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Die Landkarte des Himmels

Die Landkarte des Himmels

Titel: Die Landkarte des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Félix J. Palma
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Lippen.
    «Sie sind ein faszinierender Mensch, Mister Wells. Dann haben Sie also den Marsmenschen und seinen Flugapparat gesehen.»
    «Gewiss. Und alles andere auch. All diese Wunderdinge, die Sie vor der Welt geheim halten», antwortete Wells, immer noch ein wenig verstimmt.
    «Gut. Bevor Sie sich aber so in Ihren Ärger hineinsteigern, dass Sie sich auf mich stürzen und gewalttätig werden und unsere kultivierte Unterhaltung ruinieren, lassen Sie mich wiederholen, was ich Ihnen bereits an dem Tag gesagt habe, an dem wir uns kennengelernt haben: Diese ganze
Fantasia
steht unter Quarantäne; um es einmal so auszudrücken. Es hat keinen Sinn, der Bevölkerung diese Dinge zu zeigen, von denen die meisten ohnehin wahrscheinlich Fälschungen sind.»
    «Ach, ja? Der Marsmensch und sein Raumschiff kamen mir aber recht gelungen vor.»
    «Das ist auch etwas anderes», begann Clayton in entschuldigendem Ton. «Die Regierung hielt es für zu riskant, der Welt zu zeigen …»
    «Wenn sie es getan hätte, käme diese Invasion nicht ganz so überraschend für uns», schnitt Wells ihm das Wort ab.
    «Glauben Sie? Da wäre ich nicht so sicher … Ich weiß nicht, wie Sie in die Wunderkammer hineingekommen sind, Mister Wells; aber es muss einige Tage vor meinem Besuch bei Ihnen gewesen sein, denn sonst hätten Sie den Marsmenschen nicht mehr sehen können. Er wurde zwei Tage vorher gestohlen.»
    «Gestohlen?»
    «Ganz recht, Mister Wells. Eigentlich bin ich zu Ihnen gekommen, weil ich den Verdacht hegte, Sie steckten dahinter.»
    «Um Himmels willen, Clayton! Was sollte ich mit einem toten Marsmenschen anfangen?»
    «Das kann man nie wissen, Mister Wells. In meinem Beruf ist jeder a priori verdächtig.» Clayton lächelte. «Ich muss allerdings zugeben, dass ich später mehr zu der Annahme neigte, Mister Murray könnte ihn gestohlen haben, um ihn in Horsell aus seinem fliegenden Zylinder steigen zu lassen.»
    «Seien Sie versichert, dass er das getan hätte, wenn er gewusst hätte, dass sich im Keller des Museums echte Exemplare von beiden befinden», konnte Wells nicht umhin hinzuzufügen.
    «Nun ist aber offensichtlich, dass Sie beide es nicht waren. Ich bin allerdings sicher, dass der Raub des Marsmenschen und die Invasion zusammenhängen. Ich glaube nicht, dass dies ein Zufall ist.»
    «Meinen Glückwunsch zu dieser Schlussfolgerung, Agent Clayton. Hätten Sie sie mir nicht die ganze Zeit vorenthalten, hätten wir gemeinsam über eine Lösung nachdenken können; aber Sie mit Ihrer Manie, keine Informationen herauszurücken …»
    «Nun, ich bin offenbar nicht der Einzige, der schlechte Manieren hat, Mister Wells. Hätten Sie mir nicht verheimlicht, dass Sie die Wunderkammer kennen … Ach, was soll’s! Verlieren wir keine Zeit mit unnützen Diskussionen. Es gibt etwas viel Wichtigeres zu besprechen, und ich muss gestehen, dass die Tatsache, dass Sie in der Wunderkammer waren, es Ihnen wahrscheinlich sehr viel leichter machen wird, zu verstehen, was ich Ihnen zu sagen habe.»
    «Noch ein Geheimnis?», fragte Wells trocken. «Ich denke, für heute reicht es, Clayton.»
    «Dies betrifft Sie persönlich, Mister Wells. Sie täten gut daran, sich zu beruhigen und mir zuzuhören. Wir sind jetzt auf derselben Seite, falls Sie das noch nicht gemerkt haben.»
    Wells zuckte die Achseln, sagte aber nichts.
    «Also …», begann Clayton. «Wahrscheinlich fragen Sie sich doch, warum ich Ihnen dies hier alles zeige und Ihnen sogar von meiner Arbeit erzählt habe, was mir eigentlich strikt untersagt ist. Erraten Sie es?»
    «Wenn wir ausschließen, dass mein unwiderstehlicher Charme Sie dazu gebracht hat», entgegnete Wells, «bleibt mir nur noch die Vermutung, dass für Sie, da wir bald sterben werden, alle Regeln und Verbote außer Kraft gesetzt sind.»
    Clayton lachte.
    «Glauben Sie mir, selbst dann würde ich nicht gegen den Kodex verstoßen. Das dürfen wir nur einem Wesen mit übernatürlichen Kräften gegenüber», sagte er und beobachtete Wells.
    «Was zum Teufel wollen Sie damit sagen, Agent Clayton?»
    «Ich versuche Ihnen klarzumachen, dass ich herausgefunden haben, dass Sie … etwas Besonderes sind.»
    Wells starrte ihn ungläubig an.
    «Wollen Sie damit andeuten, dass ich ein Vampir bin?», fragte er und konnte ein spöttisches Lächeln nicht ganz unterdrücken. «Ich versichere Ihnen, mein Kreuzbein ist so normal, wie man es sich nur vorstellen kann. Sie zwingen mich hoffentlich nicht, mich auszuziehen und es Ihnen zu

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