Die Landkarte des Himmels
mehrere dieser
Sucher
unter ihren Kleidern versteckt, um mich zu finden und mir einen davon zu geben. Ich werde ihn jetzt aktivieren, Charles. Und dann wird meine Armee mich finden, sobald sie in England gelandet ist. Es ist nur noch eine Frage von Wochen, vielleicht Tagen. Aber sie werden kommen, Charles, meine Männer werden kommen. Und das wird das Ende der Marsmenschen sein. Wir werden sie besiegen, mein Freund.»
«Sie besiegen …», wiederholte Charles, und es klang wie ein Stöhnen.
«Ja, Charles, ja, wir werden sie besiegen …» Der Hauptmann strich über das schweißverklebte Haar des Sterbenden, dann nahm er ihm behutsam den Gegenstand aus den Händen, die kraftlos auf den Strohsack sanken. «Sie haben recht gehabt, mein Freund. Von Anfang an. Wir werden sie besiegen,
weil wir sie schon besiegt haben
.»
«Weil wir sie schon besiegt haben», hörte Charles, während er die dunkle Schwelle der Bewusstlosigkeit überschritt. Ja, sie würden die Erde zurückerobern, dachte er fiebernd. Er hatte recht gehabt, von Anfang an, das hatte der Hauptmann gerade selbst gesagt. Natürlich hatte er recht gehabt. Wie hatte er jemals daran zweifeln können? Immerhin hatte er die Zukunft gesehen, hatte das Jahr 2000 gesehen, und da hatte es den tapferen Hauptmann Shackleton gegeben, der den König der Maschinenmenschen besiegte, von Marsmenschen weit und breit nichts zu sehen, und nichts von … Claire.
Charles’ Atem ging jetzt keuchend. Claire, erinnerte er sich. Claire im Innern der Pyramide. Ja, sie war tot oder Schlimmeres. In dem ekelhaften grünen Sud. Und er hatte sie gesehen. Er musste es Shackleton sagen. Deswegen war er gekommen. Damit er Ruhe fand … Aber jetzt konnte er es ihm nicht mehr sagen, dachte er verwirrt. Wenn der Hauptmann erfuhr, dass seine Frau nicht mehr lebte, würde er zusammenbrechen. Dann würde ihm weder seine Armee noch die Rettung der Menschheit mehr etwas bedeuten. Dann wäre ihm alles egal! Charles wusste, dass es so sein würde, weil er es selbst erlebt hatte. Die Liebe zu seiner Frau ging dem Helden über alle Menschen, und ohne seine geliebte Frau würde der Mann nicht mehr leben wollen. Er würde sich das Leben nehmen, und seine Armee würde nicht mehr rechtzeitig kommen, um ihn zu retten … Was würde dann passieren? Würde die Revolution ohne Shackleton weitergehen? Würde diese geheimnisvolle Armee die Erde ohne ihren tapferen Hauptmann retten; ohne den Mann, der in der Zukunft, aus der sie kamen, die Welt schon einmal gerettet hatte? Er wusste es nicht; aber er konnte auch nicht riskieren, dass es so weit kam. Und wenn seine Tat alles veränderte, einen Zeitriss verursachte, wie Murray befürchtet hatte? Konnte so etwas passieren? Charles versuchte, in den dunklen Wassern, die sein Denken überfluteten, nach einer Antwort zu tauchen, doch seine Gedanken verhedderten sich ineinander und bildeten schließlich ein unauflösbares Knäuel. Konnte der Hauptmann, der Salomon besiegen musste, in der Pyramide den Tod finden, ohne dass das gesamte Zeitgefüge barst? Besser schwieg er, als alles aufs Spiel zu setzen. Der Hauptmann musste weiterhin die Hoffnung haben, eines Tages seine Claire zu finden, musste diese Hoffnung haben, um den Kampf führen zu können. Ja, er musste heute die Erde retten, um die Zukunft zu erhalten, in der er erstmals – abermals – Claire begegnete und von der aus er in ihre Zeit reiste, um mit ihr zusammen zu sein, sich ein ums andere Mal in sie zu verlieben, sie ein ums andere Mal zu verlieren und immer weiter zu suchen, ohne jemals die Hoffnung aufzugeben, sie zu finden, weil die Menschheit ihn so brauchte, so einsam, so traurig, immer davon träumend, seiner Claire eines Tages doch noch zu begegnen.
Charles bewegte den Kopf in dem Versuch, dahin zu schauen, wo er den Hauptmann vermutete, und zog ein paar groteske Grimassen, bevor er das Lächeln zustande brachte, das seinen Scherz begleiten sollte:
«Weil wir sie schon besiegt haben …», stieß er hervor und vergaß über diese Worte den nackten Leib von Claire Haggerty, den aus dem Innern der Pyramide zu erretten sich niemand mehr finden würde.
Und noch während er die Worte sprach, begriff Charles, dass seine Rolle in diesem Stück die des Lügenbarons war, des Königs der Schwindler, des Mannes, der dem Helden die Wahrheit zu verheimlichen hatte, damit dieser der Held bleiben konnte. Ja, das Schicksal hatte ihm die Rolle des Mannes zugedacht, der mit seiner Lüge die Unversehrtheit
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