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Die Lange Erde: Roman (German Edition)

Die Lange Erde: Roman (German Edition)

Titel: Die Lange Erde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett , Stephen Baxter
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gefunden! Ich erzähle dir mehr darüber, sobald ich gewonnen habe. Auf zum Tanz, Joshua?«
    Joshua wunderte sich nicht darüber, dass er immer noch ziemlich gut boxen konnte. Schließlich musste man in der Langen Erde seine Kondition und alle Reflexe stets beisammenhaben, wenn man nicht bald sterben wollte. Deshalb schien er Lobsang jetzt mit mehr Schlägen einzudecken als umgekehrt. Als er den nächsten Schlag abblockte, sagte er: »Bist du sicher, dass du alles gibst, Lobsang?«
    Sie trennten sich, und Lobsang grinste. »Ich könnte dich mit einem einzigen Schlag töten; diese Arme können zur Not als Presslufthammer eingesetzt werden.« Er wich umsichtig einem angetäuschten Angriff Joshuas aus. »Deshalb habe ich zugelassen, dass du mich zuerst triffst, damit ich meine Antwort entsprechend kalibrieren kann. Ich kämpfe mit deiner eigenen Stärke gegen dich, aber bedauerlicherweise nicht mit deiner Geschwindigkeit, die vermutlich der meinen von Haus aus überlegen ist, und zwar aufgrund des Phänomens des Muskelgedächtnisses – verkörperlichtes Denken, die Muskeln als Teil der eigenen, umfassenden Intelligenz, wirklich überaus erstaunlich! Ich muss das beim nächsten Upgrade in meiner eigenen Anatomie berücksichtigen und eine eher dezentrale Prozessabwicklung entwerfen. Außerdem bist du sehr gut, was das Antäuschen angeht, Joshua, und das trotz deiner begrenzten Körpersprache. Hut ab, ehrlich.«
    Das stimmte auch, denn in dem Augenblick landete Joshua einen Hieb mitten auf Lobsangs gewaltigen Brustkorb. »Ich bin nicht ganz sicher, ob der Spruch aus Tibet stammt«, sagte Joshua, »aber es gibt eine alte Weisheit, die besagt: ›Wenn du kämpfst, dann kämpfe – und rede nicht!‹«
    »Da hast du natürlich recht. Man sollte stets absolut konzentriert kämpfen.«
    Plötzlich knallte seine Rechte direkt zwischen Joshuas Augen. Sie traf ihn nicht voll, denn Lobsang hatte den Schlag mit so erstaunlicher Präzision ausgeführt, dass Joshua nur eine leichte Berührung auf den winzige Härchen auf seiner Nase verspürte.
    »Es gibt eine dazu passende tibetische Spruchweisheit, die besagt: ›Stelle dich nicht zu dicht neben einen Tibeter, der gerade Holz hackt.‹ Du bist in jeder Hinsicht viel zu langsam, Joshua. Trotzdem kannst du mich vielleicht noch eine Weile mit deinen Finten in Schach halten, bis ich dein Niveau erreicht habe. Ich empfinde diese Übung als sehr therapeutisch, belebend und lehrreich. Sollen wir weitermachen?«
    Schwer keuchend nahm Joshua die Fäuste wieder hoch. »Du hast echt deinen Spaß dabei, was? Obwohl ich bei deiner persönlichen Geschichte eher irgendeinen Kung-Fu-Kram erwartet hätte.«
    »Du hast die falschen Filme gesehen, mein Freund. Ich war Motorradmechaniker, schon vergessen? Mechanik und Elektrik, das war meine Welt, da ging es nicht um die Choreografie meiner Fäuste und Füße. Einmal habe ich einen Kondensator an die Tür meiner Werkstatt angeschlossen, damit mein Nachbar von nebenan, der regelmäßig vorbeikam, um meine Sachen zu klauen, einen ziemlich deftigen elektrischen Schlag versetzt bekam. Ein kleines bisschen Instantkarma sozusagen, und das war das einzige Mal, dass ich jemanden umgenietet habe. Dazu braucht es kein Kickboxen.«
    Sie trennten sich wieder.
    »Und jetzt, mein Freund«, sagte Lobsang, »hast du mir dabei geholfen, den echten Mark Twain nachzuahmen, der, wenn wir seiner Autobiografie Leben auf dem Mississippi glauben dürfen, sich einmal unter Volldampf mit einem anderen Lotsen auf einem Heckraddampfer geprügelt hat, weil der Mann einen Lotsenschüler misshandelt hatte. Dabei musste er immer wieder kurz nach dem Schiff sehen, damit es auf Kurs blieb und so weiter – ungefähr so, wie ich unser Schiff durch die Welten geleite, sogar während wir hier boxen. Da Mark Twain seine Anekdoten immer gerne kräftig ausgeschmückt hat, bin ich mir hinsichtlich des Wahrheitsgehaltes nicht hundertprozentig sicher, aber ich bewundere den Mann, deshalb habe ich auch das Schiff nach ihm benannt … Ursprünglich hatte er sein Buch Westwärtsgehen nennen wollen, aber der Titel war bereits von William Wordsworth belegt. Tja, ein erstklassiger Dichter, unser altes Schaf aus dem Lake District, aber irgendwie klingt eine ›Forschungsreise auf der Wordsworth ‹ nicht so gut, findest du nicht auch?«
    »Wordsworth hatte so seine Momente, jedenfalls sagte das Schwester Georgina immer«, erwiderte Joshua. » › Es ist ein schöner Abend, still und frei … ‹

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