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Die Lange Erde: Roman (German Edition)

Die Lange Erde: Roman (German Edition)

Titel: Die Lange Erde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett , Stephen Baxter
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schweifen, um zu sehen, wer da so johlte.
    »Es ist ganz natürlich. So wie Gehen oder Hüpfen. Aber das, was sie Wechseln nennen?« Er schüttelte den Kopf. »Das ist alles andere als natürlich. Man braucht ein Hilfsmittel dafür. Zum Gehen braucht man kein Hilfsmittel. Wechseln. So würde ich es nicht nennen. So hätte es auch mein Großvater nicht genannt. Wir sind einfache Leute, wir sind nicht so gebildet und wissen es nicht besser, wir haben andere Worte für solche Praktiken. Worte wie unnatürlich. Worte wie pervers. Worte wie gottlos. «
    Jede dieser in den Saal geschleuderten Bezeichnungen rief lauteres Johlen und Klatschen hervor. Jansson wusste, bald war es so weit, dass sie mitjohlen musste, um nicht aufzufallen.
    Der Raum war überfüllt und vom Bühnenrand her nur schwach beleuchtet. Es war heiß und stickig. Cowley achtete immer darauf, dass er irgendwo in Kellerräumen auftrat, in Souterrains, unter dem Straßenniveau gelegenen Bars, im Untergrund, wie in diesem im Tiefparterre befindlichen Konferenzraum eines Hotels. Orte, an denen die Wechsler nicht an ihn herankamen, jedenfalls nicht ohne vorher irgendwo ein Loch in den Boden zu graben. Jansson war undercover hier, zusammen mit ein paar Kollegen vom MPD und vom Heimatenschutz (der Plural war zehn Jahre nach dem Wechseltag hinzugefügt worden). Außerdem waren einige Agenten vom FBI und einigen anderen Behörden anwesend, alarmiert von den lauteren Stimmen aus irgendwelchen Randgruppen von Cowleys Menschheitsliga-Bewegung.
    Jansson hatte schon das eine oder andere bekannte Gesicht in der Menge erblickt. Sogar auf der Bühne befand sich eines davon, in der Reihe von Cowleys finanzstarken Sponsoren: Jim Russo, dessen pompös benannte »Lange-Erde-Handelsgesellschaft« immer noch existierte, immer noch Handel trieb, der jedoch mehrere Vermögen verloren hatte, weil die Welt sich schneller weiterentwickelt hatte als seine beschränkte Vorstellungskraft. Seit sie Russo vor einigen Jahren wegen Beschwerden über die Ausbeutung seiner Arbeiter befragt hatte, bemühte sich Jansson, ein Auge auf ihn zu haben – und darauf, wie er auf den nächsten unvermeidbaren Abwärtstrend seiner Geschäfte reagieren würde. Allem Anschein nach nicht sehr gut. Jetzt saß er da, war fünfzig Jahre alt, hatte einen weiteren Fehlschlag erlitten und witterte überall Verrat und Intrigen. Und er gab diesem Mann, Brian Cowley, der selbst ernannten Stimme der Antiwechsler, einen Teil des ihm verbliebenen Vermögens. Russo war nicht der Einzige, der durch die Öffnung der Langen Erde finanzielle Blessuren erlitten hatte; Cowley fehlte es nicht an Geldgebern.
    Jetzt kam Cowley zu den wirtschaftlichen Argumenten, die ihm viel Aufmerksamkeit in der Presse eingebracht hatten.
    »Ich zahle meine Steuern. Ihr zahlt eure Steuern. Das gehört zu unserem Vertrag mit der Regierung – und es ist immer noch unsere Regierung, ganz egal was sie euch erzählen wollen, sobald sie sich irgendwo in den noblen Vororten schick eingerichtet haben. Die andere Seite des Vertrags besagt allerdings, dass sie eure Steuergelder dafür verwenden sollen, dass es euch gut geht. Euch und euren Familien, euren Kinder und euren Eltern, sie sollen dafür sorgen, dass ihr in euren Häusern sicher seid. So lautet die Abmachung, wie ich sie immer verstanden habe. Aber ich wohne ja auch nicht in einem schicken Vorort. Ich bin nur ein Otto Normalverbraucher, so wie du oder du«, sagte er und zeigte in die Menge. »Und wisst ihr, was dieser Otto Normalverbraucher herausgefunden hat? Wisst ihr, was sie mit euren Steuergeldern machen? Ich verrate es euch. Sie bezahlen die Kolonisten. Sie zahlen für die Leute, die unbedingt Pionier spielen wollen, irgendwo da draußen auf einer unnatürlichen Erde, wo es nicht einmal normale Pferde und Bussarde und Zuchtvieh gibt, so wie Gott sie hier erschaffen hat. Sie haben ihnen einen Postdienst eingerichtet. Sie schicken ihnen Volkszähler hinterher. Sie schicken ihnen teure Medizin hinterher. Sie schicken Polizisten los, wenn diesen gestörten Idioten danach ist, ihre eigenen Mütter umzubringen oder mit ihren eigenen Töchtern Kinder zu zeugen …«
    Jansson wusste, dass zumindest diese Behauptungen ausgemachte Lügen waren. In der Weite der Wechselwelten, wo es weder den Druck der Überbevölkerung noch einen Mangel an Grundbedürfnissen gab, kamen derlei Verbrechen so gut wie nie vor.
    »Sie haben ein ganzes System aufgebaut, das von euren Steuern finanziert wird, nur um

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