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Die Larve

Die Larve

Titel: Die Larve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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war komplett gerissen, und in einer Augenhöhle steckte kein Auge mehr, sondern etwas, das wie Reisbrei aussah. Als es mir endlich gelang, den Blick von dem Brei zu nehmen, sah ich, dass auch das Trikot ein kleines Loch hatte, direkt über dem »m« von Emirates. Ein Einschussloch.
    »What happened?« , stammelte ich.
    »He talked to the cop in sixpence.«
    Ich wusste, wen er meinte. Seit Tagen lief ein Zivilbulle durch Kvadraturen. Es war weithin bekannt, wer zu der üblichen Zivilstreife der Bullen gehört, aber der hier war irgendwie undercover. Jedenfalls schien er das von sich selbst zu glauben.
    Andrej wartete, ließ mich noch einmal einen Blick auf Bisken werfen und fragte: »Got the message?«
    Ich nickte und starrte noch immer auf das zermatschte Auge. Was, zum Henker, hatten sie nur mit ihm gemacht?
    »Peter«, sagte Andrej. Gemeinsam hoben sie den Toten aus dem Kofferraum, zogen ihm das Arsenal-Trikot aus und warfen ihn ins Meer. Das schwarze Wasser nahm ihn entgegen, schluckte ihn lautlos und hielt den Mund. Weg.
    Andrej warf mir das Trikot zu. »This is yours now.«
    Ich steckte den Finger durch das Einschussloch. Drehte das Trikot um und warf einen Blick auf den Rücken.
    52 Bendtner.
    Kapitel 11
    E s war 6.30 Uhr, laut der Rückseite der Aftenposten ging in einer Viertelstunde die Sonne auf. Tord Schultz faltete die Zeitung zusammen und legte sie neben sich auf den Stuhl. Dann blickte er durch den menschenleeren Eingangsbereich zur Tür.
    »In der Regel kommt er sehr früh«, sagte der Securitas-Wachmann an der Rezeption.
    Tord Schultz war noch vor Anbruch des Tages mit dem Zug nach Oslo gefahren, und während er vom Bahnhof in Richtung Osten zum Grønlandsleiret gelaufen war, war die Stadt um ihn herum aufgewacht. Die Müllfahrer waren schon aktiv und fertigten die Tonnen mit einer Härte ab, die Tord eher als Attitüde denn als Effektivität einschätzte. F-16-Piloten. Ein pakistanischer Gemüsehändler baute seine Waren in Kisten vor dem Laden auf, blieb stehen, wischte sich die Hände an der Schürze ab und wünschte ihm lächelnd einen »Guten Morgen«. Hercules-Pilot. Nach der Grønland-Kirche war er nach links abgebogen und hatte sich unvermittelt vor einer gewaltigen Glasfassade aus den siebziger Jahren befunden. Dem Polizeipräsidium.
    Um 6.37 Uhr ging die Tür auf, und Tord erhob sich, als der Wachmann sich räusperte und ihm zunickte. Der Mann, der mit schnellen entschlossenen Schritten auf ihn zukam, war nicht ganz so großgewachsen wie Tord, der sich darüber wunderte, dass der Chef des größten Drogendezernats des Landes die Haare so lang trug. Dann fielen ihm die weißen und hellroten Streifen in dem fast mädchenhaft schönen, sonnengebräunten Gesicht des Mannes auf. Auch eine seiner Stewardessen hatte solche Pigmentfehler gehabt. Wie ein weißes Feld hatten sie sich von ihrem braunen Hals quer über die Brüste bis zu ihrem rasierten Geschlecht erstreckt, so dass der Rest ihrer Haut beinahe wie ein engsitzender Latexanzug gewirkt hatte.
    »Mikael Bellman?«
    »Ja, womit kann ich Ihnen dienen?«, fragte der Mann lächelnd, aber ohne langsamer zu werden.
    »Ein Gespräch unter vier Augen?«
    »Es tut mir leid, aber ich muss für den Morgen noch eine Sitzung vorbereiten. Vielleicht könnten Sie telefonisch …«
    »Ich muss mit Ihnen sprechen. Jetzt!«, sagte Tord und war selbst überrascht über den eindringlichen Ton in seiner Stimme.
    »Ach ja?« Der Leiter der Abteilung Orgkrim hatte bereits seine ID -Karte in das Lesegerät der Sicherheitsschleuse gesteckt, blieb dann aber doch stehen und sah ihn an.
    Tord Schultz trat näher. Er senkte seine Stimme, obwohl sich außer ihnen nur noch der Wachmann im Raum befand. »Mein Name ist Tord Schultz, ich bin Flugkapitän bei der größten skandinavischen Fluggesellschaft, und ich habe Informationen über den Schmuggel von Drogen nach Norwegen, via Oslo-Gardermoen.«
    »Verstehe. Sprechen wir von großen Mengen?«
    »Acht Kilo pro Woche.«
    Tord spürte den prüfenden Blick des Kommissars beinahe physisch auf sich ruhen. Er wusste, dass das Hirn seines Gegenübers jetzt alles sammelte und gegeneinander abwog: Körpersprache, Kleidung, Haltung, Gesichtsausdruck, den Ehering, den er aus unerfindlichen Gründen noch immer am Finger trug, den fehlenden Ring im Ohr, die geputzten Schuhe, sein Vokabular und die Entschlossenheit in seinem Blick.
    »Vielleicht sollten wir Sie doch anmelden«, sagte Bellman und nickte dem Mann an der Rezeption

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