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Die Lange Erde: Roman (German Edition)

Die Lange Erde: Roman (German Edition)

Titel: Die Lange Erde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett , Stephen Baxter
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Arbeitsplätze exportiert hat …«
    »… wir haben an Amerika geglaubt. Jetzt sieht es so aus, als steckten wir im Sumpf der Mittelmäßigkeit fest, während die Chinesen uns mit Volldampf überholt haben …«
    Tildas Stimme: »Das Konzept des Manifest Destiny, der offenkundigen Bestimmung unserer Nation, ist historisch gesehen natürlich verdächtig. Aber die Wichtigkeit der Grenzlanderfahrungen für die Konstituierung des amerikanischen Bewusstseins lässt sich nicht leugnen. Und jetzt hat sich die Grenze abermals geöffnet, für unsere Generation und vielleicht für unzählige Generationen nach uns …«
    Die Unterhaltung ging in ein allgemeines Murmeln und Flüstern über, und Jack sog das köstliche Aroma ein. Zeit für Kaffee und Kekse.
    Er widmete sich wieder dem Tagebuch. Endlich kam er zu einem Eintrag, in dem sein Sohn erwähnt wurde. Er las weiter, wobei er die Rechtschreibfehler und Ausstreichungen einfach überging.
    23. März. Wir sind in unser neues Haus in Madison West 5 umgezogen. Im Sommer ist es hier bestimmt lustig. Papa und Mama gehen abwechselnd zurück, weil sie in der Datum immer noch Geld verdienen müssen. Außerdem mussten wir Rod wieder bei Tante Meryl lassen weil er ein Fobiker ist [sie meinte Phobiker, ein Nicht-Wechsler – Jack stolperte über diese Schreibweise] und nicht wechseln kann. Diesmal war ich traurig nachdem wir weggewechselt waren aber Rod hat nicht geweint höchstens als wir schon weg waren. Ich schreibe ihm im Sommer und besuche ihn. ES IST TRAURIG weil es hier im Sommer sehr schön ist und Rod nicht mitkommen kann …
    »Aber, aber!« Die Stimme seiner Frau. »Schon mal was von Privatsphäre gehört?«
    Er drehte sich schuldbewusst um. »Ich weiß, ich weiß. Aber wir machen gerade schwerwiegende Veränderungen durch. Ich will wissen, was in ihren Köpfen vorgeht. Ich glaube, das ist wichtiger als die Sache mit der Privatsphäre, jedenfalls momentan.«
    Sie zuckte die Achseln. »Das meinst du.« Sie hatte ihm einen Kaffee gebracht, einen randvollen Becher. Sie drehte sich um und blieb vor dem großen Panoramafenster stehen, dem schönsten im ganzen Haus, dem Fenster mit der am wenigsten verzerrenden Scheibe, die sie unter dem hier vor Ort hergestellten Fensterglas hatten finden können. Sie schauten hinaus auf Madison West 5, über das die ersten Nachmittagsschatten krochen. Tilda trug ihr schon etwas grau werdendes rotblondes Haar kurz geschnitten, der anmutige Bogen ihres Nackens zeichnete sich vor dem Fenster ab. »Immer noch ein sehr schöner Tag«, sagte sie.
    »Und ein sehr schöner Ort …«
    »Ja. Fast perfekt.«
    Fast perfekt. Hinter diesen Worten lauerte eine ausgewachsene Bärenfalle.
    Madison West 5 erstreckte sich grundsätzlich über die gleiche Landschaft, die von ihrer älteren Schwester zu Hause auf der Datum beansprucht wurde. Nur dass es sich hier um einen Ort der Anmut und des Lichts und der offenen Räume handelte, der nur von einem Bruchteil der Bevölkerung Madisons bewohnt wurde. Dabei sollte nicht verschwiegen werden, dass viele Gebäude ziemlich wuchtig ausgefallen waren. Die architektonischen Stile, die sich auf den Nahen Erden im Osten und Westen herausgebildet hatten, zeichneten sich in erster Linie durch Massivität aus. Rohmaterialien waren in den unberührten Welten spottbillig, und das bedeutete, dass Gebäude und Einrichtung oft Variationen zum Thema Holzbohle und Steinplatte waren. Daher das Rathaus mit seinen kathedralendicken Wänden und den mit Laser aus ganzen Bäumen herausgeschnittenen Dachbalken. Aber es gab auch überall viel Elektronik und andere pfiffige Sachen, alles, was leicht war und ohne Schwierigkeiten aus der Datum importiert werden konnte. So kam es, dass man auch kleine Pionierblockhäuser mit Solarfarbe auf den Dächern sehen konnte.
    Trotzdem konnte man nie vergessen, dass man sich nicht auf der Erde befand, nicht auf der Datum. Rings um die Stadt erstreckte sich ein ausgedehntes System von Zäunen und Gräben, das die exotischeren Wildtiere abhalten sollte. Schon einmal hatte die Migration einer Herde Kolumbianischer Mammuts für eine überstürzte Evakuierung der Vorstädte gesorgt.
    In den ersten Jahren nach dem Wechseltag hatten viele Paare wie Jack und Tilda Green, die gute Berufe und Kinder hatten und über gewisse finanzielle Rücklagen verfügten, in den Wechselwelten die Möglichkeit gesehen, sich ein bisschen zusätzliches Eigentum zu kaufen, einen Platz, wo die Kinder spielen konnten. Sie erkannten

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