redete wie Antonio. Doch dann sagte sie sich trotzig, dass sie von seinem Ehrgeiz noch Welten entfernt war. Sie wollte nur zusehen, wo sie blieb. Er hatte keineswegs vor, seine Reisen einzuschränken, nicht einmal angesichts des immer bedrohlicher werdenden Krieges. Schon einmal hatte sie davon ausgehen müssen, dass er nicht zurückkommen würde. Dergleichen konnte wieder geschehen, ob er es nun wahrhaben wollte oder nicht. Für diesen Fall musste sie vorsorgen. Sie wollte unbedingt aus eigenen Kräften fortbestehen können. Er mochte ihr noch so viel Geld hinterlassen, wenn er auf eines der Schiffe stieg, die ihn regelmäßig von ihr fortbrachten – sicherer fühlte sie sich dadurch nicht. Geld konnte man rauben, oder es konnte im Wert verfallen, so wie es gerade geschah, weil Krieg herrschte. Ein eigenes Geschäft jedoch und die Fähigkeiten, es zu erhalten, boten ihr
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