Die Lange Erde: Roman (German Edition)
was?«
Allerdings. Joshua hatte soeben seine vierte verspeist. »Ich schmecke so etwas wie Schinken, und ich habe viele schweineartige Tiere gesehen, sie sehen wie eine Universalie aus. Aber das hier schmeckt, als wäre Worcestersoße drin. Hab ich recht?«
»Mehr oder weniger. Ich bin unterwegs immer gut ausgerüstet.« Sally sah ihn an. Von ihren Lippen tropfte der Saft von Austern Kilpatrick. »Wir treffen eine Abmachung, einverstanden? Ich bin dir gegenüber ehrlich, du bist mir gegenüber ehrlich. Na ja, innerhalb gewisser Grenzen. Ich erzähle dir mal, was ich bereits über dich weiß. Erstens: In dem verdammten Ding dort oben befindet sich vermutlich nur eine Person. Eine größere Besatzung wäre schon längst in meine kleine Welt ausgeschwärmt, gleich nachdem du mich gefunden hast. Zählt man dich dazu, macht das eine Besatzung von zwei Leuten. Ein ziemlich großes Schiff für zwei Leute, oder? Zweitens: Es sieht ganz schön teuer aus, und da den Universitäten solche Gelder nicht zur Verfügung stehen und es den Regierungen an Fantasie mangelt, bleibt noch dieses oder jenes Unternehmen. Ich tippe auf Douglas Black.« Sie lächelte. »Du musst dir nichts vorwerfen. Du hast mir nichts verraten. Black ist klug, und das hier sieht ganz nach ihm aus.«
In Joshuas Ohrhörer herrschte tiefes Schweigen.
Sie konnte Joshuas leichtes Zögern sofort lesen: »Keine Anweisungen von der Zentrale? Ach, ich bitte dich! Früher oder später arbeitet jeder, der über ein gewisses Talent verfügt, für Douglas Black. Mein eigener Vater hat für ihn gearbeitet. Auch wenn letztendlich nicht das Geld der eigentliche Köder ist. Denn wenn du richtig gut bist, schenkt dir Douglas einen ganzen Sack voller Spielsachen, so wie das Luftschiff dort oben. Hab ich recht?«
»Ich bin nicht bei Black angestellt.«
»Aha, nur unter Vertrag. Ist das dein Feigenblatt?«, fragte sie abschätzig. »Du weißt, dass in der Zentrale der Corporation in New Jersey jeder Angestellte so einen kleinen Ohrhörer wie du trägt, damit Douglas jederzeit persönlich mit jedem sprechen kann, falls er das möchte. Sogar sein Schweigen ist bedrohlich, sagen sie. Aber eines Tages hat mein Vater gesagt: ›Ich trage dieses Ding nicht mehr.‹ Und du, Joshua, tust mir jetzt den Gefallen und legst deins auch ab. Ich will mich gerne mit dir unterhalten. Ich habe von dir gehört, wie du am Wechseltag die vielen Kinder gerettet hast. Du bist allem Anschein nach ein anständiger Mensch. Aber nimm bitte diese Hightech-Sklavenkette ab.«
Joshua tat schuldbewusst, wie ihm geheißen.
Sally nickte zufrieden. »Jetzt können wir uns unterhalten.«
»Wir führen nichts Böses im Schilde«, sagte Joshua zaghaft, obwohl er selbst nicht ganz sicher war, ob das auch stimmte. »Wir sind aus Forschungsgründen hier. Wir wollen sehen und lernen, die Lange Erde katalogisieren. Na ja, das ist jedenfalls die Absicht der Expedition.« Zumindest ist sie das gewesen, dachte er, ehe ihre Aufmerksamkeit von der rätselhaften Migration der Humanoiden in Anspruch genommen wurde, dieser großen Unruhe, die wir innerhalb der Langen Erde festgestellt haben.
»Aber nicht deine Absicht. Du bist kein Forscher, Joshua Valienté, was du auch sonst sein magst. Warum bist du hier?«
Er zuckte die Achseln. »Ich bin das Notfallprogramm, wenn du die Wahrheit wissen willst. Der Mann fürs Grobe.«
Darüber musste sie grinsen. »Ha!«
»Du hast gesagt, dein Vater hätte für Black gearbeitet.«
»Ja.«
»Was hat er dort gemacht?«
»Er hat den Wechsler erfunden. Allerdings in seiner Freizeit.«
»Dein Vater war Willis Linsay? « Joshua starrte sie verdutzt an, dachte an den Wechseltag und wie sich sein eigenes Leben durch Linsays Erfindung verändert hatte.
»Genau.« Sie lächelte. »Willst du die ganze Geschichte hören? Ich stamme aus einer Familie von Wechslern. Natürlichen Wechslern … Jetzt mach deinen Mund mal wieder zu, Joshua. Mein Großvater konnte wechseln, meine Mutter konnte wechseln, und ich kann auch wechseln. Mein Vater hingegen konnte nicht wechseln, und deshalb musste er so etwas wie die Wechsel-Box erfinden. Genau das hat er getan. Ich bin zum ersten Mal im Alter von vier Jahren gewechselt. Und ich habe schnell herausgefunden, dass Papa auch wechseln konnte, wenn er meine Hand hielt. Sie haben ein Foto von uns gemacht. Wegen Mama hatte ich nie ein Problem mit dieser Zaubertürgeschichte. Mama hat immer viel gelesen, sie hat mir Tolkien und Larry Niven und Edith
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