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Die Lange Erde: Roman (German Edition)

Die Lange Erde: Roman (German Edition)

Titel: Die Lange Erde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett , Stephen Baxter
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sich hier richtig wohl fühle. Er war allerdings auch fest davon überzeugt, dass er gestorben und Happy Landings, wenn schon nicht der Himmel, so doch eine Zwischenstation auf dem Weg dorthin sei. Tot zu sein machte ihm weiter nichts aus. Er hatte seinen Platz in dieser kleinen Gemeinschaft gefunden, denn er war ein guter Landwirt, ging sanftmütig mit Tieren um und hatte die Trolle ganz besonders lieb gewonnen.
    Aus diesem Grund glaubte Henry, als Joshua ihn auf Lobsangs Bitte zusammen mit ein paar Trollen an Bord des Luftschiffes brachte, dass er endlich doch in den Himmel aufgefahren sei und nun mit Gott sprechen dürfe. Es gibt ein paar Dinge, die man nicht ablegt, wenn man von Nonnen aufgezogen wurde, selbst wenn es Nonnen wie Schwester Agnes waren. Joshua versuchte, Henry von der Überzeugung abzubringen, dass die eindrucksvoll in safrangelb gekleidete Persönlichkeit, der er nach seinem Aufstieg in den Himmel begegnete, tatsächlich Gott sei. Aber angesichts von Lobsangs Ego und seinem allwissenden Gehabe ließ Henry sich das nicht ausreden.
    Lobsang hingegen brannte darauf, mehr über die Sprache der Trolle zu erfahren. Deshalb standen jetzt bereits mehrere weibliche Trolle auf dem Aussichtsdeck der Mark Twain um Lobsang herum, während vier oder fünf junge Exemplare sich damit vergnügten, mit Shi-mi zu spielen. Henry war heraufgebracht worden, um dabei zu helfen, die Trolle zu beruhigen. Sally hatte diesen Vorschlag gemacht, aber einen Troll aus Happy Landings schien so schnell nichts aus der Ruhe zu bringen. Vergnügt waren sie in den Fahrstuhl getrottet, und sobald sie an Bord waren, schienen sie, mit ihren großen, plattfüßigen Schritten herumtapsend, alles begierig zur Kenntnis zu nehmen, inklusive eines künstlichen Menschen und einer Roboterkatze.
    »Trolle sind natürlich Säugetiere«, sagte Lobsang. »Und Säugetiere sind immer vernarrt in ihren Nachwuchs. Meistens jedenfalls. Mütter erziehen ihre Kinder. So lerne auch ich wie ein Kind, gewissermaßen in kleinen Babyschritten. Wenn ich die Rolle des Kindes spiele, kann ich mir wahrscheinlich nach und nach ein gewisses Vokabular aneignen: gut, schlecht, oben, unten. Auf diese Weise geht es voran.«
    Joshua sah, dass ihm die Sache großes Vergnügen bereitete. »Du bist der reinste Trollflüsterer, Lobsang.«
    Aber Lobsang hörte ihn schon gar nicht mehr, sondern gesellte sich wieder zu der fröhlichen Trollgruppe. »Pass auf, ich halte ihnen einen glänzenden Ball hin. Gut! Hörst du die Laute, mit denen sie Wohlgefallen und Interesse ausdrücken, Joshua? Achte auf das hübsche glänzende Ding! Und jetzt nehme ich ihn weg. Ah, diese Laute der Traurigkeit und Entbehrung, sehr schön. Aber achte darauf, dass das erwachsene Weibchen sehr wachsam ist und Laute der Verunsicherung von sich gibt, in denen eine leise Ahnung davon mitschwingt, dass sie mir, falls ich ihrem geliebten Wollknäuel wirklich etwas Schlimmes antun sollte, höchstwahrscheinlich den Arm ausreißen und mich mit dem blutigen Ende zu Tode prügeln würde. Vortrefflich! Und jetzt, Joshua, gebe ich dem Kleinen den Ball wieder zurück. Schon ist Mutter weniger besorgt, und alles ist wieder Friede, Freude, Eierkuchen.«
    Stimmt genau, dachte Joshua. Die Mark Twain ankerte über Happy Landings und schwebte sachte in der sonnenhellen Brise hin und her. Das Gebälk knarrte gerade so viel oder wenig, dass man von dem Geräusch wie in einer Hängematte eingelullt wurde. Ein freundlicher Ort voller glücklicher, überglücklicher Trolle.
    Der Zauber wurde gebrochen, als Lobsang fragte: »Henry, könnten Sie uns vielleicht einen toten Troll besorgen?«
    Henry verzog missbilligend das Gesicht. Als er antwortete, hatten seine Worte einen merkwürdig federnden Rhythmus. »Entschuldigen Sie, aber wenn einer von ihnen stirbt, scharren sie ein sehr tiefes Loch in den Boden und begraben den Leichnam, den sie zuvor mit Blumen bestreut haben, was für eine gelungene Wiederauferstehung sorgen soll, glaube ich.«
    »Aha, dann kommt eine forensische Sezierung wohl nicht infrage. Das habe ich schon befürchtet … entschuldigen Sie«, fügte Lobsang mit, wie Joshua auffiel, einem für ihn ungewohnten Taktgefühl hinzu. »Ich wollte nicht respektlos sein. Der wissenschaftliche Gewinn wäre selbstverständlich immens. Ich bin hier mit einer bislang unbekannten Spezies konfrontiert, die trotz eines Mangels an dem, was wir so gerne als Zivilisation bezeichnen, und eines Mangels an unserer Form von

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