Die Lanze Gottes (German Edition)
geglückt. Es schien, als gewännen Notgars kampferprobte Männer die Überhand.
Als Janus zur Treppe blickte, die zum Verlies führte, sah er ihn. Wilfried von Breyde stürmte ins Freie, das Schwert in der Hand. Für den Bruchteil einer Sekunde starrte Janus ihm in die Habichtsaugen und rief hasserfüllt: »Wilfried von Breyde!«
Wilfried stürzte sogleich auf ihn zu und versetzte ihm einen Schwerthieb, den Janus jedoch parieren konnte. Er versuchte sich zu konzentrieren und daran zu denken, was Notgar ihm immer wieder erklärt hatte. Mache das Schwert zu deinem verlängerten Arm! Du darfst beim Kampf auf keinen Fall denken, höre einfach auf dein Gefühl! Immer wieder hatte der Söldnerführer auf seine Narbe am Hinterkopf gezeigt. Ein einziges Mal habe ich versucht im Kampf zu denken, mein Freund, und das war der Preis. Ich war knapp davor, meinem Schöpfer gegenüberzutreten! Immer wieder hatte er Janus angeschrien - Sieh mir in die Augen, höre auf zu denken! - bevor er ihn mit Schwerthieben an irgendeinen Baum trieb. Doch die Zeit des Trainings war zu kurz. Die Bewegungsabläufe waren Janus nicht in Fleisch und Blut übergegangen. Er versuchte, sich an Notgars Anweisungen zu erinnern. Es gelang ihm jedoch nicht, mit dem Denken aufzuhören. Er dachte an das dänische Dorf, an seinen Vater. Und das wurde ihm zum Verhängnis.
Wie von Sinnen schlug er auf Wilfried ein, doch der parierte jeden seiner Schläge mit Leichtigkeit. Hart prallte Wilfrieds Klinge auf Janus´ Schild und er wich zurück. Bei jedem Schlag glaubte Janus, sein Schildarm würde zerspringen. Nicht die Kraft, sondern Erfahrung und Geschick führen ein Schwert! , hatte Notgar ihm eingebläut. Plötzlich spürte Janus die Burgmauer im Rücken. Lasse dich niemals bedrängen, achte darauf, dass du immer genug Bewegungsfreiheit hast! Dein Gegner drängt dich an Hindernisse, er selbst ist frei und kann dich kontrollieren! , hörte Janus in seinem Kopf Notgar rufen, doch wo war sein Lehrmeister? Aus den Augenwinkeln konnte er sehen, wie der Söldner vor dem Burgtor gegen zwei Angreifer bestand. Konzentriere dich auf deinen Gegner, vergiss den Kampf um dich herum! , klang dessen Stimme in seinem Kopf, doch von oben prasselten Wilfrieds Schläge auf ihn ein. »Jetzt werdet Ihr Eurem Vater endlich in die Hölle folgen, Janus von Esken!«
Janus stolperte und ging zu Boden. Er keuchte, fühlte sich am Ende seiner Kraft und war kaum noch in der Lage, sein Schwert zu heben. Den Schild hatte er verloren. Er versuchte, an ihn heranzukriechen. Doch seine Kräfte versagten. Wilfried setzte mit seinem Schwert zum Stich an. Mit letzter Kraft versuchte Janus sich wegzurollen, doch Wilfrieds Schwert traf seine Schulter. Ein gleißender Schmerz durchbohrte seinen Arm. Janus starrte auf das Blut, das aus der Wunde auf den Boden lief. Ihm wurde schwindlig. Wilfried lachte. »Ihr seid ein jämmerlicher Gegner, von Esken!«
Dann spürte er einen Tritt gegen sein Gesicht und Schwärze umhüllte ihn.
XXVII
»Das ist ungeheuerlich!«, schrie der König. Rudolf von Rheinfelden kniete vor ihm, erhob sich, nachdem er seinen Bericht beendet hatte, und sagte: »Aber es ist die Wahrheit, mein König! Graf von Breyde ist einer meiner treuesten Ritter und ein Mann, dem ich über alle Maßen vertraue.«
Heinrich schritt durch den Saal. »Wie konnte das geschehen?«
»Ein junger Adeliger namens Janus von Esken hat den Grafen von Gleiberg befreit und damit Verrat geübt, am Reich und an Euch, mein König, indem er sich unter Eurem Banner Einlass in die Burg verschaffte. Es sieht ganz so aus, als sei der ehrwürdige Bischof Adalbert in den Verrat verstrickt und habe die Befreiung der Burg Gleiberg befohlen …«
König Heinrich hatte seine Arme auf dem Rücken gekreuzt und blickte Rudolf entsetzt an. »Seid Ihr von Sinnen, Herzog von Schwaben? Wisst Ihr, was Ihr da behauptet?« Der Schrecken im Gesicht des Herrschers amüsierte Rudolf, der sich gegenüber dem König jedoch nichts anmerken ließ.
»Ich bin mir meiner Worte und deren Folgen bewusst, mein König. Stellt den Bischof zur Rede. Die Lage in Sachsen wird immer schwieriger. Wir können uns Verräter nicht leisten!«
Der König hob verzweifelt die Arme. »Ihr bezichtigt Bischof Adalbert tatsächlich des Verrats?« Das Gesicht des Königs bekam einen Ausdruck, als hätte er den Leibhaftigen persönlich gesehen, doch Rudolf ließ sich nicht beirren. Er erkannte seine Gelegenheit, den Bischof, einen seiner Erzfeinde,
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