Die Lanze Gottes (German Edition)
verbeugte sich und Adalbert entging das Lächeln Rheinfeldens nicht, der sich offensichtlich geehrt fühlte.
Niemand im Saal bemerkte die Freude Bischof Adalberts, der sich wie immer bemühte, möglichst wenig Gefühlsregungen zu zeigen. Heinrich machte sich gut. Adalberts Widersacher hatten in den letzten Jahren alles versucht, ihn von König Heinrich fernzuhalten, doch nur mit mäßigem Erfolg, sein Einfluss auf den König war nach wie vor groß.
Heinrich erhob sich von seinem Thron. »Hermann von Gleiberg mag vortreten!«
Hermann bahnte sich einen Weg durch die Menge, sank vor dem König auf ein Knie und beugte sein Haupt.
Heinrich lächelte ihm zu. »Ich nehme Euer Schwert mit Freuden an, Graf von Gleiberg!«
Die Gesellschaft begab sich in den Dom, wo die heilige Messe gefeiert wurde. Zurück im Königssaal begann die Zeremonie der Schwertleite und es wurde still. Rudolf von Rheinfelden trat vor, in der Hand ein kostbar verziertes Schwert. Der König kniete währenddessen mit gesenktem Haupt. Rheinfelden trat hinter ihn und schlug ihn einmal mit der Handkante in den Nacken. Heinrich zuckte zusammen. Dann stand er auf und Rheinfelden überreichte ihm die Waffe. Der junge Herrscher nahm sie entgegen und die Menge applaudierte. Schließlich wurde es wieder still. Hermann von Gleiberg stand neben Bischof Adalbert. »Er hat sich gut entwickelt«, flüsterte er ihm zu. »Er wird einmal ein großer König werden.«
Der Bischof lächelte.
Alle warteten darauf, dass Rheinfelden dem König das Schwert umgürtete, doch ehe der Herzog von Schwaben den Versuch dazu unternehmen konnte, geschah etwas, dass selbst Bischof Adalbert überraschte, obschon er dachte, in seinem Alter könne ihn nur noch wenig aus der Ruhe bringen.
Heinrich zog die Waffe aus der Scheide und hielt sie in der Hand. Ein Raunen ging durch die Menge. Der König drehte sich in einer schnellen Bewegung und holte aus. Er führte den Schlag gegen den links von ihm stehenden Bischof Anno, hielt jedoch kurz vor dessen Hals inne. Ein Aufschrei ging durch die Menge. Anno erbleichte. Regungslos stand der König vor dem Bischof, das Schwert immer noch an Annos Hals. Er blickte starr, fast abwesend in die Augen seines Gegenübers.
Adalbert erschien es, als sei Heinrich nicht mehr in seinem Körper, als wäre es nur eine Hülle. Bischof Anno zitterte und ihm brach der Schweiß aus. Keiner der anwesenden Fürsten regte sich. Des Königs Mutter Agnes trat zu Heinrich und legte ihm sanft die Hand auf den Arm. Er blickte ihr in die Augen. Sie schüttelte sanft den Kopf.
Bischof Anno schloss die Augen. Inzwischen war es totenstill. Adalbert sah sich in der Halle um. Alle starrten entsetzt auf die Szene. Plötzlich begann der König zu grinsen und wandte sich
Rheinfelden zu. »Ich habe in den letzten Jahren eine sehr gute Ausbildung bei meinem Vormund genossen. Das ist eine schöne Waffe, die Ihr mir da überreicht habt, und ich wollte wissen, ob sie hält, was sie verspricht, Herzog von Schwaben!« Dann steckte der König das Schwert in die Scheide und kniete sich vor Bischof Anno. Er nahm seine Hand und küsste den Ring. »Verzeiht mir, Eure Eminenz, aber Ihr wart in jedem Augenblick sicher, denn Gott wacht über Euch und Eure Taten. Ist es nicht so?«
»So ist es, mein König«, sagte Bischof Anno, der seine Fassung zurückerlangte.
Adalbert konnte sich denken, was Heinrich mit dieser Vorführung bezwecken wollte. Er hasste Bischof Anno, dem er die Schuld daran gab, dass man ihm seine Mutter so lange vorenthalten hatte, und er wollte klarstellen, dass nun er selbst die Macht über das Reich besaß.
Der Bremer Bischof erinnerte sich an den Ausspruch Rheinfeldens bei der Krönung des damals gerade dreijährigen Königs: Ich will dir allzeit treu und gewärtig sein, aber nur, wenn du dich als gerechter Herrscher erweisen wirst. Würde Heinrich der gerechte König sein, den das Reich so dringend brauchte? Adalbert glaubte fest daran. Auf jeden Fall würde er sich nicht als langweilig erweisen, denn ein solches Schauspiel hatte noch keiner seiner Vorgänger geboten.
Die Gesellschaft begab sich wieder in den großen Festsaal, wo gefeiert wurde. Zu vorgerückter Stunde stand der König auf und hob den Arm, um eine Mitteilung zu machen. Die Musik verstummte und alle im Saal wandten sich ihm zu. »Hört mich an! Ich bin der rechtmäßig gesalbte und von Gott gewollte König, Heinrich IV. Vom heutigen Tage an werde ich das Reich führen. Ich danke Bischof Anno von
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